Frage an Marcus Weinberg bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Marcus Weinberg
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Frage von Andreas S. •

Frage an Marcus Weinberg von Andreas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Weinberg,

als Bürger aus Hamburg-Altona möchte ich meine Verwunderung über Ihre Stimmabgabe beim Thema Internet-Sperren zum Ausdruck bringen. Trotz der größten Online-Petition der Geschichte der BRD haben Sie und viele weitere Abgeordnete die Stimme des Volkes aus meiner Sicht vollkommen ignoriert. Das Ansinnen, Kinderpornographie einen Riegel vorzuschieben, ist ohne Frage wichtig und sollte auf jeden Fall unterstützt werden.

Das beschlossene Gesetz schafft im besten Fall nichts, im schlimmsten Fall wird es ein weiterer bürokratischer Koloss mit der Gefahr, durch (wenn auch nicht beabsichtigte) Fehler Zensur zu üben.

Um dies zu verdeutlichen, zwei Fragen an Sie:
1. Wie lange glauben Sie braucht man, um als Internet-Surfer eine solche Sperre technisch zu umgehen oder aus Sicht des Betreibers die gesperrte Website durch eine neue verfügbar zu machen? Als Referenz fragen Sie ein paar Jugendliche, wie lange diese brauchen, einen Musikhit aus den Charts kostenlos im Internet zu finden. Wenn dies mehr als 1-2 Minuten dauert, wäre ich verwundert. Die Musikindustrie versucht schon seit Jahren mit Millionen-Summen, dies abzustellen. Wie soll dies einer Regierung gelingen?

2. Würden Sie einer Software zustimmen, die im Druckprozess befindliche Zeitungen & Zeitschriften auf mögliche kinderpornographische Inhalte scannt? Würden Sie einer Software zustimmen, die TV-Inhalte während der Ausstrahlung auf kinderpornographische Inhalte scannt und bei konkretem Verdacht bis auf Widerruf den TV-Kanal abschaltet? Würden Sie einer Software zustimmen, die Telefonate abhört und bei konkretem Verdacht die Leitung bis auf weiteres stillegt? Wenn Sie alle 3 Fragen mit ja beantworten, dann wäre Ihr Verhalten konsequent (auch wenn wir dann immer noch nicht einer Meinung wären).

Ich freue mich auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schroeter

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CDU

Sehr geehrter Herr Schoeder,

zunächst möchte ich Ihnen versichern, dass ich den Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet mit der gebotenen Sorgfalt und Sensibilität behandelt habe. Ich erlebe immer wieder, dass bei Diskussionen zu diesem Thema berechtigte Anliegen und ungerechtfertigte Ängste fälschlich miteinander verwoben werden.
Kinderpornographie ist ein abscheuliches Verbrechen. Kinder werden missbraucht und anschließend wird der Missbrauch auch noch vermarktet und damit Geld verdient oder – was genauso schlimm ist – getauscht. Dabei werden die Opfer immer jünger; betroffen sind auch kleine, ja sogar kleinste Kinder. Diese Verbrechen muss man bekämpfen, die Kriminellen ergreifen und ihrem Tun ein Ende setzen. In diesen Punkten sind wir uns einig; nur scheinbar nicht in der Umsetzung und gerade hier gibt es eben nicht die Superlösung. Aber wir müssen etwas gegen diese Abscheulichkeiten tun. Wir müssen besser gegen die Konsumenten von kinderpornographischen Dateien in Kommunikationsnetzen vorgehen können. Der Gesetzentwurf ist ein wichtiger Schritt; ein Signal. Denn Konsumenten bilden die Täter hinter den Tätern, ohne die ein Milliardenmarkt nicht funktionieren würde.

Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist es unerträglich, dass wir in Deutschland bisher noch nicht umfassend gegen die in der zweiten Alternative genannte Beschaffung von kinderpornographischen Schriften vorgegangen sind. Die Bundesregierung hat darüber unter Federführung der BM’in Dr. von der Leyen in den letzten Wochen und Monaten intensive Gespräche und Verhandlungen mit der betroffenen Wirtschaft geführt. Dabei sind zwei Dinge deutlich geworden: Erstens sind die Access-Provider dazu bereit, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren und so die Beschaffungskriminalität einzudämmen. Fünf große Unternehmen haben sich inzwischen auf vertraglicher Basis dazu verpflichtet. Und zweitens brauchen wir eine gesetzliche Regelung. Lassen Sie mich deren wichtigste Punkte hervorheben:
• Alle großen Internetzugangsanbieter werden verpflichtet, durch geeignete technische Maßnahmen den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren. Basis sind täglich aktualisierte Sperrlisten des Bundeskriminalamts.
• Aus präventiven Gründen wird gegenüber den betroffenen Nutzern über eine Stopp-Meldung klargestellt, warum der Zugang zu einem kinderpornographischen Angebot erschwert wird.
• Die Zugangsanbieter haften nur, wenn und soweit sie die Sperrliste des Bundeskriminalamts nicht ordnungsgemäß umsetzen. Die anfallenden Daten können für die Strafverfolgung genutzt werden, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.
• Da mit den Regelungen gesetzgeberisches Neuland betreten wird, sollen sie innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten evaluiert werden.

Besonders wichtig ist mir, klar zu stellen, dass es sich bei der genannten Sperrliste und bei der Verpflichtung der Internet Provider, die auf dieser Liste enthaltenen Internet-Seiten zu sperren, eben nicht um eine Zensur des Internets handelt, bei der der Staat – aus welchen Gründen auch immer – einige Internetseiten sperren lässt, um seine Bürgerinnen und Bürgern mehr oder weniger willkürlich an der Nutzung des Internets zu hindern. Läge die Sache so, würde ich Ihre Bedenken – insbesondere hinsichtlich der Zusammenstellung der Sperrliste und ihrer Überprüfung – uneingeschränkt teilen und den Gesetzentwurf nicht unterstützt haben. Die Sache liegt aber anders, denn hier geht es um die Verhinderung von Straftaten gem. § 184b des Strafgesetzbuches.

In der öffentlichen Diskussion ist leider bisher nicht ausreichend verdeutlicht worden, dass die Einschränkungen des Zugangs und die Strafverfolgung sich nur auf die besondere Struktur des § 184b des Strafgesetzbuches beziehen, d.h. – wie schon oben gesagt – auf die Verschaffung der Kinderpornographie. Es ist nicht daran gedacht, ähnliche Maßnahmen auch bei anderen Rechtsverletzungen zu ergreifen, bei denen z.B. das Betrachten der Seite straflos ist und eine weitere Handlung – möglicherweise ein Download einer Datei – hinzutreten muss, um ein Rechtsgut zu verletzen.
Insofern bin ich fest davon überzeugt, dass dieses Gesetzesvorhaben die Grundrechte der Bürger nicht tangieren wird.
Es ist sehr schwer, konkret quantitativ zu beurteilen, ob und inwiefern dieses Gesetz den Konsum von Kinderpornographie und die Produktion von Kinderpornographie verhindert oder erschwert. Eine Patentlösung wird es nicht geben. Dies sollte uns aber nicht daran hindern, Maßnahmen zu ergreifen, die zumindest einige Straftaten verhindern. Das ist nicht perfekt, aber besser, als den Kopf in den Sand zu stecken.
Mir ist klar, dass das Gesetz kein Allheilmittel ist und Ihre Fragen zeigen einmal mehr wie komplex und schwierig dass Problem ist. Das Gesetz ist ein weiterer Baustein in unserer Gesamtstrategie, die Kinder zu schützen und den Markt für Kinderpornographie soweit es geht auszutrocknen. Es ist höchste Zeit, Signale zu setzen und entschlossen zu handeln. Denn uns alle eint das Ziel: Mehr Schutz für Kinder.

Mit freundlichen Grüßen
Marcus Weinberg