Frage an Julia Klöckner bezüglich Finanzen

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Julia Klöckner
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Frage an Julia Klöckner von Sabine K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Klöckner,
dies ist das erste Mal, dass ich mich direkt an eine Abgeordnete wende, jedoch bin ich bzw. sind mein Mann und ich auch im Moment ziemlich verzweifelt. Wir sind Kunden der Kaupthing Bank in Deutschland und können seit ca. 14 Tagen nicht mehr an unsere Ersparnisse auf dem Tagesgeld-Konto heran. In den Medien gehören wir zu denen, die risikobewußt und hochspekulativ Ihr Geld angelegt haben, aber dies ist nicht so. Wir haben unsere Espranisse, die zum einen für einen Erschließungsbeitrag in Lettweiler und zum anderen für eine Steuerrückzahlung gedacht waren auf ein Tagesgeldkonto mit guten Zinsen bei einer für unsere Begriffe deutschen Bank (Adresse in Frankfurt, Handelsregistereintrag in Deutschland usw.) geparkt und stehen nun vor der Situation, dass dieses Geld nicht mehr erreichbar ist. Wir sind Menschen, die keinerlei Risiko mit Ihrem Geld eingehen wollten und dachten, dass unser Geld in Deutschland am sichersten ist. Auch die Aussage der Kanzlering Angela Merkel hat uns hierbei bekräftigt, dass Einlagen in Deutschland sicher seien. Wir gingen davon aus, dass wir unser Geld einem Institut anvertrauten, dass in Deutschland registriert ist und somit doch wohl vorher gewissen Ansprüchen und rechtlichen Auflagen genügen mußte. Dies ist nach heitigem Wissenstand nicht so. Nun wird aber von uns eigentlich verlangt, dass wir uns in EU oder EWR-Recht, zumindest jedoch im Bankenrecht so weit auskennen, dass wir dies hätten merken müssen. Nennen Sie es Dummheit, dem war nicht so. Für uns kam kein ausländische Bank ohne Sitz in Deutschland in Frage und auch keine Spekulationen, sondern nur ein Tagesgeld-Konto mit der Möglichkeit täglich das gesamte Geld zur Verfügung zu haben. Wir möchten Sie bitten, ob Sie uns helfen können. Sehen Sie Chancen, dass Kunden wie wir, die Ihre Ersparnisse in Deutschland anlegen und diese auch hier versteuern diese irgendwie gesichert bekommen? Über eine Antwort würden wir uns freuen. Danke im Voraus, Sabine Kuhn

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Liebe Frau Kuhn,

vielen Dank für Ihre Mail, in der Sie mich auf die aktuelle Finanzmarktkrise und Ihr Problem mit der Kaupthing-Bank ansprechen.

Ich stimme Ihnen zu: Die Kleinanleger sind Opfer der Krise, waren aber nicht an ihrer Entstehung beteiligt. Dies ist ärgerlich. Vor allem mangelnde Beratung und Aufklärung durch Banken hat bei vielen Verbrauchern - die risikoarm anlegen wollten und risikoorientierte Zertifikate bekommen haben - für Verunsicherung gesorgt.

Die Kaupthing Bank ist die größte isländische Bank und die sechstgrößte in den nordischen Ländern. Am 9. Oktober 2008 wurde die massiv angeschlagene Kaupthing verstaatlicht. Zuvor hatte die isländische Regierung bereits die Kontrolle über die Institute Landsbanki und Glitnir übernommen. So hoffte der isländische Staat, die schwierige Lage auf dem isländischen Bankenmarkt zu beruhigen und Mittelabflüsse zu stoppen.
Am 9. Oktober 2008 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ein Zahlungs- und Veräußerungsverbot über die deutsche Niederlassung der Kaupthing Bank verhängt. Dieses so genannte Moratorium gilt unbefristet und soll einen überstürzten, ungeordneten Abzug der Einlagen verhindern. Nach deutschem Recht müssen laut BaFin spätestens sechs Wochen nach Verhängen des Moratoriums die Weichen für die Entschädigung der Kunden gestellt werden. Die deutsche Niederlassung hat noch Gelder in unbekannter Höhe, darf diese aber aufgrund des Moratoriums nicht auszahlen. Was im Fall einer Insolvenz mit den Geldern geschieht, die noch bei der deutschen Tochter liegen, ist unklar. Unter Umständen müssten diese Einlagen dann in den isländischen Einlagensicherungsfonds überwiesen werden.

