Frage an Julia Klöckner bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Julia Klöckner
CDU
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Frage von Siegfried P. •

Frage an Julia Klöckner von Siegfried P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Frau Klöckner,

ich habe eine Frage wegen des Faltblatts über muslimische Kinder und Jugendliche in der Schule. Der Inhalt des Faltblatts ist nach Ansicht vieler Leute wahrlich nichts Neues und entspricht in vielen Punkten der Broschüre, die das Bundesinnenministerium auf der Homepage hat, was darauf schließen lässt, dass die Herren de Maizière und Schäuble mit den Inhalten im Gegensatz zu Ihnen keine Probleme haben. Außerdem findet in vielen Schulen nach Geschlechter getrennter Sportunterricht statt. Wer Kinder groß zieht, weiß auch, dass es unter Umständen besser ist, wenn Informationen über Sexualität nur für Mädchen oder nur für Jungs gegeben werden, denn auch wir Christen haben ein Schamgefühl.

Deshalb meine Frage: Verurteilen Sie grundsätzlich nach Geschlechtern getrennten Unterricht? Sind Sie auch für die Abschaffung der katholischen Mädchenschulen oder der katholischen Jungenschulen?

Über eine Antwort (und keine Aufforderung, Sie in ihrem Büro anzurufen) freut sich

Siegfried Petersson

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CDU

Lieber Herr Petersson,

ich danke Ihnen für Ihre Nachricht und gehe natürlich gerne an dieser Stelle auf Ihr Anliegen ein - genau wie ich es auch bei Ihren vorherigen Anfragen über Abgeordnetenwatch bisher immer getan habe.

Mit dem Widerspruch gegen das von der rheinland-pfälzischen Landesregierung herausgegebene Faltblatt wollte ich vor allem Aufmerksamkeit darauf lenken, dass Werte, die wir in unserer Gesellschaft über viele Jahre entwickelt haben und die für viele Menschen selbstverständlich sind, nicht leichtfertig aufgegeben werden dürfen. Natürlich wollen wir auch auf die religiösen Notwendigkeiten und Bedürfnisse anderer Kulturen und Glaubensgemeinschaften Rücksicht nehmen. Dabei müssen jedoch dieselben Maßstäbe gelten, die auch für die christliche Religion in unserem Land gelten, nämlich der Art. 4 des Grundgesetzes.

Ich bin nicht strikt gegen den geschlechtsspezifischen Sexualkunde- oder Sportunterricht. Meiner Meinung nach müssen wir aber klarstellen, dass auch ein einheitlicher Unterricht in diesen Fächern grundsätzlich sittlich unbedenklich ist. Denn nach meiner Überzeugung und der Ansicht vieler Menschen in diesem Land ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Jungen und Mädchen gemeinsamen Sport- und Biologieunterricht haben. Aus diesem Grund werden in vielen Schulen diese Fächer auch einheitlich unterrichtet. Der befreite Umgang mit der menschlichen Sexualität ist über die Jahre und Jahrzehnte ein Bestandteil unserer Realität und öffentlichen Kultur geworden. Dafür haben sich über Generationen hinweg Menschen eingesetzt und stark gemacht. Dieser Einsatz verknüpft sich auch eng mit unserem emanzipierten Frauenbild. Unsere Werte sind Produkt einer nationalen, aber auch europaweiten kulturellen Entwicklung. Ich möchte nicht, dass sich die öffentliche Kultur durch eine übereifrige und voreilige Rücksichtnahme auf andere Kulturen, die diese Öffnung nicht vollzogen haben, wieder in eine umgekehrte Richtung bewegt. Der freiheitliche Umgang mit dem eigenen Körper ist eine Errungenschaft unserer europäischen Kultur - und sollte das auch bleiben. In Klassen, in denen eine Trennung des Unterrichts nach Gesprächen mit Eltern und Schülern unter Rücksichtnahme auf andere Religionen geschieht, stehe ich einer Trennung positiv gegenüber, weil sie hier zum Klassenzusammenhalt und zur praktischen Durchsetzbarkeit des Unterrichts beiträgt.

Die CDU Rheinland-Pfalz und ich stehen aber für klare und transparente Regeln in der Integration. Die Spielregeln unseres Landes stehen im Grundgesetz und auf diese darf es, wie gesagt, keinen Rabatt geben. Es ist ein Zeichen von Freiheit, dass es in unserem Land unterschiedliche Trägerschaften für Schulen und Universitäten gibt. Dass es Eltern möglich ist, ihr Kind auf eine Schule in kirchlicher Trägerschaft zu schicken, die möglicherweise anders mit den angesprochenen Fächern umgeht als eine staatliche Schule, ist und bleibt ihr gutes Recht. Die Eltern haben für das Kindeswohl zu Sorgen und dürfen daher auch entscheiden, welche Schule ihr Kind besucht. Dennoch ist die Bildung aber zum großen Teil in staatlicher Hand und die meisten Kinder gehen auf eine staatliche Schule. Daher müssen wir hier besonders auf die Vermittlung von Werten pochen, die die Kinder und Jugendlichen auf das Leben als mündige Bürger in unserem freiheitlich demokratischen Rechtsstaat vorbereiten.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen damit beantworten und verbleibe mit herzlichen Grüßen,

Ihre Julia Klöckner

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