Wie kann es sein, dass Facebook so viel von unseren privaten Daten weiß?

Portrait von Joachim Herrmann
Joachim Herrmann
CSU
100 %
20 / 20 Fragen beantwortet
Frage von Ella J. •

Wie kann es sein, dass Facebook so viel von unseren privaten Daten weiß?

Sehr geehrte Herr Herrmann,

wir sind Ella und Leandra aus der 7c vom Gutenberg Gymnasium Bergheim. Wir haben uns am 24.3.22 im Politikunterricht mit dem Thema Datenschutz befasst und haben eine Frage an Sie.
Wie kann es sein, dass Facebook so viel von unseren privaten Daten weiß?
Zum Beispiel unseren vollständigen Namen, Telefonnummer, Geburtsdaten und Ortsangaben.

Wir freuen uns über Ihre Rückmeldung.
Mit freundlichen Grüßen
Ella J. und Leandra K.

Portrait von Joachim Herrmann
Antwort von
CSU

Liebe Ella und liebe Leandra,

ich freue mich sehr, dass ihr beide euch als Siebtklässlerinnen schon so intensiv mit diesem wichtigen Thema auseinandersetzt!

Viele Menschen in Deutschland wie auch im Rest der Welt, auch viele Erwachsene, haben bei diesem Thema leider kaum ein Problembewusstsein. Das ist eigentlich auch schon die Antwort auf eure Frage: Facebook und andere große Social-Media-Anbieter verdienen viel Geld damit, systematisch Daten der Weltbevölkerung zu sammeln und diese Daten anschließend an interessierte Stellen, insbesondere für Marketing- also Werbezwecke, zu verkaufen. Dabei werten sie vor allem Daten aus, die ihnen von verschiedenen Personen zur Verfügung gestellt werden. Leider ist vielen Personen dabei aber überhaupt nicht bewusst, dass sie ihre Daten, oft auch Daten von Dritten, Facebook und Co. zur Verfügung stellen.

Auf die Daten bei öffentlichen Stellen, also Behörden, haben diese Social-Media-Anbieter keinen Zugriff. Solche Daten dürfen nicht verkauft werden. Auch bei der Beantwortung von Anfragen, also wenn beispielsweise interessierte Bürger vom Staat wissen wollen, was die Verwaltung so macht, achten wir sehr darauf, dass dabei keine sensiblen Daten offengelegt werden.

Sowohl die Gerichte, beispielsweise der Europäische Gerichtshof, als auch speziell für den Datenschutz eingerichtete unabhängige Aufsichtsbehörden, die sogenannten Datenschutzaufsichtsbehörden, verwenden inzwischen viel Energie darauf, diesen Social-Media-Anbietern ihre Grenzen aufzuzeigen. So hat beispielsweise die Datenschutzaufsichtsbehörde in Irland erst kürzlich auf Druck und in Abstimmung mit anderen betroffenen Ländern, unter anderem Deutschland, gegen Meta (das Unternehmen hinter Facebook) eine Strafe über 17 Mio € nach der Datenschutz-Grundverordnung verhängt: https://www.dataprotection.ie/en/news-media/press-releases/data-protection-commission-announces-decision-meta-facebook-inquiry. Vielleicht habt ihr in diesem Zusammenhang auch den Namen Maximilian Schrems schon einmal gehört: Herr Schrems hat schon mehrfach gegen Facebook, bzw. jetzt Meta, geklagt – und Recht bekommen.

Dass bei der Frage, wie und unter welchen Voraussetzungen Social-Media-Anbieter personenbezogene Daten verarbeiten dürfen, noch immer viele Unsicherheiten bestehen, liegt auch daran, dass sich die Länder in Europa bisher noch nicht auf klarere Regeln für den elektronischen Datenverkehr einigen konnten. Das liegt daran, dass einerseits der Wunsch besteht, Soziale Medien weiterhin kostenlos nutzen zu können, dies andererseits aber nur möglich ist, wenn diese kostenlosen Angebote auch irgendwie, beispielsweise durch den Verkauf von Daten, finanziert werden. Eine Datenverarbeitung wird man deshalb in Sozialen Netzwerken nicht generell verbieten können, sonst gibt es über kurz oder lang keine solchen Netzwerke mehr. Wo aber genau die Grenzen des Zulässigen verlaufen sollen, darüber kann trefflich gestritten werden.

Es gibt dazu verschiedene Ideen auf europäischer Ebene, die aktuell diskutiert und verhandelt werden:

Ich hoffe sehr, dass, vielleicht sogar noch in diesem Jahr, eine Einigung auf europäischer Ebene über die sogenannte E-Privacy-Verordnung zustande kommen könnte und dass darin dann Rechte und Pflichten der Social-Media-Anbieter klar und zeitgemäß geregelt werden. Auch in anderen Gesetzgebungsvorhaben wie der aktuell im Entstehen begriffenen Produktsicherheitsverordnung sowie der Produkthaftungsrichtlinie (das sind Regelungen, die auf europäischer Ebene erlassen werden sollen) haben wir aus Bayern zusätzliche Regelungen gefordert, welche dem Datenmissbrauch durch große Unternehmen Einhalt gebieten.

Außerdem gibt es aktuell ein Gesetzgebungsverfahren zum Einsatz von künstlicher Intelligenz. Hier will die Europäische Union – erstmals weltweit – dem Thema Künstliche Intelligenz einen rechtlichen Rahmen geben. Auch das dürfte für Social-Media-Anbieter relevant sein, da besonders hochwertige Erkenntnisse aus den erhobenen Daten nur mit Hilfe von künstlicher Intelligenz erzeugt werden können. Wie diese Regelungen genau aussehen werden steht derzeit noch nicht fest.

Zuletzt haben wir auch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Telekommunikations-Telemedien-Datenschutzgesetz (das ist ein deutsches Gesetz des Bundes) hier aus Bayern darauf gedrängt, dass klare Regelungen aufgenommen werden sollen, die den Datenschutzaufsichtsbehörden die Aufsicht über Telemedien und damit auch über Social-Media-Anbieter wie Facebook, erleichtern.

Ihr seht also: Das ist ein wichtiges Thema, das auch die Politik sehr beschäftigt. Wichtig wäre mir abschließend, dass ihr euch auch mit euren Freundinnen und Freunden zum Thema austauscht und euch gut überlegt, welche Informationen ihr postet und was ihr mit wem teilt.

Schöne Grüße

Joachim Herrmann, MdL

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Joachim Herrmann
Joachim Herrmann
CSU