Frage an Marcus Weinberg bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Marcus Weinberg
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Frage an Marcus Weinberg von Heide J. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Weinberg!

Monitor hat Ende November berichtet, dass schon jetzt deutsche Arbeitgeber "in den Startlöchern stehen", um ab 1. Mai mit ostpolnischen Arbeitern billigst westdeutsche Arbeitsplätze besetzen zu können. Was das für unsere Sozialkassen bedeutet (ob durch erhöhte Arbeitslosenzahlen oder noch mehr Aufstocker, die von Niedriglöhnen trotz Fulltimejob nicht leben können), ist ja absehbar. Solch Selbstwert vernichtender Arbeitslohn Ist menschenunwürdig. Wegen der freundlichen Unterstützung aus Berlin und nur 1/3 Lohnkosten halten dänische Schweinemäster und dänische fleischverarbeitende Betriebe schon länger Deutschland für ein Eldorado. Für ihre Zunft sind wir Niedriglohnland, und deshalb haben sie ihre Betriebe zu uns ausgelagert.

Es ist also überfällig, dass flächendeckende Mindestlöhne für alle Arbeitnehmer in Deutschland eingeführt werden. Wenn die Politik wieder im Interesse von Lobbyisten Schlupflöcher schafft - Frau von der Leyen denkt z.B. nur an Mindestlohn für Leiharbeiter - dann wird der Ausbeutung doch wieder Tür und Tor geöffnet. (Es ist doch merkwürdig, dass jeder halbwegs intelligente Mensch sofort die gesetzlichen Lücken erkennt, die Politiker aber unfähig, oder doch wohl eher unwillig sind, die Gesetze so eindeutig abzufassen, dass sie asozialen findigen Arbeitgebern keine Gewinnmaximierung auf Kosten von Steuerzahlern ermöglichen.)

Also, Herr Weinberg, was gedenken sie zu tun, damit nicht der Druck wegen der billigen Konkurrenz weitere (insbesondere weniger qualifizierte) Arbeitnehmer dazu nötigt, Dumpinglöhne zu akzeptieren?

Mit freundlichem Gruß
Heide Jurczek

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Sehr geehrte Frau Jurczek,

vielen Dank für Ihre Frage vom 15.12.2010 auf abgeordnetenwatch.de, in der Sie auf die Frage eines Mindestlohnes in Deutschland eingehen.

Aus meiner Sicht ist ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn entbehrlich. Die Lohnpolitik ist Sache der Tarifpartner. Die Lohnfindung unterliegt dem Wechselspiel zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Bei der Lohnfindung wird über die Lohnhöhe und die Lohnentwicklung entschieden. Die *Tarifautonomie* in der Bundesrepublik Deutschland war und ist ein Erfolgsmodell, das eine hohe Beschäftigung garantiert hat und weiterhin garantieren wird. Selbstverständlich ist aber auch die Wirtschaft insgesamt gefordert, Dumpinglöhnen von sich aus und eigenverantwortlich entgegenzutreten.

Ich unterstütze Bestrebungen, branchenbezogene Mindestlöhne über eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung zu sichern. So konnten wir bereits für viele Branchen Mindestlöhne festlegen. Diesen Weg sollten wir verstärken, damit möglichst viele Arbeitnehmer diesen branchenbezogenen Mindestlohn bekommen. Ein einheitlicher und flächendeckender Mindestlohn würde die Besonderheiten verschiedener Branchen und Regionen ausblenden.

Die Reallöhne, das heißt die preisbereinigten Verdienste, sind übrigens im zweiten Quartal 2010 im Vergleich zum zweiten Quartal 2009 um durchschnittlich 2,3 Prozent gestiegen. Die Verdienste - gemessen am Bruttomonatsverdienst vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer - stiegen im zweiten Quartal 2010 sogar um 3,4 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal 2009, die Verbraucherpreise erhöhten sich im selben Zeitraum nur um 1,1 Prozent.

Hinzu kommt die Tatsache, dass Deutschland im Vergleich zu seinen Nachbarländern bei Wachstum und Beschäftigung auf dem Spitzenplatz in ganz Europa ist. Während in den europäischen Nachbarländern in der Krise die Arbeitslosigkeit anstieg, beispielsweise in Spanien um 60 Prozent, in Frankreich um 23 Prozent und in Großbritannien um 35 Prozent, so stieg sie in Deutschland nur um drei Prozent an. Wir sind die Ersten, bei denen die Beschäftigung wieder anzieht, die Ersten also, die mehr Beschäftigung und weniger Arbeitslosigkeit haben.

Ich bin optimistisch, dass sich daran auch nach dem 1. Mai 2011 nichts ändern wird. Unser Vorteil auf anderen Märkten ist nicht, dass unsere Arbeitskosten am niedrigsten sind. Unser Vorteil ist, dass wir nach wie vor gute Forscher, gute Techniker und eine gute Industrie besitzen, die ihre Ergebnisse schnell in ihre Arbeitsprozesse einbringen. Diesen Weg sollten wir fortsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Marcus Weinberg, MdB