Frage an Katja Mast bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Katja Mast
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Frage von Sven D. •

Frage an Katja Mast von Sven D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Mast,

wie stehen Sie eigentlich zu dem ganzen Ueberwachungsapparat, der in letzter Zeit in der Bundesrepublik entsteht?

Vorratsdatenspeicherung greift unverhaeltnismaessig in die persoenliche Privatsphaere aller Buerger ein.

Welchen Vorteil erhofft man sich eigentlich durch diese kostspielige Vorratsdatenspeicherung? Sie verhindert weder Terrorangriffe, noch irgendeine Art von Kriminalitaet.

Ich sehe an dieser Institution nur negatives, und Sie?

Mit freundlichen Gruessen

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Sehr geehrter Herr Dzepina,

das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, dem Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen, hat für mich hohe Priorität und in meiner politischen Arbeit setze ich mich dafür ein, diesem Recht stärker Geltung zu verschaffen. Dennoch habe ich, wie Sie viel-leicht wissen, am 9. November 2007 im Deutschen Bundestag, nach einem langen und schwierigen Abwägungsprozess, für den Gesetzentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung sowie zur Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (2006/24/EG) gestimmt. Gerne erläutere ich Ihnen die Gründe meiner Entscheidung.

Unbestritten ist, dass der internationalen Terrorismus die Sicherheits-lage weltweit verschärft hat. Ebenso unbestritten ist, dass Kommunikation per Telefon, Handy, Fax und E-Mail heute Alltag ist und auch Straftäter die technischen Möglichkeiten nutzen. Ich bin der Meinung, dass es Aufgabe des Staates ist, im Interesse des Schutzes und der Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger, der vom Grundgesetz geschützten Freiheit der vertraulichen Telekommunikation dort Grenzen zu setzen, wo es um die Aufklärung schwer ermittelbarer Kriminalität und die Verfolgung von Straftätern geht. Die Telekommunikationsüberwachung ist hierfür ein notwendiges Mittel.

Dabei möchte ich betonen, dass die Hürden für die Durchführung einer Telekommunikationsüberwachung seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2008 höher liegen als zuvor. So bedarf die Durchführung einer Telekommunikationsüberwachung grundsätzlich einer richterlichen Anordnung. Und für die Anordnung verdeckter Ermittlungsmaßnahmen gelten strenge Vorraussetzungen, um den Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. So muss beispielsweise die Tat auch im konkreten Einzelfall schwer wiegen. Und die Telekommunikationsüberwachung ist unzulässig und hat zu unterbleiben, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass durch die Überwachung allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung erlangt würden. Sie kritisieren in Ihrer Anfrage vor allem die Vorratsdatenspeicherung. Ich kann Ihre Bedenken verstehen, denn mit der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in nationales Recht im No-vember 2007 geht einher, dass Telekommunikationsunternehmen Verkehrsdaten zum Zwecke der Strafverfolgung sechs Monate lang speichern müssen. Verkehrsdaten sind die genutzten Rufnummern und Kennungen sowie die Uhrzeit und das Datum der Verbindung. Ich kann Ihre Kritik verstehen, denn die Regelung stellt einen Paradigmenwechsel dar. War es Unternehmen zuvor gestattet, entsprechen-de Daten zu Abrechnungszwecken sechs Monate zu speichern, sind sie nun verpflichtet. Dies kann leicht zu der Einschätzung führen, dass hier möglicherweise ein allgemeiner Verdacht gegen alle Bürgerinnen und Bürger entstehen könnte, die solche Kommunikationsmittel benutzen. Denn ein konkretes Verdachtsmoment für die Speicherung als solcher muss nicht bestehen.

Trotz dieser Bedenken halte ich die Vorratsdatenspeicherung bei der Bekämpfung der Informations- und Kommunikationskriminalität und des internationalen Terrorismus für bedeutsam. Ich habe diesem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung zugestimmt, weil es viele wichtige Punkte enthält um die Bürgerinnen und Bürger vor Missbrauch zu schützen. So haben wir durchgesetzt, dass die Speicherung der Daten auf sechs Monate, anstelle der von der EU vorgesehen 36 Mona-te, beschränkt ist. Daten, die Aufschluss über den Inhalt der Kommunikation geben, dürfen nicht gespeichert werden. Die Daten werden ausschließlich bei den Telekommunikationsunternehmen gespeichert, nicht bei einer staatlichen Behörde. Eine Herausgabe der Daten ist nur zulässig, wenn es sich um eine schwere Straftat handelt. Grundsätzlich entscheidet ein Gericht über die Herausgabe von einzelnen Daten. Es hat dabei genau festzulegen, welche Daten das Kommunikationsunternehmen aus seinem Bestand herausfiltern und den Strafverfolgungsbehörden übermitteln muss.

Für die Zukunft ist jedoch eines klar: Eine Ausdehnung des Verwendungszwecks gesammelter Daten ist mit mir und vielen meiner Kolleginnen und Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion nicht zu machen. Die vorliegenden gesetzlichen Regelungen gewährleisten das Gleichgewicht zwischen der Freiheit und der Sicherheit jedes Bürgers. Bei einer Ausdehnung der Ermittlungsmaßnahmen geriete dieses Gleichgewicht ins wanken.

Mit freundlichen Grüßen

Katja Mast

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