Frage an Lothar Bisky bezüglich Soziale Sicherung

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Lothar Bisky
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Frage an Lothar Bisky von Matthias L. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Bisky

Mehrfach ist von Ihnen und Ihren Parteigenossen der Neoliberalismus stark angegriffen worden.

Meines Wssens ist der Neoliberalismus eine Ideologie, die von Milton Friedman entwickelt wurde, um die sozialen Probleme im klassischen Liberalismus zu lösen. Auch kostenlose Bildung und Soziale Sicherungssysteme sind fester Bestandteil von Friedmans Vorschlägen. Als diese Vorschläge in Deutschland von Ludwig Erhard umgesetzt wurden, war das die Geburt der Sozialen Martwirtschaft.

Was verstehen also Sie unter dem Wort Neoliberalismus und wieso greifen sie ihn an, anstatt seine sozialen Aspekte herauszuarbeiten?

Vielen Dank
Matthias Lindemer

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Sehr geehrter Herr Lindemer,

Sie haben Recht, ursprünglich bezeichnete „Neoliberalismus“ eine Neubelebung des Liberalismus in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Der Neoliberalismus gilt auch – unter anderem wegen der Ökonomen Walter Eucken und Wilhelm Röpke - als theoretische Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft. Der Begriff hat sich jedoch gewandelt und seit ungefähr zwanzig Jahren wird er ebenfalls als Synonym für „Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik“, also eine marktfundamentalistische Wirtschaftspolitik verwendet. Von daher bezeichnet der Begriff Neoliberalismus heute in der politischen Auseinandersetzung einen politischen Ansatz, der die Interessen der Unternehmen, der Großbanken und der Konzerne in den Mittelpunkt rückt, zum Beispiel durch Steuersenkungen auch für Reiche und Großunternehmen, durch Lohndumping und den Versuch, Flächentarifverträge abzuschaffen, prekäre Beschäftigung, wie Mini-Jobs und Leiharbeit etc. zu befördern und vieles mehr. Kurz: Neoliberalismus heute ist ein umfassender Politikansatz zu Lasten der Arbeitslosen, der abhängig Beschäftigten, der Kinder, der Alten und der Kranken und Behinderten. Darum lehnen wir diesen Neoliberalismus ab. Wenn Sie sich mit dem Neoliberalismus näher beschäftigen mögen, so erlaube ich mir, Ihnen das Buch von Prof. Dr. Christoph Butterwegge aus Köln zu empfehlen: Neoliberalismus. Analysen und Alternativen, Christoph Butterwegge/Bettina Lösch/Ralf Ptak (Hrsg.), Wiesbaden: VS-Verlag 2008, ISBN 978-3-531-15186-1.

Eine Bemerkung sei mir noch gestattet und ich bitte Sie vorab um Verständnis, weil es mir am Herzen liegt, hier aufzuklären: In den kommunistischen, sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien und in der neuen LINKEN ist es üblich, dass sich ihre Mitglieder untereinander mit Genosse oder Genossin anreden. Den Begriff Parteigenosse gab es nur in einer einzigen Partei, der NSDAP. Darum bitte ich Sie freundlich, auf diesen Begriff im Zusammenhang mit linken Parteien zu verzichten. Haben Sie vielen Dank dafür vorab.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Lothar Bisky