Frage an Julia Klöckner bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Julia Klöckner
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Frage von Benjamin S. •

Frage an Julia Klöckner von Benjamin S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Glöckner,

die dpa zitierte sie in diesen Tagen mit den sehr begrüßenswerten Worten „Aus meiner Sicht ist Datenschutz Verbraucherschutz“

Nur frage ich mich nun wie Sie diese Äußerung mit Ihrer Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung vereinbaren können. Die Vorratsdatenspeicherung sprengt alles bisher da gewesene – sowohl in ihrer negativen Bedeutung für unsere Grundrechte, als auch für den größer werdenden Widerstand in der Bevölkerung (Rekordverdächtige Verfassungsklage mit 34000 Klägern und 15000 Demonstranten in Berlin).
Sie widerspricht unter anderem dem Prinzip der Datensparsamkeit, dem Prinzip der Unschuldsvermutung, und diversen Grundrechte wie z.B. Art 1, 2, 10 GG. Unser Bundesverfassungsgericht hat unsere neues "Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" mit den unveräußerlichen Artikeln 1 und 2 begründet. Die Vorratsdatenspeicherung ist mit diesem Grundrecht nicht vereinbar.
Können wir uns bei Ihnen nun über Ihren Sinneswandel und für eine neue Mitstreiterin für unsere Grundrechte freuen, oder ist dieser Satz nur ein Fähnchen im Wind des aktuellen Datenschutzskandals, der diese Thema endlich(!) einer breiten Öffentlichkeit bewusst macht?
Oder sehen Sie in Ihrer Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung und Ihrer Äußerung überhaupt keinen Widerspruch?
Ich möchte Sie bitten zu bedenken, dass mir sehr wohl bewusst ist, dass es ein Unterschied ist, ob meine Daten von der Privatwirtschaft oder dem Staat eingesehen und genutzt werden. Nur wo Daten sind wachsen auch teils noch nicht absehbare Begehrlichkeiten und entstehen außerdem Datenpannen, bei denen Daten in ungewünschte Kanäle wandern (wie derzeit in GB zu beobachten). Deswegen gilt ja auch das Prinzip der Datensparsamkeit; die beste Möglichkeit, um Skandale wie dem Aktuellen effizient vorzubeugen.

Mit freundlichem Gruß
Benjamin Stiefelmaier

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Sehr geehrter Herr Stiefelmaier,

vielen Dank für Ihre Mail vom 23. August, in der Sie mich auf die Themen Datensicherheit und Vorratsdatenspeicherung ansprechen. Gerne antworte ich Ihnen auf Ihre Fragen.

Es stimmt: Die CDU/CSU Bundestagfrakion setzt sich für einen effektiveren Datenschutz ein und fordert mehr Sicherheit im Umgang mit persönlichen und brisanten Daten. Nicht zuletzt zeigt der aktuelle Fall, dass Verbraucherdaten und ihre Weitergabe immer interessanter und brisanter werden. Und unbestreitbar ist auch, dass dort, wo Daten im großen Umfang gesammelt werden, immer die Gefahr des Datenmissbrauchs besteht. Verstöße gegen das Datenschutzgesetz sind aber kein Kavaliersdelikt und streng zu ahnden. Das Credo muss lauten: Mehr Kontrollen, um das Risiko der Entdeckung von Datenmissbrauch drastisch zu erhöhen. Und wer gegen das Fernmeldegeheimnis und das Bundesdatenschutzgesetz verstößt, muss härter bestraft werden. Auch eine stärkere Haftung der Unternehmen und die Einwilligung des Kunden als zwingende Voraussetzung dafür, dass Daten weitergegeben werden, müssen die Konsequenzen aus dem Skandal sein. Der Datenschutz als integrierter Teil des Verbraucherschutzes muss dabei im Rahmen der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes an die neuen Herauforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst werden.

Einen Widerspruch zwischen Datenschutz und Vorratsdatenspeicherung sehe ich allerdings nicht. Anti-Terror-Maßnahmen und Sicherheitsfragen müssen in unserem Land Priorität haben. Die Anordnung der Erteilung einer Auskunft über diese Daten ist zudem nach wie vor an strenge rechtsstaatliche Voraussetzungen geknüpft: Es muss unter anderem ein konkreter, durch bestimmte Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung bestehen; es darf keine anderweitige Möglichkeit der Aufklärung vorliegen und Gesprächsinhalte dürfen nur mit einem richterlichen Beschluss abgefragt werden. Nur zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit dürfen die Daten anderweitig verwendet werden. Eine Verwendung beispielsweise zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche ist dabei nicht zulässig. Ich denke, dies alles sind sinnvolle Maßnahmen, um eine willkürliche Datennutzung von Seiten des Staates zu vermeiden. Sehr geehrter Herr Stiefelmayer, den Datenklauskandal als Munition gegen die Maßnahmen im Bereich der Inneren Sicherheit zu missbrauchen, halte ich deshalb auch für den falschen Weg. Datenschutz und Anti-Terror-Maßnahmen dürfen sich nicht widersprechen. Statt einer neuen Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung, brauchen wir mehr Datenschutz und damit mehr Verbraucherschutz durch strengere Kontrollen und härtere Strafen. Aber auch der Verbraucher selbst muss sensibler mit seinen Daten umgehen. Wenn ich sehe, was Bürger bereit sind, im Internet alles von sich preis zu geben, aber gleichzeitig den Staat als gefährlichen Datensammler betrachten, dann stimmt das Verhältnis nicht mehr.

Beste Grüße,
Julia Klöckner

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