Frage an Marco Bülow bezüglich Recht

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Frage von Bernd B. •

Frage an Marco Bülow von Bernd B. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Bülow.

Ich setze mich gegen Rechtsextremismus ein, speziell bezüglich des Internets, aber auch vor Ort in Dortmund.

Mir ist bekannt, dass bestimmte, auch auf den deutschen "Markt" hin ausgerichtete, jedoch in den USA gehostete, rechtsextremistische Websites gerade in NRW nicht gesperrt sind (z.B. "stormfront"). Es gibt demnach eine effektive Handhabe bezüglich derartiger Websites. Jedoch gibt es Webseiten mit erheblich größerem Nutzungsaufkommen, welche nicht gesperrt werden/wurden (z.B. Altermedia, Pi-News).

Meiner Haltung nach wird das grundgesetzlich verbriefte Recht auf freie Meinungsäußerung in diesen Fällen über den Rahmen des GG hinaus strapaziert.

Meine Fragen hierzu sind:

Wo finden die Grenzen der freien Meinungsäußerung bezüglich des Rechtsextremismus - im Internet - konkret Anwendung? Sind o.g. Angebote innerhalb dieser demokratischen Grenzen zu verorten? Gibt es überhaupt eine Handhabe, die im Grundgesetz verbrieften Grenzen auch bei im Ausland gehosteten und speziell auf die in der Bundesrepublik lebenden Menschen ausgerichteten Angebote, effektiv durchzusetzen? Sind Ihnen Pläne seitens der Bundesregierung bekannt, irgendetwas in diese Richtung zu unternehmen?

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Sehr geehrter Herr Beherenz,

zunächst vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Rechtsradikalismus und Internet vom 12. Januar 2009.
Ich finde es toll uns sehr lobenswert, dass Sie sich gegen Rechtsextremismus, insbesondere im Internet engagieren. Auch ich persönlich setze mich stark gegen Rechts ein und war in Dortmund selber auf Demonstrationen und habe bei lokalen Foren mitgewirkt. Da ich Ihnen gerne ausführlich auf Ihre speziellen Fragen antworten möchte, habe Ich Ihre Anfrage an die SPD-Arbeitsgruppe Rechtsextremismus weitergeleitet.
Sobald ich eine Antwort von den Fachexperten erhalten habe, werde ich Ihnen die Informationen über abgeordnetenwatch weiterleiten.

Bis dahin verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Marco Bülow

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Sehr geehrter Herr Behrenz,

die SPD-Arbeitsgruppe Rechtsradikalismus hat mir nun endlich die Antworten auf Ihre Fragen zukommen lassen. Entschuldigen Sie bitte, dass Sie so lange darauf warten mussten.
Rechtsextremismus, Rassenhass und Diskriminierung sind im Internet weit verbreitet und schwer zu bekämpfen. Es gibt bereits seit 1998 das Projekt jugendschutz.net, das sich der deutschen Problematik dieser Themen und der internationalen Zusammenarbeit widmet.
Neonazistische Seiten können und werden auf Betreiben der deutschen Bundesregierung und der Bundesländer sowie der Bezirksregierungen/Regierungspräsidien aus dem Netz genommen. Die Provider werden verpflichtet, rechtsextremistische URLs erst gar nicht zuzulassen oder zu blocken. Allerdings weichen die Betreiber neonazistischer und anderweitig rechtsextremistischer Internetplattformen und Foren deshalb ins Ausland aus, um die dort weniger strengen oder gar nicht vorhandenen gesetzlichen Grundlagen zu nutzen und die Inhalte somit auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz in deren Landessprache zugänglich zu machen.
In den USA ist durch den ersten Verfassungszusatz jede staatliche Zensur verboten. Dagegen stellte das deutsche Bundesverfassungsgericht 1994 fest, die Holocaustleugnung sei eine erwiesen unwahre Tatsachenbehauptung, die nicht der Meinungsfreiheit unterliege.
Auf europäischer Ebene bemüht sich u.a. die OSZE um koordinierte Maßnahmen gegen Rassismus und Rechtsextremismus im Internet. Dazu fand vom 16. bis 17. Juni 2004 in Paris die OSZE-Konferenz Hatecrimes and Internet statt, bei der auch die INACH (International Network Against Cyber Hate ) und Jugendschutz.net ihre Initiativen vorstellten und Vorschläge machten. Angestrebt wird nicht nur ein internationales gesetzliches Vorgehen gegen unzulässige Netzseiten, sondern auch die Förderung von Medienkompetenz und seriösen Informationsangeboten. Die Schlusserklärung von 55 Mitgliedsstaaten warnte vor der Zunahme des Rassismus im Netz, betonte den Willen zu vielfältigen Gegenmaßnahmen, forderte internationale Zusammenarbeit und Selbstkontrolle der Provider sowie intensivere Information und Pädagogik zum Phänomen Rechtsextremismus im Internet.
Die 1997 gegründete Initiative jugendschutz.net der Jugendminister aller Bundesländer arbeitet eng mit der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) zusammen, überprüft jugendgefährdende Netzangebote und drängt Provider auf deren Veränderung oder Herausnahme, um deren Selbstkontrolle den Jugendschutzstandards von Printmedien anzugleichen. Sie geht erfolgreich gegen strafbare rechtsextreme Netzangebote vor und bietet medienpädagogische Kurse für Jugendliche und Pädagogen an, um deren Medienkompetenz in der Auseinandersetzung mit rechtsextremer Hasspropaganda zu stärken und Privatinitiativen für Demokratie und Toleranz im Netz zu fördern. Dazu wurde eine CD-ROM „Rechtsextremismus im Internet“ erstellt und mehrfach aktualisiert.
jugendschutz.net entwickelte in den vergangenen Jahren ein erfolgreiches Projektkonzept gegen Rechtsextremismus im Internet. Die Doppelstrategie aus rechtlichen Schritten und pädagogischer Arbeit fußt auf vier Säulen:
einem kontinuierlichen Internet-Monitoring, der Implementierung geeigneter Gegenmaßnahmen, der Entwicklung einer stabilen internationalen Kooperation und der Förderung von Aufklärung und medienpädagogischer Auseinandersetzung. Diese vier Kernaufgaben bilden gemeinsam den mehrdimensionalen Ansatz im Kampf gegen Rechtsextremismus und sind Voraussetzung dafür, dass die Arbeit nachhaltige Wirkungen entfalten kann. Nach Auslaufen der Finanzierung durch das BMFSFJ wird die Projektarbeit derzeit gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB).
Ein wichtiges Ziel der Projektarbeit ist es, Rechtsextremen im Internet weitgehend die Propaganda-Plattformen zu entziehen. jugendschutz.net ergreift hierzu Maßnahmen gegen unzulässige rechtsextreme Angebote im In- und Ausland und erreicht inzwischen in mehr als 75% der Fälle, dass die Inhalte aus dem Netz genommen werden. In den vergangenen Jahren konnte die Schließung von mehr als 1.000 rechtsextremen Websites bewirkt werden. Die Aktivitäten des Projektes führen auch dazu, dass deutsche wie ausländische Provider eine erhöhte Sensibilität für das Problem rassistischer Inhalte entwickeln.

Ich hoffe, dass Sie ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Marco Bülow