Sehr geehrter Herr Weber,
In den letzten 22 Jahren waren die Mitgliedsstaaten der EU durch den Vertrag über die Energiecharta (ECT) gebunden, der u.a. Investitionen in fossile Brennstoffe über private Schiedsgerichte schützt. In der Praxis können die Unternehmen, die Profite aus fossilen Brennstoffen schlagen, dieses parallele Justizsystem nutzen, um bei Änderungen in der Gesetzgebung milliardenschwere Entschädigungen zu fordern, welche die „legitimen“ Erwartungen ausländischer Investoren beeinflussen können. EU-Steuerzahler sind die Hauptopfer dieses Vertrages in der gegenwärtigen Fassung:
Klar ist, dass der Vertrag als Mittel für die Fossil-Lobby fungiert, da er zukünftige Investitionen ausländischer Konzerne in Treibhausgase absichert. Die Gesamt-Treibhausemissionen, die seit dem Inkrafttreten 1998 durch die ECT geschützt wurden, entsprechen nach wissenschaftlichen Schätzungen der dreifachen Menge des noch verbleibenden Budgets für den Zeitraum 2018-2050.
Die Verhandlungen über die Neufassung dieses klimatischen Desasters finden vom 06. Bis 09. Juli 2020 statt. Doch die von der EU vorgeschlagenen Modernisierugsoptionen beinhalten nicht etwa den Ausstieg aus fossilen Energien, sondern bedeuten weiterhin den Schutz von Investitionen in die fossilen Brennstoffe. Die Vorschläge der EU enthalten lediglich eine Ankündigung, dass die EU zu gegebener Zeit im Laufe der Verhandlungen einen Vorschlag einreichen wird. Wir wissen aber,
dass Vorschläge nur dann besprochen werden, wenn sie mehr als 15 Tage vor dem Beginn der
Verhandlungen eingereicht werden.
In der Tat wurde die Möglichkeit, aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen, im Vertrag über die Energie Charta verpasst. Im Gegenteil führt die ECT so zu zusätzlichen Treibhausgasemissionen.
Angesichts der drohenden Klimakatastrophe können wir es uns nicht leisten, weitere Emissionen von Treibhausgasen vertraglich zu schützen - und schon gar nicht, diesen Schutz auf noch mehr Mitgliedsstaaten auszuweiten.
Es wird Zeit, dass die EU ihre Verpflichtungen beim Klima ernst nimmt und als Staatenbund koordiniert handelt. Hiefür sollten die Mitgliedsstaaten geschlossen aus dem ETC-Vertrag aussteigen anstatt diesen für weitere 30 Jahre zu verlängern.

Dieser Tage wird über diesen Vertrag verhandelt. Wie positionieren Sie sich dazu? Werden Sie darauf hinwirken, dass dieser Vertrag nicht verlängert wird, damit die Klimakrise nicht weiter befeuert wird?
Mit freundlichen Grüßen

C. S.