Frage an Joachim Herrmann bezüglich Recht

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Joachim Herrmann
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Frage an Joachim Herrmann von Guido L. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Minister Herrmann,

die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Vereinigung_der_Verfolgten_des_Naziregimes_%E2%80%93_Bund_der_Antifaschistinnen_und_Antifaschisten ) wird von der bayr. Staatsregierung nach wie vor als linksextremistische Organisation eingestuft: https://www.bayern-gegen-linksextremismus.bayern.de/wissen/parteien-und-szenen/parteien-und-organisationen/vereinigung-der-verfolgten-des-naziregimes-bund-der-antifaschistinnen-und-antifaschisten-vvn-bda-1

Die Überwachung basiert auf angeblichen Erkenntnissen des Ihnen unterstellten bayr. Verfassungsschutzes. Allerdings bedient(e?) sich dieser (in der Vergangenheit?) auch Personen mit eindeutig rechtsextremistischem Hintergrund (z.B. Kai Markus Dalek und Didier Magnien; siehe http://www.aida-archiv.de/index.php?option=com_content&view=article&id=4899:kai-dalek-und-didier-magnien-geschichten-aus-dem-bayerischen-geheimdienstsumpf&catid=44:weitere-rechte-aktivitn&Itemid=152 ).

Meine Fragen:
- Worauf konkret stützt sich Ihre Erkenntnis, dass die VVN-BdA in Bayern nach wie vor überwachungsbedürftig ist?
- Was sagen Sie zur diesbezüglichen Einschätzung der Verfassungsrichterin Angelika Lex über den bayr. Verfassungsschutz: http://www.heise.de/tp/artikel/35/35942/1.html ?
- Werden die Ihnen bekannten Organisatoren der m.E. ausländerfeindlichen "Pegida"- Demonstrationen, die regelmäßig (auch) in verschiedenen bayrischen Städten stattfinden, ebenfalls vom bayr. Verfassungsschutz überwacht?

Übrigens: Mir ist bekannt, dass das Verwaltungsgericht in München die Klage der VVN-BdA gegen die Bezeichnung "linksextremistisch beeinflusst" am 2. Oktober 2014 abgewiesen hat (Berufung ist zu erwarten: http://bayern.vvn-bda.de/2014/10/07/klage-der-vvn-bda-gegen-freistaat-abgewiesen-landesverband-geht-in-berufung/ ).

In Erwartung Ihrer baldigen dezidierten Beantwortung meiner Fragen verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen aus Eching (Lkr. Freising)
Guido Langenstück

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Sehr geehrter Herr Langenstück,

Ihre über www.abgeordnetenwatch.de gestellte Anfrage vom 28.01.2015 habe ich erhalten. Dazu kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:

1. Die VVN-BdA wird durch den bayerischen Verfassungsschutz als linksextremistisch beeinflusst eingestuft, da sie nach wie vor mit offen linksextremistischen Kräften zusammenarbeitet. Entgegen ihrer öffentlichen Darstellung geht es ihr dabei nicht nur um die Bekämpfung des Rechtsextremismus, sondern um die Ablehnung aller nicht-marxistischen Systeme einschließlich der parlamentarischen Demokratie. Nach wie vor bestehen auch Kontakte zu autonomen Gruppierungen, z.B. im Rahmen von Jugendcamps. Die von der VVN-BdA gegen ihre Nennung in den Verfassungsschutzberichten 2010 -2013 erhobene Klage wurde vom Verwaltungsgericht in München im Oktober abgewiesen, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

2. Der Verfassungsschutz ist ein unverzichtbares Instrument zum Schutz unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung gegen extremistische Bestrebungen. Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes sind gesetzlich klar und eindeutig durch das Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) sowie das Bayerische Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) festgelegt. Der Verfassungsschutz unterliegt einer vielfältigen Kontrolle. Neben der Dienst- und Fachaufsicht durch das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr ist hier zuvörderst die über die allgemeine parlamentarische Kontrolle durch den Landtag (bspw. durch Anfragen von Abgeordneten, Petitionen) hinausgehende objektive Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium sowie durch die G10-Kommission des Bayerischen Landtags zu nennen. Derzeit entsendet jede Fraktion mindestens ein Mitglied in das Parlamentarische Kontrollgremium. Darüber hinaus haben sowohl der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz, sowie der Bayerische Oberste Rechnungshof Kontrollbefugnisse. Gegen belastende Maßnahmen können zudem die Verwaltungsgerichte angerufen werden.

Bereits vor dem Erscheinen des Interviews – welches mittlerweile über drei Jahre alt ist – wurde innerhalb des Verfassungsschutzes sowohl auf Bundes- als auch Landesebene eine Vielzahl von Reformen in Gang gesetzt. In Zusammenhang mit der Aufarbeitung der NSU-Mordserie wurden von der Innenministerkonferenz weitere Reformschritte – von der Verbesserung des Informationsflusses über die Schaffung eines Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrums bis hin zu gesetzlichen Regelungen eingeleitet bzw. bereits umgesetzt. Sowohl im StMI, als auch im BayLfV wurde die Bearbeitung des Phänomenbereichs Rechtsextremismus durch organisatorische, personelle und fachliche Maßnahmen verstärkt.

3. Die in Bayern feststellbaren –GIDA-Initiativen gegen eine angebliche Islamisierung sind äußerst heterogen. Das BayLfV behält die Entwicklung im Hinblick auf etwaige personelle Überschneidungen zur rechtsextremistischen bzw. verfassungsschutzrelevanten islamfeindlichen Szene im Blick. Aktivitäten von bekannten Extremisten (bspw. Rechtsextremisten oder Extremisten aus dem Phänomenbereich der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit) innerhalb der Initiativen gegen die Islamisierung unterliegen selbstverständlich dem Beobachtungsauftrag des BayLfV.

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL

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