Wie ist Abwesenheit/ Enthaltung im Bundestag zu begründen?

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Marco Buschmann
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Frage von Josefine K. •

Wie ist Abwesenheit/ Enthaltung im Bundestag zu begründen?

Sehr geehrter Herr Buschmann,

mich würde interessieren warum sie bei einigen Abstimmungen im Bundestag abwesend waren, z.B. auch beim Vorschlag ihrer eigenen Partei "Familienentlastungsgesetz - Änderungsantrag der FDP-Fraktion" am 08. November 2018. Zudem interessiert mich, warum sich beinahe alle FDP Abgeordneten (Sie inklusive), bei einer wichtigen finanziellen Frage wie der "Beteiligung am Europäischen Corona-Stabilitätsmechanismus" vom 14. Mai 2020 enthalten haben.

 

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Sehr geehrte Frau K.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht. Der Deutsche Bundestag ist ein Arbeitsparlament. Die inhaltliche Arbeit an Gesetzesentwürfen und Anträgen findet in den jeweiligen Ausschüssen und weiteren Gremien statt. Angesichts der Komplexität und Detailfülle der Materie gehen die Abgeordneten dabei in hohem Maße arbeitsteilig vor. Dies führt dazu, dass in einer Plenumsdebatte vor allem die Abgeordneten präsent sind, in dessen fachliche Zuständigkeit die Materie fällt.

Die Debatten im Plenum sind also vorrangig ein wichtiger Bestandteil der Meinungsbildung der Bevölkerung, indem die unterschiedlichen Argumente und Positionen der Fraktionen herausgearbeitet werden. Wie zu den einzelnen Gesetzentwürfen votiert wird, ist bereits vor dem Plenum in den Fraktionsgremien besprochen worden.

Ein vollbesetztes Plenum wäre sogar eher kontraproduktiv. Denn in Sitzungswochen läuft die Debatte im Plenum von Mittwoch bis Freitag beinahe ununterbrochen. Es wäre also nicht zweckdienlich, wenn Abgeordnete, die inhaltlich gar nicht damit befasst sind, dort ihre ohnehin sehr knapp bemessene Zeit lediglich absitzen würden. Denn während dieser Zeit finden ebenfalls noch Ausschuss- oder Gremiensitzungen statt. Dies gilt in der Regel auch für Sondersitzungswochen.

Nicht zuletzt gelten derzeit auch für das Parlament die AHA+L Regeln zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Daher haben die Fraktionen die Verantwortung, ihre Reihen so zu besetzen, dass Sicherheitsabstände eingehalten und Kontakte reduziert werden. Das kann freilich auch zum Eindruck beitragen, der Plenarsaal sei nicht voll besetzt.

Bei der von Ihnen angesprochenen Abstimmung zur Beteiligung am Europäischen Corona-Stabilitätsmechanismus hat sich die Fraktion der Freien Demokraten in der Tat enthalten. Wir teilen nämlich das Grundanliegen des Gesetzes: Staaten der europäischen Union, die von der Corona-Krise besonders stark getroffen wurden, wollen auch wir unterstützen. Das ist für uns Freise Demokraten ein essenzieller Bestandteil der europäischen Solidarität. Wir finden es allerdings falsch, dass diese Unterstützung nicht an Reformen geknüpft wurde. Denn das Ziel sollte es doch sein, Lektionen aus dieser Pandemie zu lernen und beim nächsten Mal so aufgestellt zu sein, dass die Krise aus eigenen Mitteln zu bewältigen ist.

Außerdem halten wir die Voraussetzungen für den Zugang zu Krediten für zu weit gefasst. Da gilt, dass die Hilfsgelder für etwas verwendet werden müssen, das direkt oder indirekt mit der Gesundheitsversorgung oder der Prävention verbunden ist. Damit wird einer ganzen Bandbreite von Einsatzmöglichkeiten Tür und Tor geöffnet, die dem ursprünglichen Sinn der Hilfen zuwiderlaufen. Da wir also den Grundgedanken des Gesetzes teilen und als sehr wichtig erachten, seine Umsetzung jedoch für inakzeptabel halten, mussten wir uns enthalten.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen unsere Position etwas näher bringen.

Mit besten Grüßen
Dr. Marco Buschmann MdB
Erster Parlamentarischer Geschäftsführer

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