Frage an Johann-Henrich Krummacher bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Johann-Henrich Krummacher
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Frage von Andreas S. •

Frage an Johann-Henrich Krummacher von Andreas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Krummacher,

in unserem letzten Gespräch auf dem Stuttgarter Markt hatten Sie sich ja für Online-Durchsuchungen ausgesprochen [...]. Da ich den Eindruck hatte, dass Sie sich der Reichweite dieser Maßnahme und dem damit verbundenen Abbau von Bürgerrechten nicht recht im Klaren sind, anbei einige Fragen zur aktuellen Diskussion, dieses Mittel (jetzt auch schon auf das Thema Kinderpornografie (Totschlagargument)) und somit faktisch auf alle Bürger ausweiten zu wollen

Bitte beantworten Sie doch in einer ruhigeren Minute für sich selbst und uns folgende Fragen:
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Wenn man die Pädophilen nicht kennt, wie will man sie identifizieren, ohne grundsätzliche ALLE Computer ALLER Haushalte zu filzen? ("Schleppnetztaktik")

Wie wollen Sie die Opfer, also die Kinder, schützen, wenn Sie eine unspezifische Jagd auf die Konsumenten beginnen?

Wie, glauben Sie, soll eine "Online Durchsuchung" eine Abgrenzung zwischen Inhalten des Kernbereiches der privaten Lebensführung und ermittlungsrelevanten Fakten gewährleisten? Durch "Suchbegriffe"?

Wie wollen Sie Vertrauen schaffen, wenn Sie die Bürger staatlicher Willkür ausliefern? Denn welcher Bürger kann dem Staat noch trauen, wenn er damit rechnen muss, Opfer eines staatlichen Computereinbruchs zu werden?

Wie, glauben Sie, soll gewährleistet werden, das durch den staatlichen Computereinbruch kein Datenverlust, keine Inkompatibilitäten, keine Beeinträchtigung des Eigentums der durchsuchten Person eintritt?

Wie gehen Sie damit um, dass der Beschuldigte - im Gegensatz zur "normalen" Durchsuchung - elementarer Grundrechte beraubt wird? Er hat nicht mehr die Gelegenheit, einen Anwalt oder Zeugen hinzuzuziehen und er kann Beschädigungen durch die Beamten nicht nachweisen.

Wie gehen Sie mit dem Risiko um, dass Beamten Beweismittel in Einzelfällen unterschieben könnten?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Stiller,

vielen Dank für Ihre Mail zum Thema "Online-Durchsuchungen".

Zunächst einmal haben Sie Recht: bei jeder Art von polizeilicher Durchsuchung - ob online oder nicht - handelt es sich um einen sehr sensiblen und unter rechtsstaatlichen und freiheitlichen Gesichtspunkten regelungsbedürftigen Bereich, bei dem nicht "über das Ziel hinaus" agiert werden darf. Genau diese Regelungsbedürftigkeit wollen wir angehen, nicht zuletzt auch um Ihre Sorgen aufzunehmen.

Es steht völlig außer Frage, dass der Zugriff auf einzelne Telekommunikationsverkehrsdaten zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und der organisierten Kriminalität entscheidend sein kann. Darum hat die Bundesregierung bspw. im Februar letzten Jahres der EU-Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung mit Unterstützung des Deutschen Bundestages zugestimmt. Allerdings konnten wir so - d.h. durch die Zusammenarbeit und das Einwirken auf unsere europäischen Partner - etwa darauf hinwirken, dass die Regelungen mit Augenmaß getroffen wurden. Das bedeutet konkret: keine Speicherung von Gesprächsinhalten, Beschränkung der Speicherfrist von 6 Monaten, Datenabfrage nur bei konkretem Verdacht erheblicher und mittels Telekommunikation begangener Straftaten. Entsprechend verhält es sich auch bei den Überlegungen zu Online-Durchsuchungen. Seien Sie versichert: wir werden uns in den kommenden Beratungen sehr dafür einsetzen, dass das berechtigte Interesse an einer effektiven Strafverfolgung im Einklang und nicht zu Lasten des bestimmt nicht weniger wichtigen Schutzes der Grund- und Freiheitsrechte erfolgt.

Erlauben Sie darüber hinaus noch eine Klarstellung: Es geht bei Online-Durchsuchungen um gezielte Maßnahmen gegen hochprofessionelle und schwerkriminelle Straftäter bzw. um die Prävention solcher Straftaten. 99,9% aller Menschen in Deutschland werden davon nie betroffen sein. Auch denkt niemand an eine "Schleppnetzfahndung". Wie bei jeder anderen Fahndung auch können im Internet - etwa beim Besuch einschlägig bekannter Foren, etc. - bestimmte Verdachtsmomente kumuliert vorkommen. Sammeln sich genügend Verdachtsmomente, rechtfertigt dies - ebenfalls wie bei allen anderen Fahndungen - eine Durchsuchung. Wichtig ist auch, dass auch Online-Durchsuchungen dabei ausschließlich auf richterlicher Anordnung erfolgen. Die rechtsstaatliche Kontrolle ist damit ebenso gewährleistet wie der prinzipielle Schutz der Privatsphäre.

Abschließend danke ich Ihnen nochmals für Ihre Mail und hoffe, dass die verbleibenden Befürchtungen im Zuge der weiteren Beratungen aus dem Weg geräumt werden können.

Mit freundlichen Grüßen
Jo Krummacher