Frage an Kerstin Griese bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Kerstin Griese MdB
Kerstin Griese
SPD
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Frage von Holger W. •

Frage an Kerstin Griese von Holger W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Griese,

meine Frage bezieht sich auf den Artikel in der Welt am Sonntag vom 13.01.2007 (http://www.welt.de/data/2007/01/13/1176169.html). Darin beschreibt Herr Roman Herzog, dass die heutige EU und auch der EU-Verfassungsvertrag die demokratische Ordnung, insbesondere die Gewaltenteilung, der Bundesrepublik Deutschland gefährden.

Die Gewaltenteilung ist in Artikel 20 des Deutschen Grundgesetzes festgelegt. Der Artikel normiert die rechtliche Grundordnung Deutschlands. Inhalt sind Verfassungsgrundsätze und das Widerstandsrecht. Dieser Artikel darf vom Sinngehalt nicht verändert werden (Art. 79 GG, Ewigkeitsklausel).

Des Weiteren möchte ich darauf hinweißen, dass unser Grundgesetzt ja das Widerstandsrecht kennt, welches sich auch ausdrücklich auf die Gewaltenteilung bezieht.
Widerstandsrecht des Art. 20 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) ist das Recht eines jeden Deutschen, gegen jedermann Widerstand zu leisten, der es unternimmt, die in Art. 20 GG niedergelegte Staatsordnung (Föderalismusprinzip, Demokratieprinzip, Sozialstaatsprinzip, Gewaltenteilung, Gesetzesbindung der drei Gewalten, Republikprinzip, Freiheitlich Demokratische Grundordnung) zu beseitigen, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Wie stehen Sie zu der Meinung von Herrn Herzog?
Haben Sie und Ihre Fraktion im deutschen Bundestag der EU-Verfassung zugestimmt, obwohl diese doch sehr ernsten Bedenken existieren? Wurden diese Bedenken überhaupt in Ihrer Faktion und im deutschen Bundestag diskutiert? Existiert eine Stellungnahme Ihrer Fraktion bzw. Ihrer Partei zu diesem Thema?
Wird eine neue Diskussion des Vorhabens im deutschen Bundestag geführt, oder nehmen Sie Ihre mögliche Entmachtung und den möglich Verstoß gegen das Grundgesetzt hin?
Sehen Sie in dem Fall der EU-Verfassung das Widerstandsrecht als gegeben an, falls keine andere Abhilfe möglich ist?

Mit freundlichen Grüßen
Holger Weß

Kerstin Griese MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Weß,

das im Grundgesetz verankerte Widerstandsrecht ist eine Folge aus den Erfahrungen der Nazi-Diktatur. Die nationalsozialistische Schreckensherrschaft auch nur entfernt mit der Europäischen Union zu vergleichen, erscheint mir als Historikerin, die sich gerade mit der NS-Zeit sehr intensiv beschäftigt hat, vollkommen absurd.

Die SPD hat der EU-Verfassung, die ein Kompromiss vieler Einzelstaaten ist, zugestimmt. Der Verfassungsentwurf ist der richtige Schritt in Richtung mehr Demokratie, denn er weist den Weg zu einer Exekutive der Europäischen Union, die durch das Parlament gewählt und kontrolliert wird. Dies hat der SPD-Parteivorstand im soeben beschlossenen neuen Grundsatzprogrammentwurf so aufgeschrieben: „Deshalb müssen die Kompetenzen des Europäischen Parlaments konsequent weiter gestärkt werden. Das Parlament muss gleichberechtigt mit den im Ministerrat zusammengeschlossenen nationalen Regierungen an der gesamten europäischen Rechtssetzung mitwirken. Wir fordern auch in Fragen der europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik das Mitentscheidungsrecht des Europäischen Parlaments. Das Europäische Parlament braucht umfassende parlamentarische Kontrollrechte gegenüber der Europäischen Kommission. Wir treten dafür ein, dass die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten enger in die europäische Politik einbezogen werden. Nationale Parlamente und das Europaparlament sind auf ihren Ebenen gleichermaßen verantwortliche Partner bei der demokratischen Kontrolle der EU“, heißt es im „Bremer Entwurf“ für ein neues SPD-Grundsatzprogramm.

Sie können sich sicher sein, dass die SPD-Bundestagsfraktion die EU-Verfassung sehr intensiv diskutiert hat. Informationen dazu finden Sie unter http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,34735,00.html .

Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Griese

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