Frage an Josip Juratovic bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Josip Juratovic MdB
Josip Juratovic
SPD
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Frage von Stefen D. •

Frage an Josip Juratovic von Stefen D. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Hallo Herr Juratovic,

ich machte eben den Kanditatencheck bei Spiegel.de. Auf die Frage "Gentechnik lehne ich Grundsätzlich ab" haben Sie mit "ja" geantwortet mit der Begründung, dass Sie dies Ablehnen bis langfristige Forschungsergebnise vorliegen. Mein Gedächtnis hat mich nicht getäuscht und ich habe nochmal bei abgeordnetenwatch.de nach Ihrer Stimme beim Antrag "Anbauverbot von Genmais" nachgeschaut, sie haben gegen den Antrag gestimmt und daher nach meinem verständnis nichts gegen den Anbau von Genmais unternommen. Dies widerspricht sich für mich mit der getätigten Aussage bei dem Kanditatencheck. Um mir meine Meinung besser zu bilden bzw. etwas zu den Hintergründe zu erfahren würden mich die ausschlaggebenden Argumente für die beiden für mich widersprüchlichen Handlungen interresieren.

Vielen Dank.

Josip Juratovic MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Deul,

ich freue mich, dass Sie den Kandidatencheck ausprobiert haben. Ich habe mir viel Zeit genommen, um ausführliche Kommentierungen zu meinen Antworten zu geben.

Ich lehne Gentechnik grundsätzlich ab. Mit meiner Bundestagskollegin Elvira Drobinski-Weiß, die federführend für Gentechnik in unserer Fraktion verantwortlich ist, setze ich mich dafür ein, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel nicht auf den Markt kommen. Die langfristigen Auswirkungen auf Mensch und Natur sind noch lange nicht erforscht.

Sie haben richtig recherchiert, dass ich beim Antrag "Anbau von gentechnisch verändertem Mais" nicht zugestimmt habe. Dieser Antrag wurde von der Fraktion Bündnis90/Die Grünen in den Bundestag eingebracht. Auch wenn der Antrag inhaltlich meine Zustimmung erfährt, habe ich mich bei meiner Ablehnung im Bundestag an den Koalitionsvertrag gehalten. Darin haben SPD, CDU und CSU im Jahr 2005 festgelegt: "Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. [...] Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen." Verbunden habe ich meine Zustimmung mit einer Persönlichen Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Leider zeigt Abgeordnetenwatch nur das Abstimmungsverhalten der einzelnen Abgeordneten auf, nicht aber die Persönlichen Erklärungen. Abgeordnetenwatch täuscht in diesem Fall eine Transparenz vor, die bei genauem Hinsehen nicht vorhanden ist. Deswegen habe ich Ihnen meine Persönliche Erklärung am Ende meiner Antwort beigefügt.

Trotz Widerstands der Unionsparteien war die Gentechnik ein wichtiges Thema dieser Legislaturperiode und wird es auch in den kommenden Jahren bleiben. Im Gentechnikrecht ist der Schutz von Mensch und Umwelt weiterhin unser oberstes Ziel. Bei der Novelle des Gentechnikgesetzes haben wir daher durchgesetzt, dass Haftungsregelungen unverändert bestehen und öffentlich einsehbare Standortregister erhalten bleiben. Durch die neue "Ohne Gentechnik"-Kennzeichnung können Verbraucherinnen und Verbraucher endlich mitentscheiden, ob sich gentechnisch veränderte Lebensmittel auf dem Markt durchsetzen oder nicht.

Mehr Informationen finden Sie unter http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0,,9455,00.pdf
und http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0,,9533,00.pdf .

Mit freundlichen Grüßen

Josip Juratovic

Erklärung nach § 31 GO

Im April 2009 hat die zuständige Bundesministerin Ilse Aigner den Anbau des einzigen zu kommerziellen Zwecken zugelassenen GVO-Konstruktes, des Bt-Mais MON 810 verboten. Wir unterstützen dieses Verbot. Im März 2009 hatte Bundesminister Gabriel gegen die Untersagung des in Österreich und Ungarn bereits seit längerem bestehenden Verbots des Anbaus von MON 810 gestimmt. Wir unterstützen dieses Vorgehen.

