Frage an Katja Dörner bezüglich Wirtschaft

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Katja Dörner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von frieder r. •

Frage an Katja Dörner von frieder r. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Dörner,

Sicherlich ist Ihnen das Konzept zur „Eindämmung der Euro Krise“ von ehemaligen Staatsekretär Walther Otremba (ein ausgewiesen Fachmann und Politikprofi) bekannt und es wurde sicherlich im Haushaltsausschuss und in Ihrer Fraktion ausführlichste diskutiert- trotzdem möchte kurz, für den interessierten Leser, die Vorteile des Otremba Konzepts aufzeigen ( http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-80818250.html ):

1. Der Ausfall der (versicherten) Staatsanleihen ist zu 100 % durch eine Ausfallversicherung abgesichert –es kann also wieder Vertrauen im Anleihenmarkt entstehen.

2. Es besteht ein hoher Anreiz den eigenen Staatshaushalt zu sanieren, ohne Eingriff in die Staatsaushalte von außen, weil die hohen Zinsen (im Vergleich zu den Bundesanleihen) bestehen bleiben.

3. Für Investoren sind die (versicherten) Anleihen der „Schuldenländer“ attraktive, weil sie eine absolut sichere Anleihe in Verbindung mit einer höre Rendite verspricht (als beispielsweise die Rendite eine Bundesanleihe).

4. Die „Schuldenländer“ finanzieren durch die Zinsaufschläge die Ausfallversicherung (mit) und leisten damit einen nicht unerheblichen finanziellen Beitrag zur Absicherung der Staatsanleihen im Euroraum.

6. Ein Teil der anfallenden Einnahmen der Finanzmärkte aus den Zinsaufschlägen (in den letzten drei Jahren 100 Milliarden Euro) würde zu Absicherung der Währungsunion abgezweigt oder könnte für einen Art Marshallplan verwendet werden

7. Die „Geberländer“ könnten eine „Rendite“ aus der Versicherungsprämie für Ihre Bürgschaft bekommen bzw. die Versicherungseinnahmen reduzieren die Bürgschaft des deutschen Steuerzahlers und würden diese vielleicht sogar irgendwann komplett ersetzten.

Warum wurde das Otremba Konzept nicht realisiert bzw. wo liegen aus Ihrer Sicht die Schwachpunkte die einer Realsierung des Otremba Konzeptes unmöglich machen?

Diese Frage geht auch an Ihren Kollegen, Frau Merkel, Herr Frankenhauser, Herr Barthel, Herr Fricke, und Herr Bartsch.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Rinwald,

der Vorschlag von Herrn Otremba hat Ähnlichkeiten mit Eurobond-Konzepten. Alle Konzepte versuchen, die Kreditwürdigkeit der besser gerateten Euro-Staaten auf andere zu übertragen. Der entscheidende Unterschied im Konzept von Herrn Otremba liegt in der Versicherungsprämie. Diese soll die fiskalische Disziplin aufrecht erhalten und künftige Staatsinsolvenzen quasi im Voraus finanzieren.

Eine solche Prämie wäre allerdings auch mit gemeinsamen Anleihen möglich. Solange ein bestimmter Teil der Anleihen weiter national begeben würde, könnten diese als Referenz für den Spread zum Eurobonds gelten. Diesen Spread müsste man dann quasi als Versicherungsprämie abführen. Dies hätte im Vergleich zum Versicherungsmodell noch den Vorteil, dass Eurobonds alle Investoren zur Versicherung zwingen würden, während das Versicherungsmodell es den Investoren offen lässt, ob sie sich absichern oder eben nicht. Das könnte spekulative Investoren dazu verleiten, die Versicherung nicht abzuschließen. Diese spekulativen Investoren würden darauf spekulieren, dass die Staaten die Verwerfungen an den Märkten, die eine Insolvenz auslösen würde, meiden und ihnen die Anleihe im Zweifel doch komplett zurückzahlen würden. An dieser Stelle sehen wir also keinen klaren Vorteil des Versicherungsmodells, aber einen klaren Nachteil.

Des Weiteren ist die Krise mittlerweile weiter voran geschritten. Mittlerweile zahlt Italien nicht mehr 5,4%, sondern knapp 8% für 10 Jahre laufenden Anleihen. Das ist nicht etwa dadurch zu begründen, dass sich Italiens Lage seit Oktober drastisch verschlimmert hätte. Im Gegenteil treibt Mario Monti richtige und wichtige Strukturreformen an, die immer von allen Marktteilnehmer gefordert wurden. Der weitere Anstieg ist also nicht mit ökonomischen Fundamentaldaten zu begründen, sondern mit einer deutlich gestiegenden Risikoaversion. Wenn die Zinsen aber dauerhaft auf diesem Niveau bleiben, wird Italien alleine aufgrund der hohen Zinsen in ein Solvenzproblem laufen. Stellen sie sich vor, sie bauen ein Haus und zahlen 3,5 % für den Kredit und binden sich für 5 Jahre. Sie tilgen in dieser Zeit korrekt, aber aufgrund des hohen Kreditbetrages und den Zinsen haben sie nach 5 Jahren nur einen kleinen Teil getilgt. Wenn nun die Zinsen auf 8% ansteigen, kann es sein, dass sie alleine dadurch in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Das ist das Problem Italiens.

Ein stabiles Modell für die Zukunft muss daher erstens einen gemeinsamen Rahmen für die Haushalts- und Finanzpolitik der Länder setzen. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt war dafür zu schwach, das neue Modell muss im Zweifelsfall auch Eingriffsrechte in die nationalen Haushalte beinhalten, wenn diese die vorab gemeinsam beschlossenen Grenzen überschreiten. Dann kann ein Mechanismus, der die Kreditwürdigkeit der besser gerateten Länder auf die anderen überträgt, tatsächlich stabilisierend wirken. Ein interessanter und durchdachter Vorschlag dazu wurde vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung heraus gegeben. Sie finden das Jahresgutachten, welches den Vorschlag beinhaltet, anbei.

Freundliche Grüße

Ihre Katja Dörner