Frage an Jürgen Berghahn bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

Jürgen Berghahn, vor rotem Hintergrund
Jürgen Berghahn
SPD
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Frage von Tom M. •

Frage an Jürgen Berghahn von Tom M. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

Sehr geehrter Herr Berghahn,
wie wollen Sie sich dafür einsetzen, das die Migration nach Deutschland zielgerichtet gesteuert wird und ausgebildete Facharbeiter den Weg hierher finden und gleichzeitig eine Wohlstandsmigration eingedämmt wird?

Jürgen Berghahn, vor rotem Hintergrund
Antwort von
SPD

Guten Tag Herr Müller,

eine wirklich schwierige aber auch wichtige Frage, die Sie mir hier stellen. Ich will aber dennoch den Versuch machen, Sie zu beantworten.

1955 schloss Deutschland das erste Anwerbeabkommen mit Italien. Es folgten Griechenland und Spanien (1960), die Türkei (1961), Marokko (1963), Südkorea (1963), Portugal (1964), Tunesien (1965) und das damalige Jugoslawien (1968).

Die deutsche Wirtschaft war auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen, weil das anhaltende Wachstum mit einheimischen Arbeitskräften allein nicht mehr gestillt werden konnte.

Von den circa 14 Millionen Menschen, die zwischen 1955 und 1970 als Gastarbeiter nach Deutschland kamen, kehrte der weitaus größte Teil aufgrund des Rotationsprinzips zurück in ihre Herkunftsländer. Nach dem Anwerbestopp im Jahre 1973 arbeiteten noch circa 2,6 Millionen Arbeitsmigranten im Land, denen im Zuge der Familienzusammenführung das Nachholen ihrer Ehepartner und Kinder erlaubte wurde.

Insbesondere der ersten Generation der ehemaligen Arbeitsmigrantinnen und -migranten gebührt ein außerordentlicher Dank von Seiten der Politik und der Wirtschaft. Sie haben unter erschwerten Bedingungen gearbeitet und gelebt, ohne je von Integrationsmaßnahmen wie wir sie heute beispielsweise durch Integrations- oder Sprachkurse kennen, profitieren zu können. Die damalige Politik hatte schlicht keine Integrationsmaßnahmen für diese Gruppe vorgesehen.

Aber jetzt zur aktuellen Situation. Auch heute fehlen wieder Arbeitskräfte in wichtigen Bereichen. Einer davon ist zum Beispiel die Pflege. Aber auch die Dienstleistungsbereiche wie Hotellerie und Gastronomie suchen händeringend nach Beschäftigten. Da brauchen wir Konzepte.

Es geht um gute Lösungen für alle. Das heißt zum Beispiel auch, unseren Fachkräftebedarf nicht auf Kosten von Ländern zu sichern, die selbst auf diese Arbeitskräfte angewiesen wären. Und bei uns müssen wir diejenigen im Blick behalten, die es auf dem Arbeitsmarkt schwer haben, sei es aus gesundheitlichen Gründen, wegen fehlender Anerkennung von Qualifikationen oder weil sie zu lange schon den Anschluss verloren haben.

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Dieses Bekenntnis muss klar sein, sonst verschließt man die Augen vor der Wirklichkeit. Wir sprechen uns unter anderem für eine Altfallregelung für gut Integrierte aus, für ein europäisches Einwanderungsgesetz, für eine stärkere Rolle von Städten und Gemeinden und mehr Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern. Und es gibt jede Menge praktische Probleme, wo wir einfach besser werden müssen, etwa bei schnelleren Visa-Verfahren und einer besseren Anerkennung von Berufsabschlüssen. In einem Einwanderungsgesetz muss natürlich auch geregelt werden, welche Bedingungen für Menschen aus dem Ausland gelten müssen, damit hier nicht durch die Hintertür Lohndumping kommt und kein Verdrängungswettbewerb auf dem Arbeitsmarkt entsteht.

Ihr Jürgen Berghahn

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