Frage an Manfred Zöllmer bezüglich Soziale Sicherung

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Manfred Zöllmer
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Frage von Helmut S. •

Frage an Manfred Zöllmer von Helmut S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Zöllner, wie begründet die SPD die totale Vernachlässigung der ab 2000 in Sozialrente gegangenen Bürger. Dieser Personenkreis wird faktisch nie mehr in den Genuss von Rentenerhöhungen kommen, war doch für sie lt. allgemeinem Politikgeschwafel "die Rente sicher". Auch die SPD tönt laufend
lediglich die zukünftige Rentnergeneration müsse sich Sorgen machen. Wer vor kurzem Rentner wurde, dessen Rente wird nur noch gekürzt, weil er praktisch von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung abgekoppelt wurde. Es sit beschämend, wie niederträchtig die Politik mit der sog. Kriegsgeneration in Bezug auf soziale Absicherung umgeht, wo sie doch angeblich "die Karre aus dem Dreck gezogen" hat. Von der Logik her können diese Rentner keiner Partei mehr ihr Vertrauen schenken, haben doch fast alle im Bundestag dafür gesorgt, dass es mit der Rente nur noch bergab geht!
... und viele davon hatten davon immer die SPD gewählt, warum wohl?
Ihr enttäuschter Reform-Rentner
Helmut Schindler

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SPD

Sehr geehrter Herr Schindler,

ich danke für Ihre Frage.

Durch die zu Beginn der 15. Legislaturperiode andauernde konjunkturelle Schwächephase sind die Beitragseinnahmen in der Rentenversicherung geringer gestiegen, als anzunehmen war. Die SPD-Bundestagsfraktion hat reagiert:

Zum 1. Januar 2003 sind folgende Maßnahmen in Kraft getreten, um die Finanzsituation der Rentenversicherung zu stabilisieren:

- Die vorgeschriebene Reserve der Rentenversicherung wurde von 0,8 Monatsausgaben auf einen Korridor von 0,5 Monatsausgaben (Mindestschwankungsreserve) und 0,7 Monatsausgaben (Höchstschwankungsreserve) abgesenkt.
- Da Solidarität keine Floskel sein darf, wurden Versicherte mit hohen Einkommen verstärkt zur Finanzierung der Rentenversicherung heran gezogen, indem die Beitragsbemessungsgrenze vom etwa 1,8-fachen auf das 2-fache des Durchschnittseinkommens angehoben wurde; sie stieg damit auf 5.100 Euro/Monat in Westdeutschland und 4.250 Euro/Monat in Ostdeutschland. Versicherte mit einem Einkommen in dieser Höhe bezahlen dadurch zwar höhere Beiträge, erwerben aber auch höhere Rentenansprüche.

Durch diese Maßnahmen, die zu keiner Belastung der Rentnerinnen und Rentner führte, konnte der Beitragssatzanstieg halbiert werden; der Beitragssatz stieg somit nur von 19,1 % auf 19,5 %.<>Durch die Stagnation beim Wirtschaftswachstum und anhaltend hohe Arbeitslosigkeit drohte der Rentenversicherung für 2004 ein Fehlbetrag von 10 Mrd. Euro. Nachdem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits im Vorjahr mit höheren Beiträgen belastet worden sind und ein erneuter Beitragssatzanstieg nicht vertretbar erschien, leisten nun die Rentnerinnen und Rentner ihren solidarischen Beitrag zur Sicherung der Finanzierung der Alterssicherung:
- Die Rentenanpassung zum 1. Juli 2004 wurde ausgesetzt (Nullrunde).
- Rentnerinnen und Rentner zahlen seit dem 1. April 2004 den vollen (bislang: hälftigen) Beitrag zur Pflegeversicherung.
- Zukünftige Rentner werden ihre Rente erst am Monatsende erhalten.
- Des Weiteren wurde die Mindestschwankungsreserve von 0,5 auf 0,2 Monatsausgaben weiter abgesenkt.

