Frage an Kurt Joachim Lauk bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Kurt Joachim Lauk
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Frage an Kurt Joachim Lauk von Oliver S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Lauk,

zu Ihrem Zitat im "Tagesspiegel" vom 5.12.07: "Der Mindestlohn für Briefträger ist ein Missbrauch des Entsendegesetzes, weil er eben nicht Ausländer vor Ausbeutung in Deutschland schützt“.

Wollten Sie sagen, in Deutschland werden Arbeitnehmer ausgebeutet? Das stimmt leider. Doch haben Sie auch eine Erklärung, warum das so ist?

Sie sagen weiter, Ausländer sollen vor der Ausbeutung in Deutschland geschützt werden. Schön, dass Sie sich so sehr für Ausländer einsetzen. Doch was ist eigentlich mit den vielen – auch einheimischen – Arbeitnehmern, die in nicht tarifgebundenen Unternehmen beschäftigt sind und mit Hungerlöhnen abgespeist werden? Sollen die weiter ausgebeutet werden?

Sie sagen, Ausländer werden durch den Post-Mindestlohn nicht geschützt. Das stimmt, aber nur solange sie in anderen Branchen tätig sind, für die das Entsendegesetz nicht gilt. Und wie gesagt, das gilt nicht nur für Ausländer.

Was folgt daraus? Richtig: Um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Ausbeutung zu schützen, könnte das Arbeitnehmerentsendegesetz ja am besten auf weitere Branchen ausgeweitet werden. Die Koalition ist da ja auf einem guten Weg. Als weitere Kandidaten stehen die Postdienste, das Bewachungsgewerbe, der Einzelhandel, die Entsorgungswirtschaft, die Fleischverarbeitung, die Forstwirtschaft, die Friseure, das Hotel- und Gaststättengewerbe, der Landschafts- und Erwerbsgartenbau und die Zeitarbeit auf der Agenda. Das müssten Sie dann ja eigentlich gut finden.

Oder meinten Sie das gar nicht so? Meinten Sie mit „Ausländern“ eigentlich die ausländischen Unternehmen, die ihren Profit in Deutschland machen wollen, weil die Löhne hier so herrlich niedrig sind und man die Beschäftigten so wunderbar ausbeuten kann? Wollen Sie diese Unternehmen vor „Missbrauch“ schützen?

Ich finde, solche Unternehmer brauchen wir nun wirklich nicht, von denen haben wir nämlich schon mehr als genug. Das gilt übrigens auch für viele Verbandsvertreter. Und nicht nur für Ausländer.

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CDU

Sehr geehrter Herr Suchy,

die Einführung des Mindestlohns für Briefträger ist deshalb ein Missbrauch des Entsendegesetzes, weil nicht Ausländer vor Ausbeutung zu Hungerlöhnen geschützt, sondern Deutsche gegen Deutsche ausgespielt werden. Die Mitarbeiter der Deutschen Post AG profitieren in keiner Weise von der Einführung eines Mindestlohns, die Arbeitsplätze ihrer Kollegen in den neuen Konkurrenzunternehmen der Post werden dagegen ganz erheblich gefährdet. Das Attentat auf den Wettbewerb richtet sich unmittelbar gegen deutsche Arbeitnehmer. Das Management der Post AG sucht sein Heil in der Flucht in staatlich festgesetzte Löhne, um dem Wettbewerb zu entgehen.

Die Führung der Post AG hat in den Jahrzehnten des Wohlergehens im Monopolbetrieb ihre Hausaufgaben nicht gemacht und versäumt, das Unternehmen angemessen fit zu machen für den lange genug bekannten Termin der Zulassung des Wettbewerbs.

Wir werden staatlich festgesetzte Mindestlöhne noch nachhaltig bereuen! Die Zeche zahlen die Verbraucher durch unnötig hohe Preise und die wenig qualifizierten Arbeitnehmer, da durch die Mindestlöhne im unteren Lohnbereich Kosten entstehen, die zwangsläufig zum Arbeitsplatzabbau führen und keine neue Beschäftigung schaffen.

Die schrittweise Aushöhlung des Erfolgsmodells der deutschen Tarifautonomie wird sich nachhaltig zum Nachteil für den Arbeitsmarkt entwickeln. Nicht ohne Grund haben sich die Väter des Grundgesetzes für die Tarifautonomie und gegen staatlich festgesetzte Löhne ausgesprochen.

Eine Ausdehnung des Entsendegesetzes auf weitere Branchen, insbesondere auf die Zeitarbeitsbranche, würde massive Auswirkungen auf die Schaffung neuer Beschäftigungsverhältnisse haben. In dieser Branche sind allein in den letzten zwölf Monaten 200.000 neue Jobs entstanden. Das sind 30 Prozent des gesamten Beschäftigungsanstiegs in Deutschland. Zeitarbeit stellt eine wichtige Brücke aus der Arbeitslosigkeit dar. So hat zum Beispiel Daimler 2003 die Zeitarbeitsgesellschaft „Neue Arbeit GmbH“ gegründet. Seitdem wurden 1000 Menschen zunächst befristet und dann dauerhaft eingestellt. Und das zu einem Stundenlohn von 15,71 Euro. Von Hungerlöhnen kann also gar keine Rede sein! Auch Zeitarbeitnehmer haben ihre Rechte: Sie sind Angestellte der Zeitarbeitsfirma, und zwar auch dann, wenn sie gerade nicht eingesetzt werden. Auch für die Zeitarbeitsbranche gilt ein Manteltarifvertrag. Die Brücke aus der Arbeitslosigkeit würde zerstört, wenn ein Mindestlohn auf dem Niveau des Post-Mindestlohns von 9,80 Euro eingeführt werden würde und der wichtige Vorteil, dass mindestens ein Drittel der Zeitarbeitnehmer fest übernommen wird, zerstört.

Prof. Dr. Kurt J. Lauk MdEP