Frage an Katja Mast bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Katja Mast
SPD
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Frage von Stefan B. •

Frage an Katja Mast von Stefan B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Mast,

vielen Dank für Ihre Antwort auf obige Fragen. Ich habe sie aufmerksam gelesen.

Ihre Anmerkungen zur Anpassung der Renten klingen doch sehr nach gottgewollt und unvermeidlich.
Die Steuerfinanzierung ist zum Teil ein von den Parteien selbstverschuldetes Problem, das nur eine Große Rentenreform auflösen kann. Auch die Rentner haben schmerzhafte Einschnitte und Belastungen der Rente hinnehmen müssen und sind naturgemäß auch an den Krankheitskosten überproportional beteiligt. Diese schmerzhaften Einschnitte auf Grund der Überalterung sind erfolgt. Bei Inflationsausgleich und Beteiligung am Wirtschaftsaufschwung kann es deshalb kein Sonderopfer geben! Dies ist ein gemeinsames Problem aller Bevölkerungsgruppen. Ein Sonderopfer der Rentner kann es daher nicht geben.

Die Väter des Grundgesetzes haben den Rentnern das Wahlrecht als einziges wirksames Instrument zur Durchsetzung dieses Ziels gegeben und dies wird er nutzen. Insofern haben die Rentner einen großen Vorteil. Sie bleiben immer länger geistig rüstig, das Eintrittsalter wird immer jünger und ihr Gedächtnis dafür, wie die Parteien und Abgeordneten mit ihnen umgehen, immer besser!

Der Parteivorsitzende der SPD, Kurt Beck hat die Soziale Gerechtigkeit wieder entdeckt. Auch die Grünen rücken in dieser Frage weiter nach links. Demnach ist links der SPD ein weites Feld! Es sieht nicht gut aus für die SPD und es könnte ihre Schicksalsfrage werden, wie sie mit den Rentnern bei der sozialen Gerechtigkeit umgeht! Bisher vermisse ich dazu klare Parteitagsbeschlüsse der SPD.
Da mir die SPD am Herzen liegt , würde es mich freuen, an dieser Stelle zu hören, wann die SPD hierzu entschieden Stellung nimmt und die Rentner am Wirtschaftsaufschwung ohne Sonderopfer beteiligt.
Aber gerade deshalb werden Rentner vor den nächsten Wahlen prüfen, ob die SPD es noch oder wieder Wert ist gewählt zu werden. Fordern und fördern eben.

Mit freundlichem Grüßen

Stefan Brinkhaus

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Sehr geehrter Herr Brinkhaus,

vielen Dank für Ihre erneute Nachricht bei Abgeordnetenwatch. Ich habe Ihnen am 20. November 2007 bereits zum Thema Rente geschrieben. Die von Ihnen angesprochene Rentenreform wurde 2004 in der rot-grünen Regierungskoalition beschlossen. Mit diesem Gesetz sollen die Beitragssätze von Arbeitgebern und Arbeitnehmern stabil gehalten und längerfristig die Finanzierung der Rente gesichert werden.

Basis für die Anpassung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung ist weiterhin die Entwicklung der Löhne und Gehälter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Also die Koppelung an die Einkommensentwicklung derjenigen, die auch die Renten finanzieren. Daran hat auch die Änderung der Rentenanpassungsformel, durch welche die Formel an die aktuellen wirtschaftlichen und demographischen Entwicklungen angepasst wurde, nichts geändert. Diese noch heute von allen gewollte lohnorientierte Anpassungsmethodik ist - seit sie im Jahr 1957 mit Zustimmung aller Parteien und Sozialpartner eingeführt wurde - ein elementarer Bestandteil der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Rentnerinnen und Rentner nehmen damit an der wirtschaftlichen Entwicklung teil, wie sie in der allgemeinen Lohnentwicklung zum Ausdruck kommt. Es kann keine günstigere Einkommensentwicklung für Rentner geben, wenn keine Aufwärtsentwicklung der Löhne stattfindet. Die Lohnentwicklung der vergangenen Jahre war letztlich sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern zu gering, um zu einem spürbaren Anstieg der Renten zu führen. Das bedauere ich sehr.

Diese Tatsache ist mit ein Grund, weshalb sich die SPD für die Einführung von existenzsichernden Einkommen durch Mindestlöhne einsetzt. Am 14. März 2008 gab Bundesarbeitsminister Olaf Scholz bekannt, dass es in diesem Jahr zu einer spürbaren Erhöhung der Renten für alle Rentnerinnen und Rentner kommen wird. Die letzte Rentenanpassung vom 1. Juli 2007 um 0,46 Prozent fiel zu gering aus, um die Rentner am wirtschaftlichen Aufschwung zu beteiligen. Die Bundesregierung hat daher mit den Spitzen der Koalitionsfraktionen vereinbart, die so genannte Riestertreppe, in diesem und im nächsten Jahr auszusetzen. Demzufolge wird die Rentenanpassung in diesem Jahr 1,1 Prozent betragen, also 0,64 Prozent mehr als eigentlich durch den Modus der Rentenanpassungsformel vorgesehen. Die Rentenanpassung läge ansonsten nach geltendem Recht erneut unter der Lohnentwicklung. Dies hängt vor allem mit der bereits erwähnten Riestertreppe in der Rentenanpassungsformel zusammen, also der Berücksichtigung der Aufwendungen der Beschäftigten für ihre zusätzliche private Altersvorsorge. Diese Aufwendungen werden in der Rentenanpassungsformel berücksichtigt, damit die Lasten der Rentenfinanzierung auf alle Generationen gleichermaßen verteilt werden. Da Deutschland mit seiner wirtschaftlichen Entwicklung auf einem guten Weg ist, kann diese Maßnahme ohne eine Anhebung des Beitragsatzes zur Rentenversicherung finanziert werden. Die Jüngeren werden nicht belastet und die weitere finanzielle Stabilität des Rentensystems bleibt gewahrt. Mit dieser Maßnahme steigt die Standardrente in diesem Jahr um mehr als 13 Euro an.

