Sehr geehrter Herr Thiesbrummel,

um mir eine konkrete Beurteilung und Bewertung Ihres Falles erlauben zu können, bräuchte ich mehr Fakten zu dem was Ihnen tatsächlich widerfahren ist. Die Anschuldigung eines organisierten Prozessbetruges ist sehr schwerwiegend und sollte nur erhoben werden, wenn sie auch nachvollziehbar und belegbar ist. Ein pauschale Unterstellung, die gesamte Justiz sei unterwandert und organisiere regelmäßig Rechtsbeugung halte ich für abwegig.

Bei Gericht kommt es vor, das man in einer Sache unterliegt und das dies schmerzliche Folgen haben kann. Leider neigen Unterlegene manchmal dazu, den Grund für den Ausgang des Verfahrens nicht in der Faktenlage und Ihrem eigenen Handeln zu suchen, sondern dies einer Verschwörung des Gerichts zuzuschreiben.

Ich bin seit Anfang 2009 als Schöffe am Amtsgericht Gütersloh tätig. Die dabei gewonnenen Einblicke in die Abläufe der Rechtsfindung haben bei mir nicht den Eindruck erweckt,das es hier zu unlauteren Einflussnahmen kommt.
Ganz im Gegenteil, hier machen gewissenhafte Richter ihre Arbeit. Sie versuchen den Prozessbeteiligten nach bestem Wissen und Gewissen einen faire Verhandlung zu geben und zu angemessenen und gerechten Urteilen zu kommen, die unseren Gesetzen gerecht werden.

Denoch gibt es auch Kritikpunkte, die ein wirkungsvolles Arbeiten der Justiz erschweren:
Für mich ist es ein großer Mißstand, das durch eine personelle Unterbesetzung der Staatsanwaltschaften viele Fälle nicht bearbeitet werden können und es gar nicht erst zu Anklagen kommt, obwohl ein Interesse der Allgemeinheit daran gegeben ist. Auch die personelle und materielle schlechte Ausstattung von Gerichten führt dazu das z.B. durch Raummangel Verfahren verzögert werden, was zur Unzufriedenheit aller Beteiligten führt.

Im Zusammenhang mit Vorwürfen von Korruption im Amt z.B. bei öffentlichen Vergaben von Ministerien habe ich mehrfach Berichte gelesen, das manche Staatsanwaltschaften sehr zögerlich ermittelt haben, wenn es um Korruptionsdelikte in Behörden geht. Hier muss die Gesellschaft sehr wachsam sein. Ob es gut ist das die Staatsanwaltschaften direkt dem jeweiligen Justizministerium unterstellt sind möchte ich in diesem Zusammenhang in Frage stellen. In anderen Staaten, wie z.B: in Italien ist dies anders geregelt. Dort sind die Staatsanwaltschaften unabhängig. (siehe Dresdner Plädoyer für eine unabhängige Staatsanwaltschaft http://www.gewaltenteilung.de/unab_staatsanwaltschaft.htm )

Zum Grundgesetz:

Das Grundgesetz ist das Rückgrat des demokratischen Deutschlands. Vor 60 Jahren, nach den Schrecken des Naziregimes und des zweiten Weltkrieges, legte das Grundgesetz eine tragfähige Basis für unser Zusammenleben. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes rückten in einer nüchternen Sprache der Vernunft die Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen und die demokratischen Grund- und Freiheitsrechte in den Mittelpunkt. Es ist ein großes Glück, dass diese Kernbestimmungen in der Wirkungsgeschichte des Grundgesetzes und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit Leben erfüllt wurden. Das Grundgesetz gehört zu den großen Aktivposten der deutschen Geschichte.
Das Grundgesetz ist nicht statisch ist,es kann soziale Prozesse und Entwicklungen in sich aufnehmen und Basis sein für die gesellschaftliche Modernisierung, zum Beispiel auch mit Blick auf den ökologischen Umbau unserer Gesellschaft um unsere Lebensgrundlagen nicht zu zerstören. Dringend nötig ist auch die Aufnahme von plebiszitären Elementen, wie Volksbegehren und Volksentscheiden, die für viele Landesverfassungen selbstverständlich sind.

mit freundlichen Grüßen,
Marco Mantovanelli