Frage an Manfred Zöllmer bezüglich Familie

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Manfred Zöllmer
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Frage von Samuel Maria K. •

Frage an Manfred Zöllmer von Samuel Maria K. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Zöllmer,

ich ärgere mich regelmäßig über das Vermischen zweier unterschiedlicher Sachverhalte bei der Diskussion um das Ehegattensplitting, so wie Sie diese Vermischung leider auch in Ihrer Stellungnahme beim Kandidaten-Check vornehmen. Warum sagen Sie nicht aufrichtig und der Wahrheit gemäß, dass das Ehegattensplltting vom Bundesverfassungsgericht vor seiner Einführung angemahnt wurde, nicht um Verheiratete steuerlich zu bevorzugen, sondern um eine durch unser Steuersystem gegebene steuerliche Mehrbelastung Verheirateter auszugleichen? Es geht beim Ehengattensplitting um die Korrektur einer Steuerungerechtigkeit, die zu Lasten Verheirateter geht, und nicht um die Förderung von Familien und Kindern, daher ist die Abschaffung des Ehegatensplittings auch keine Maßnahme zur Familienförderung.

Wie wollen Sie die Abschaffung des Ehegattensplittings denn verfassungskonform ins Werk setzen und wie begründen Sie Ihren tatsächlichen Standpunkt, dass Singels steuerlich signifikant weniger belastet werden sollen als Ehepaare? Sagen Sie mir bitte auch, weshalb Familien und Kindererziehung davon profitieren sollten, wenn die Eltern oder Erziehungsberechtigten nicht mehr heiraten (können), weil die steuerliche Schlechterstellung von Verheirateten ökonomisch gegen eine Heirat spricht? Instabile Familienverhältnisse gehören nicht gerade zu dem, was Kinder benötigen, um gesund aufwachsen zu können. Warum fordern Sie nicht, anstatt dieses Scheingefecht zu führen, effektive steuerrechtliche Maßnahmen zur Förderung von Kindern wie die Anhebung des Steuerfreibetrages, verminderte Mehrwertssteuersätze für kinderbezogene Produkte anstatt für z.B. Tiernahrung oder generell das Absenken des Mehrwertssteuersatzes, der Haushalte mit geringem Einkommen und mit Kindern überproportional mehr belastet als kinderlose Haushalte und Besserverdienende, die einen relativ kleineren Teil ihres Einkommens in Konsum umsetzen müssen?

Mit freundlichen Grüßen
Samuel Maria Karbe

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SPD

Sehr geehrter Herr Karbe,

vielen Dank für Ihre kritische Anfrage zu steuer- bzw. familienpolitischen Themen.

Für uns Sozialdemokraten ist Familie überall dort, wo Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen. Dazu gehören Paare – ob mit oder ohne Kinder und Trauschein – ebenso wie Alleinerziehende, Patchwork- oder Regenbogenfamilien sowie Großeltern und Menschen, die für ihre pflegebedürftigen Eltern sorgen. Zur Familie gehören Jung und Alt. Es geht uns um ein solidarisches Miteinander der Generationen. Eine moderne Familienpolitik muss mit guten Rahmenbedingungen die Familien dabei unterstützen, ihre unterschiedlichen Lebensentwürfe bestmöglich zu verwirklichen und eine moderne Partnerschaftlichkeit leben zu können.

Dafür brauchen wir vor allem eine familienfreundliche Arbeitswelt, gute Ganztagsbildungs- und -betreuungsangebote und eine gute materielle Absicherung aller Kinder. Unsere moderne Familienpolitik orientiert sich an diesem Dreiklang von Infrastruktur, Zeit und Geld. Alle bereits bestehenden Ehen sollen Vertrauensschutz genießen.

Wir wollen allerdings für neue Ehen an die Stelle des jetzigen Ehegattensplittings einen Partnerschaftstarif stellen, wobei die Neuregelungen nur künftige Ehen betreffen sollen.

• Das Ehegattensplitting privilegiert im Wesentlichen die Alleinverdienerehe. Das Splitting belohnt den Verzicht eines Ehepartners, meist der Frau, auf Erwerbstätigkeit. Dem Splitting liegt das Leitbild der Versorgerehe zu Grunde, das in der Vergangenheit den Wünschen der meisten Eheleuten entsprochen haben mag. Heute haben (junge) Eheleute mehrheitlich andere Wünsche.
• „Deutschland bestraft die Doppelverdiener“, so nennt es das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (iw). Denn vergleicht man international, wie Ehepaare mit Steuern und Abgaben belastet werden, kommt man für Deutschland zu einem ernüchternden Ergebnis: Ein durchschnittlich verdienendes Ehepaar, bei dem beide Partner/innen gleich viel verdienen, wird mit 33,5% Steuern und Abgaben belastet. Verdient ein Alleinverdiener exakt das gleiche Einkommen, zahlt das Ehepaar nur 29% Steuern und Abgaben, also deutlich weniger.
• Ein zweiter wichtiger Grund ist, dass Familien bunter und vielfältiger geworden sind. Waren in den 50er Jahren Ehe und Kinder fast gleichbedeutend, stellt sich die heutige Situation ganz anders dar. Kinder wachsen nicht mehr selbstverständlich in Ehen auf. Viele Kinder werden von Alleinerziehenden betreut und erzogen, die gerade, weil sie allein Verantwortung tragen, unsere besondere Anerkennung und Unterstützung verdienen.
• Das Splitting verursacht steuerliche Mindereinnahmen in Milliardenhöhe. Dabei sind seine Verteilungswirkungen sehr ungerecht. Denn am stärksten profitieren Spitzenverdiener/innen. Ihr Vorteil liegt bei mehr als 15.000 Euro im Jahr. Eheleute, die aufgrund kleiner Einkommen keine Einkommenssteuer zahlen, gehen leer aus. Darüber hinaus ist ein Großteil der Ehen, die vom Splitting profitieren, kinderlos oder haben bereits erwachsene Kinder. Außerdem ist das Ehegattensplitting im Wesentlichen ein Steuerprivileg für den Westen: Der Löwenanteil des Splittingsvolumens fließt in die alten Bundesländer.

Aus all diesen Gründen wollen wir das Ehegattensplitting zu einem Partnerschaftstarif weiterentwickeln. Dabei sind vier Elemente besonders wichtig:

• Wir wollen - wie beschrieben - die Neuregelung nur für künftige Ehen.
• Wir wollen eine Individualbesteuerung, die allerdings gegenseitige Unterhaltsverpflichtungen zwischen den Eheleuten berücksichtigt. Damit erkennen wir an, dass Eheleute gegenseitig für einander sorgen und Verantwortung übernehmen.
• Das Gleiche soll selbstverständlich für eingetragene Lebenspartnerschaften gelten.
• Unsere Weiterentwicklung des Ehegattensplittings zu einem Partnerschaftstarif wird für mehr Steuereinnahmen sorgen. Diese Mehreinnahmen wollen wir komplett wieder Familien mit Kindern zur Verfügung stellen. Weil wir das neue Steuerrecht aber nur auf künftige Ehen anwenden wollen, wird die Reform erst peu à peu Mittel freisetzen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Pläne der SPD zum Ehegattensplitting näher bringen.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Zöllmer, MdB