* *

Bereits mit der Rentenreform 2001 haben wir einen entscheidenden Schritt getan, um die gesetzliche Rente mittel- und langfristig zu akzeptablen Bedingungen für die zukünftigen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler zu sichern. Neue Studien zur zukünftigen Entwicklung der Lebenserwartung gehen aber davon aus, dass diese weitaus stärker ansteigen wird als bislang angenommen, was weitere Anpassungen notwendig macht. Denn immer längere Rentenbezugszeiten können nur in engen Grenzen von immer weniger Beschäftigten finanziert werden und führen so zu höheren Belastungen. Hier ist aber im besonderen Maße der Grundsatz der Generationengerechtigkeit zu beachten. Mit allem Respekt vor der Generation, die unser Land wieder aufgebaut hat, müssen wir in der Politik aber auch darauf achten, dass die Jüngeren, die gewissermaßen unser Land weiter ausbauen, nicht mit zu hohen Beiträgen überfordert werden dürfen; denn nur dann haben diese die Möglichkeit, die notwendige eigenverantwortliche ergänzende Altersvorsorge auch zu betreiben. Gleichzeitig wollen wir das Vertrauen der Älteren in eine auskömmliche Rente erhalten.

Vor diesem Hintergrund erscheint es maßvoll, bei der Höhe der Rentenanpassung zukünftig auch das zahlenmäßige Verhältnis von Beitragszahlern und Rentnern mit zu berücksichtigen. Durch den sog. Nachhaltigkeitsfaktor wird dieses erreicht.

Ich möchte auch eine letzte Gesetzesänderung nicht unerwähnt lassen:

Das Beitragsentlastungsgesetz hat den Bundesrat passiert und kann damit zum 1. Januar 2006 in Kraft treten. Hiermit kann der Rentenbeitrag auch im kommenden Jahr - im vierten Jahr in Folge - stabil bei 19,5 Prozent bleiben. Das ist ein wichtiges Signal, um den Wachstumsprozess in Deutschland - gerade in schwierigen Zeiten - zu unterstützen und mehr Beschäftigung zu erreichen. Mit einem stabilen Rentenbeitrag wollen wir Konjunktur und Wachstum in unserem Land stärken. Mit einem neuen Verfahren werden zusätzlich künftig die Sozialbeiträge am Ende des laufenden Monats überwiesen werden. Bisher wurden die Sozialbeiträge überwiegend erst in der Mitte des Folgemonats überwiesen. Diese Praxis ist eine überholte Regelung aus der Zeit der „Lohntüte“, als die Löhne noch Mann für Mann und Frau für Frau in den Lohnbüros errechnet werden mussten, und in der „Lohntüte“ in bar ausgezahlt wurden. Auf dem Stand der damaligen Technik war es nicht möglich, Löhne und Gehälter sowie die Sozialbeiträge zeitnah zu berechnen, auszuzahlen und zu überweisen. Heute ist das anders. Heute erfolgt die Lohnzahlung mit moderner Informationstechnik. Aus dieser damals vernünftigen Arbeitsweise hat sich bis heute die sachlich nicht zu rechtfertigende Praxis der späteren Überweisung der Sozialbeiträge durch die Arbeitgeber ergeben, was einem zinslosen Darlehen gleichkommt.

Der Sozialversicherung ist dieser zinslose Kredit an die Unternehmen nicht mehr zuzumuten. Die Unternehmen zahlen mit der Neuregelung keinen zusätzlichen Beitrag, sondern sie zahlen den geschuldeten Beitrag lediglich früher. Damit verzichten sie auf Zinsvorteile, die aber einen Betrag von höchstens 400 Millionen Euro jährlich nicht überschreiten dürften. Dies ist jedoch deutlich günstiger als es eine Anhebung des Beitragssatzes wäre. Denn jedes Zehntel Rentenbeitrag zusätzlich würde die Unternehmen mit rund 250 Millionen Euro jährlich belasten. Außerdem werden die Unternehmen an anderer Stelle seit 1. Juli 2005 um 4,5 Milliarden Euro jährlich durch den zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag entlastet. Damit erreichen wir entschieden mehr Gerechtigkeit und auch die Arbeitgeber werden in die Pflicht genommen.

Ich hoffe Ihnen mit diesen Ausführungen nochmals die schwierigen und
komplexen Rahmenbedingungen für unser Rentensystem anschaulicher gemacht
zu haben. Wir haben uns aber dieser Aufgabe gestellt und sie nicht wie
unter der Kohl-Regierung liegen gelassen.

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Zöllmer