Die Kaupthing-Bank ist nicht Mitglied des deutschen Bankenverbandes und als ausländisches Institut auch nicht in der deutschen gesetzlichen Einlagensicherung. Daher nimmt die isländische Bank auch nicht am deutschen Einlagensicherungsfonds, der Sparen Einlagen von mindestens 1,5 Millionen Euro garantiert, teil. Die Kunden profitieren auch nicht von der Garantieerklärung der Bundesregierung für Einlagen auf Tages- und Festgeldkonten.

Die Bank ist dem isländischen - also nicht dem deutschen - Einlagensicherungsfonds angeschlossen. Dieser Fonds schützt die Einlagen jedes einzelnen Kunden - auch in Deutschland - bis zu einer Höhe von 20.887 Euro zu 100 %. Dieser Betrag ist zwar von dem isländischen Staat garantiert und unabhängig vom Kurs der Krone. Der isländische Staat müsste einspringen, wenn das Geld im Fonds nicht ausreicht, hat sich allerdings auf den Standpunkt gestellt, nur an isländische Bürger zu zahlen, da die ausländischen Verbindlichkeiten dermaßen groß seien, dass sie zum Staatsbankrott von Island führen würden, wenn sie bedient werden müssten.

Es muss nun zunächst abgewartet, ob die isländische Bankaufsicht den Entschädigungsfall feststellt. Davon kann jedoch ausgegangen werden. Die Finanzaufsicht in Reykjavík hat für die Prüfung drei Wochen Zeit. Sollte der Einlagensicherungsfall festgestellt werden, wird ein Entschädigungsverfahren eingeleitet. Die deutschen Kunden der Kauptink Bank müssten sich dann beim isländischen Einlagensicherungsfonds melden, um ihre Einlagen zurückzufordern. Das notwendige Formular kann man sich auf Englisch unter www.tryggingarsjodur.is/Payments herunterladen.

Politisch scheint es so zu sein, dass die isländische Regierung das Erfüllen des juristischen Anspruchs von Bedingungen abhängig macht. So signalisierte die Regierung in Reykjavik bereits, dass Kunden aus den Niederlanden und Großbritannien im Notfall bis zur Obergrenze von 20.887 Euro pro Person entschädigt werden. Beide Länder hatten nach dem Kollaps von Islands Finanzsystem mit den isländischen Behörden verhandelt. Dafür stellen die Niederlande Island einen Kredit zur Verfügung. Für Großbritannien wurde eine prinzipielle Vereinbarung über den Einlagenschutz von Icesave-Kunden getroffen. Hier sollen die Details noch festgelegt werden. Für Deutschland fehlt eine solche Vereinbarung. Deutsche Kunden können allenfalls Einlagen von bis zu etwa 20.800 Euro bei der isländischen Zentralbank einfordern. Die Ansprüche können sie bei der isländischen Einlagensicherung anmelden. Solange die Bank aber noch keine Insolvenz angemeldet hat, können Ansprüche deutscher Kunden vom isländischen Einlagensicherungsfonds nicht berücksichtigt werden.
Auch die von der Europäischen Union beschlossene Erhöhung des gesetzlichen Schutzschirms von mindestens 50.000 Euro kommt in diesem Fall nicht zum Tragen.
Es gibt Bestrebungen von Seiten der Bundesregierung, mit der isländischen Regierung zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Sie setzt sich dafür ein, dass für die Sparer aus Deutschland Entschädigungen gemäß der isländischen Einlagensicherung gezahlt werden. Derzeit ist davon auszugehen, dass zumindest die Entschädigungssummen gerettet werden.

Folgende Ratschläge kann ich Ihnen derzeit geben:

1. Eine Verstaatlichung ist noch keine Pleite. Ob Kaupthing Bankrott ist, entscheidet sich erst noch. So lange sind die deutschen Einlagen wegen des
Moratoriums der BaFin eingefroren. Die Frist endet am 20. November.
2. Falls die Zahlungsunfähigkeit festgestellt wird, müssen Sparer innerhalb von zwei Monaten ihre Ansprüche anmelden, und zwar über die Website der
isländischen Einlagensicherung: www.tryggingarsjodur.is/QA
3. Dem Formular müssen beigefügt werden: möglichst aktuelle Kontoauszüge, belege über Einzahlungen vom Referenzkonto. Die gelten auch alternativ zu den
Kaupthing-Kontoauszügen, falls die nicht vorliegen oder nicht auszudrucken sind.
4. Am besten per Einschreiben einschicken an: Seðlabanki Íslands, Central Bank of Iceland, Kalkofnsvegi 1, 150 Reykjavik, Tel.: 00354 569 9600

Liebe Frau Kuhn, ich hoffe, ich konnte Ihnen einen kurzen Überblick geben. Alles Gute und viel Erfolg!

Beste Grüße,
Julia Klöckner

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