Frage an Jürgen Herrmann von Matthias S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Lieber Herr Herrmann,
als Mitglied im Haushaltsausschuss werden Sie sich möglicherweise demnächst mit der Frage der Einführung einer Finanztransaktionssteuer zu beschäftigen haben. Der Jesuit Jörg Alt und eine breite Schar von Unterstützern gibt es mittlerweile, was sich ja auch in der erfolgreichen Onlinepetition gezeigt hat.
Unter www.Steuer-gegen-Armut.org finden sich die neuesten Details und Hintergründe.
Als einer der Unterstützer der Einführung einer solchen Steuer und als lippischer Pfarrer frage ich Sie, welche konkreten nächsten Schritte zur tatsächlichen Einführung dieses sehr sinnvollen Instruments nun begangen werden sollten?
Wann und wie kann wird es umgesetzt werden?
Der Bundesvorstand der CDU hatte sich am 14./15. Januar auf der Klausurtagung in Berlin ganz positiv zur Einführung einer solchen Finanztransaktionssteuer geäußert.
Ich zitiere dazu aus Ihrem Beschluss einen Auszug: ...
"--- Einen Rückfall in alte Zeiten unzureichender Verantwortlichkeit darf es nicht geben. Die Verursacher der Finanzkrise dürfen nicht als Gewinner aus ihr hervorgehen. Dazu sind nicht zuletzt klare internationale Regelungen erforderlich. Wir wollen die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft international durchsetzen. Wir setzen uns für eine internationale Finanztransaktionssteuer ein. Eine solche weltweit eingeführte Steuer kann überbordende Spekulationen dämpfen und einen Beitrag leisten, die finanziellen Lasten der Krisenbewältigung in fairer Weise zu tragen. ... (CDU-Bundesvorstand am 14/15 Jan. 2010)
Was also sind die nächsten Schritte zur Umsetzung dieses Beschlusses in den nächsten Monaten?
Könnten Sie als Regierungspartei das nicht gegebenenfalls auch mit einzelnen Oppositionsparteien voranbringen, wenn das von der mitregierenden FDP bislang noch abgelehnt wird?
Oder gibt es Perspektiven, dass sich auch FDP-Abgeordnete einem solchen Antrag anschließen könnten? Was hielten Sie von einem parteiübergreifenden Gruppenantrag im Bundestag?
Sehr geehrter Herr Schmidt,
die Einführung einer Finanztransaktionssteuer wird vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise national wie auch international diskutiert. In Deutschland wurde die Börsenumsatzsteuer 1991 abgeschafft. Gegenwärtig sind Umsätze mit Aktien und Derivaten nicht nur in Deutschland, sondern auch innerhalb der EU weitgehend frei von einer Besteuerung. Befürworter einer Wiedereinführung haben ganz unterschiedliche Interessen. Den einen geht es darum, „Sand in das Getriebe zu streuen“, um den globalen Finanzmarkt einzudämmen. Den anderen geht es um haushalterische Mehreinnahmen des Staates. Für mich steht allerdings fest, dass die Einführung einer Finanztransaktionssteuer nicht als nationaler Alleingang erfolgen darf. Dies hätte zur Folge, dass die Kapitalströme ins Ausland ausweichen würden – mit erheblichen negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Ähnliche Befürchtungen haben auch die anderen Länder. Die G20 Staats- und Regierungschefs haben deshalb auf ihrem Gipfel in Pittsburgh Ende September 2009 – auch auf deutsche Initiative – den Internationalen Währungsfonds beauftragt, einen Bericht zur Einführung einer internationalen Finanztransaktionssteuer zu erarbeiten, der bis zum nächsten Gipfel der G20 Staats- und Regierungschefs im Juni 2010 fertig gestellt werden soll. Der Europäische Rat hat unterstrichen, dass sich diese Prüfung auf alle möglichen Optionen erstrecken soll, darunter auch eine internationale Finanztransaktionssteuer oder Versicherungslösungen. Die Finanztransaktionsteuer ist also nur eine von mehreren Möglichkeiten, um den Finanzsektor an den Kosten der Finanzkrise angemessen zu beteiligen. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und FDP wird weder die Einführung einer Finanztransaktionssteuer explizit erwähnt noch ausdrücklich ausgeschlossen.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Herrmann, MdB