Auch Frankreich, Polen, Griechenland und Luxemburg, wo der Anbau von MON 810 ebenfalls untersagt ist, dürfen von der EU nicht gezwungen werden, den Anbau wieder zuzulassen. Einen Eilantrag der Firma Monsanto gegen das Verbot, Genmais der Linie MON 810 anzubauen, hat das Verwaltungsgericht Braunschweig am 5. Mai 2009 abgelehnt. In der Begründung heißt es, dass neuere Untersuchungen darauf hindeuten könnten, dass der im Genmais produzierte Giftstoff nicht nur gegen den Schädling wirke, der damit bekämpft werden solle, sondern auch gegen weitere Insekten. Außerdem sei nach aktuellen Studien davon auszugehen, dass sich die Genmaispollen deutlich weiter verbreiten können, als dies bisher angenommen wurde.

Das Verbot des kommerziellen Anbaus von MON 810 ist die Konsequenz aus dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Schutz von Mensch und Umwelt als oberstem Ziel gemäß dem Vorsorgegrundsatz. Weitere Konsequenzen müssen auf EU-Ebene die Ablehnung der Neuzulassung von MON 810 und der Zulassungen der gentechnisch veränderten Maissorten Bt 11 und Bt 1507 sein, denn ähnlich wie bei MON 810 können auch bei diesen Konstrukten negative Effekte auf Insekten und andere Organismen nicht ausgeschlossen werden.

Nach meiner Überzeugung muss dem Vorsorgegrundsatz im EU-Zulassungsverfahren stärker Rechnung getragen werden. Unsere Fraktion hatte deshalb mehrere Entwürfe für Anträge erarbeitet, mit denen die Bundesregierung beauftragt werden sollte, sich auf EU-Ebene für eine Überarbeitung der Gentechnikregelungen einzusetzen. Darin haben wir unter anderem ein transparentes und demokratisches Zulassungsverfahren gefordert, das sicherstellt, dass neben der unbedingten Einhaltung des Vorsorgeprinzips weitere Aspekte des gesellschaftlichen Interessenausgleichs, zum Beispiel Folgekosten, einbezogen werden.

Auch die Absicherung der gentechnikfreien Regionen ist uns ein wichtiges Anliegen. Wir wollten zum einen die Bundesregierung beauftragen, sich auf EU-Ebene für eine verbindliche Regelung für gentechnikfreie Regionen einzusetzen; zum anderen haben wir einen Weg aufgezeigt, wie auch auf nationaler Ebene mit einer fruchtartspezifischen Lösung bereits jetzt mehr Verbindlichkeit für gentechnikfreie Regionen geschaffen werden könnte.

Unsere Entwürfe konnten nicht eingebracht werden, weil der Koalitionspartner die Unterstützung verweigert hat. Auch die CSU-Kollegen waren nicht bereit, unsere Initiativen zu unterstützen - obwohl die CSU in Bayern diese Forderungen öffentlich vertritt.

Wir stimmen der vorliegenden Beschlussempfehlung zu, die die Ablehnung des Antrags der Grünen vorsieht, denn in wesentlichen Punkten ist der Antrag erledigt. Es ist uns aber ein Anliegen hier zu erklären, dass es uns nicht ausreicht, wenn in diesem Jahr kein kommerzieller Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland mehr stattfindet. Wir sehen uns dem Vorsorgeprinzip verpflichtet und werden uns für seine konsequente Durchsetzung auch auf EU-Ebene einsetzen. Und dies nicht nur in diesem (Wahl-)Jahr und mit Worten sondern auch weiterhin und mit Taten.

Was möchten Sie wissen von:
Josip Juratovic MdB
Josip Juratovic
SPD