Warum darf das BVerfG Beschwerden ohne Angabe von Gründen abweisen?

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Frage von Winfried S. •

Warum darf das BVerfG Beschwerden ohne Angabe von Gründen abweisen?

Mir liegen mittlerweile dutzende Fälle vor, in denen die "ordentliche Gerichtsbarkeit" sich so verhalten hatte, wie ex-Landrichter Frank Fahsel es in seinem Leaserbrief an die Süddeutsche Zeitung, leicht zu finden im Internet, beschrieben hat: Manipulativ waren aliud-Sachverhalte konstruiert worden, wobei konsequente Verweigerung rechtlichen Gehörs bezogen auf alle Tatsachen, die dazu nicht passten, aber auch eindeutige Lügen von Richtern und Übernahme unbewiesenen Parteivortrags als Tatsachen der Sachverhaltsmanipulation dienten.

Gerade in solchen Fällen, in denen die "ordentliche Gerichtsbarkeit" ein Feuerwerk der Missachtung von Rechtsgrundsätzen geboten hat, werden Verfassungsbeschwerden dagegen regelmäßig ohne Angabe von Gründen nicht zur Entscheidung angenommen.

Was gedenken Sie gegen diesen offensichtlichen Missstand von grundlegender Bedeutung zu tun?

Gez.:

Dipl.-Kfm. Winfried S.

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Sehr geehrter Herr S.

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. 

Das Bundesverfassungsgericht ist keine Superrevisionsinstanz. Urteile anderer Gerichte werden von ihm also nicht in vollem Umfang auf ihre Rechtmäßigkeit hin nachgeprüft. Der Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich auf Verstöße gegen spezifisches Verfassungsrecht. 

Aufgrund der hohen Anzahl an jährlichen Verfassungsbeschwerden wurde das Annahmeverfahren in § 93a  Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) eingeführt. Nach § 93a Absatz 1 BVerfGG bedürfen Verfassungsbeschwerden der Annahme. Hierdurch soll die Funktionsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts gewahrt werden, indem Verfassungsbeschwerden, die keine Aussicht auf Erfolg oder keine grundsätzliche Bedeutung für das Verfassungsrecht haben, herausgefiltert werden. Gleichwohl sind nach § 93a Absatz 2 BVerfGG Verfassungsbeschwerden zur Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht anzunehmen, soweit ihnen grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt oder wenn sie zur Durchsetzung der Grundrechte angezeigt sind.

Durch das Annahmeverfahren wird weder die Verfassungsbeschwerde als Mittel des Individualrechtsschutzes in Frage gestellt, noch hat das Bundesverfassungsgericht durch die eben dargelegten Voraussetzungen aus § 93a Absatz 2 BVerfGG ein freies Annahmeermessen. Es wird auch nicht der Zugang zum Bundesverfassungsgericht gleichheitswidrig eingeschränkt. Vielmehr schützt es die Funktionsfähigkeit des Gerichts und ermöglicht es ihm, sich stärker auf die Weiterentwicklung des Verfassungsrechts und den Schutz der Grundrechte zu konzentrieren, wodurch der Individualrechtsschutz insgesamt gestärkt wird.

Freundliche Grüße

Dr. Marco Buschmann MdB

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