Sie bemerken in Ihrem Brief weiterhin, dass die Rentnerinnen und Rentner einseitig belastet würden. Dies lässt sich jedoch so pauschal nicht sagen. Selbstverständlich muss man die Einkommenslage älterer Bürger durchaus differenziert betrachten. Es existieren besonders Unterschiede zwischen den Rentnern in den alten und neuen Bundesländern und zwischen Männern und Frauen. Es ist jedoch so, dass die aktuelle Eckrente mit 1016 Euro nach Abzug von Pflege- und Krankenversicherung noch relativ hoch ist. Außerdem ist durch den Grundsatz "Rente als Lohnersatz" der Anteil von Altenhaushalten, die in der Einkommensarmut leben, sehr gering. Ältere sind heute, bezogen auf die Gesamtbevölkerung nur noch unterdurchschnittlich in der Gruppe der Menschen mit geringem Auskommen vertreten. Zwar wurden die Rentner durch die Rentenreform von 2004 finanziell belastet, diese Belastungen wurden jedoch nur im Hinblick auf die aktuelle finanzielle Situation der Rentner in Kauf genommen. Wie bereits angesprochen, wird durch die Reform für eine gerechte und solidarische Aufteilung der wachsenden Aufwendungen für eine älter werdende Gesellschaft zwischen den Generationen gesorgt.

Das von Ihnen benannte Problem des zu großen steuerfinanzierten Anteils an der Rente, stellt sich nicht so dar, wie von Ihnen wahrgenommen. Es ist keinesfalls ein von den Parteien selbst geschaffenes Problem. Der hohe Anteil des steuerfinanzierten Teils an der Rente dient dazu, die Lohnnebenkosten und die Abgaben von Arbeitgebern konstant zu halten und längerfristig zu senken. Eine Senkung des steuerfinanzierten Anteils würde die Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusätzlich belasten. Die Steigerung der Abgaben für den Arbeitnehmer würde bedeuteten, dass man die Last zu stark auf die jüngere Generation verteilt.

Es ist demnach keine Lösung, den Anteil der Steuerfinanzierung zu senken. Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen bei der Regelung der Renten immer für einen gerechten Ausgleich zwischen den Generationen sorgen. Mit der sogenannten Riesterreform aus dem Jahr 2004 und mit dem Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz aus dem Jahr 2005 wurde für die Zukunft Sorge getragen. Es ist klar geworden, dass in Zukunft von dem gesetzlichen Rentenentgelt bei jedem Rentner Abstriche gemacht werden müssen, um eine Stabilisierung des gesamten Rentensystems zu garantieren.

Das derzeitige allein auf Umlage und Steuern ausgerichtete Modell ist aufgrund der steigenden Lebenserwartung und der daraus folgenden längeren Rentenbezugsdauer sowie der starken Verschiebung des Verhältnisses von Beitragzahlern und Rentenempfängern zu Lasten der Beitragzahler nicht länger tragfähig, um jedem eine ausreichende Alterssicherung zu gewähren. Damit die Rentner der Zukunft jedoch ihren Lebensunterhalt weiter gesichert wissen können, wurden in den letzten Jahren einige Regelungen getroffen. Unter anderem wurde eine Niveausicherungsklausel eingeführt, welche ein Absinken der Rente auf unter 67 Prozent des durchschnittlichen Nettoentgeltes verhindert. Außerdem wurde die staatlich geförderte private Altersvorsorge eingeführt und die betriebliche Altersabsicherung ausgebaut. Die Rente wird sich zukünftig aus drei Komponenten zusammensetzen, der gesetzlichen Rentenversicherung, der privaten Vorsorge und der betrieblichen Rente. Demzufolge müssen die heutigen Arbeitnehmer mit ihren Rentenversicherungsbeiträgen per Umlageverfahren die heutigen Renten finanzieren und zusätzlich noch für ihre spätere private Altersvorsorge aufkommen.

Alles in allem muss man sagen, dass von Sonderopfern einer Generation zu Lasten einer anderen Generation keine Rede sein kann. Ich halte nichts davon, die Generationen gegeneinander auszuspielen. Die SPD wird sich auch in Zukunft dafür stark machen, dass alle Generationen solidarisch an einem Strang ziehen, um gemeinsam die Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht, zu bewältigen. So haben wir es zuletzt sowohl in der Einleitung als auch in den Grundwerten unseres neuen Hamburger Grundsatzprogrammes vom 28. Oktober 2007 festgehalten.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Katja Mast MdB

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