streben Sie eine reform der hartzIV-gesetzgebung an, die eine nichtalgoritmische bestimmung dessen, was als „bedarfsgemeinschaft“ anzusehen ist, ermöglicht?

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Lisa Paus
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von stephan s. •

streben Sie eine reform der hartzIV-gesetzgebung an, die eine nichtalgoritmische bestimmung dessen, was als „bedarfsgemeinschaft“ anzusehen ist, ermöglicht?

sehr geehrte abgeordnete,
wird unter Ihrer mitwirkung eine reform der hartzIV-gesetzgebung erwogen, die es einem teilzeitstudenten mit einem monatlichen nettoverdienst von 1300,- ausdrücklich freistellt, die verantwortung für eine mit ihm in einer wohnung lebende (partnerin, frau) zu übernehmen, so dasz er nicht gezwungen ist, mit antragstellung dieser bisher von ihren eltern finanzierten frau sein studium und sämtliche bequemlichkeiten, urlaub woanders als in der uckermark oder auch eine umweltbewuszte ernährung aufzugeben, weil er vom amt gegen seinen willen zur verantwortung gezogen und zum unterhalt verpflichtet wird und damit selbst trotz ausreichender qualifikation und sicherer arbeit plötzlich am existenzminimum zu leben hat? finden Sie die derzeitige gesetzgebung unter dem aspekt emanzipation, gleichstellung, unabhängigkeit der frau... noch in irgendeiner weise zeitgemäsz? danke für eine auskunft.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage. Wir Grünen wollen das bestehende Hartz IV-System ersetzen durch eine Garantiesicherung. 

Die Garantiesicherung unterstützt Menschen auf Augenhöhe, garantiert das soziokulturelle Existenzminimum mit höheren Regelsätzen und verringert verdeckte Armut. Sie verzichtet auf Sanktionen und ist frei von Stigmatisierung - damit Menschen auf Augenhöhe geholfen werden kann und nicht weiteren Hürden begegnen müssen.

Teil unseres Konzeptes der Garantiesicherung ist auch die Abschaffung der von Ihnen angesprochenen Bedarfsgemeinschaften: Wir wollen das Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft überwinden und Leistungen der Garantiesicherung individualisieren, indem auf die Anrechnung von Einkommen der Partner*in verzichtet wird. Das ist nicht nur aus grundsätzlichen Erwägungen sinnvoll. Denn zusätzlich bedeutet die Untersuchung, ob es sich bei Zusammenlebenden um eine Bedarfsgemeinschaft handelt oder nicht, einen hohen Aufwand für die Jobcenter. In einem ersten Schritt wollen wir die Garantiesicherung für nicht verheiratete Paare vollständig individualisieren, da sie – im Gegensatz zu Ehepaaren – nicht von steuerlichen Vorteilen wie dem Ehegattensplitting profitieren und es auch keine Unterhaltspflicht gibt. Wir wollen auch die Leistungen der Garantiesicherung bei Ehepaaren schrittweise individualisieren. Dies wird verbunden sein mit einer Überwindung des Ehegattensplittings und der Individualisierung der Sozialversicherungsleistungen. Eine Individualisierung bei nicht verheirateten Paaren ist aus Gerechtigkeitsgründen, wegen des bürokratischen Aufwands der Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft und vor allem wegen des Eingriffs in die Privatsphäre vordringlich. Durch unsere Politikansätze der Individualisierung von Sozialleistungen und einer Überwindung des Ehegattensplittings wollen wir gerade auch zu mehr Gleichstellung und weniger (ökonomischen) Abhängigkeiten in Paarbeziehungen beitragen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen verständlich erklären, welche Veränderungen wir Grüne im Bereich von Hartz IV anstreben.

Herzliche Grüße

Lisa Pause

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