Frage an Maria Böhmer bezüglich Finanzen

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Maria Böhmer
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Frage von Hieronimus S. •

Frage an Maria Böhmer von Hieronimus S. bezüglich Finanzen

Guten Tag Frau Prof. Dr. Böhmer,

ich musste mit erstaunen zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland nun bis zu 88 Mrd. EUR für schlecht wirtschaftende europäische "Partner" zur Verfügung stellt. Mich erschüttert in diesem Zusammenhang die jährlich aufkeimende Debatte um die Hartz IV Empfänger, welche als Schmarotzer dargestellt werden. Immer wieder möchte ein politisches Lager, zuletzt die FDP oder gar ein Wirtschaftsinstitut (IfO), diejenigen schröpfen, die sich am wenigsten wehren können, um dann Geld für Europa oder anderweitige Zwecke rauszuschmeissen.

Frau Merkel spricht ständig von "Augenmaß", hier frage ich mich, welches Augenmaß setzt Frau Merkel denn für unsere "europäischen Freunde" an? Unser Haushalt gerät aus den Fugen, für Europa wird u. U. ein Nachtragsetat notwendig und unsere Gemeinden werden mit ihren finanziellen Nöten allein gelassen.

Welchen Kurs schlagen Sie, bzw. die CDU ein, im Falle eines Wahlsieges bei den Landtagswahlen?

MfG

H.Stein

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CDU

Sehr geehrter Herr Stein,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Die Frage nach dem Euro-Rettungsschirm bewegt derzeit nicht nur Ihr Gemüt. Am Dienstag hatten wir beispielsweise in der Sitzung der CDU/CSU-Fraktion Fraktion eine intensive Debatte über die nun vorliegenden Vorschläge. Auch wir Abgeordneten tun uns hier nicht leicht. Wir befinden uns in einem schwierigen Abwägungsprozess. Auch wenn ich die Bedenken vieler Skeptiker teile, halte ich die nun auf den Weg gebrachten Maßnahmen dennoch im Grundsatz für richtig, und zwar aus zwei Gründen:

Der Euro sichert den Wohlstand in Deutschland.
Auch wenn viele es nicht glauben wollen, die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Es gibt in Europa keine Volkswirtschaft, die in solchem Maße von der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion profitiert wie Deutschland. Den größten Teil unseres Außenhandels betreiben wir mit Staaten dieser Union, ganz ohne Zollbeschränkungen oder Wechselkursschwankungen. Ein stabiler Euro sichert damit deutsche Arbeitsplätze und deutsches Wachstum.

Der Euro sichert den Frieden und die Stabilität in Europa.
Dieser Gedanke kommt mir häufig ein wenig zu kurz. Uns ist es in den letzten Jahrzehnten in Europa gelungen, über wirtschaftliche Zusammenarbeit politische Integration zu erreichen. Die Geschichte ist voll mit Beispielen, bei denen am Anfang einer politischen Kooperation wirtschaftliche Zusammenarbeit stand (denken Sie zum Beispiel nur an den Deutschen Zollverein). Weil Europa nunmehr seit Jahrzehnten von Kriegen und Instabilität verschont geblieben ist, haben wie uns allzu oft an diesen Gedanken wie an eine Selbstverständlichkeit gewöhnt. Daher taucht in der Debatte um den Euro-Rettungsschirm das Argument der friedenssichernden Funktion einer Gemeinschaftswährung gar nicht mehr auf. Ich halte das für einen Fehler. Die auch von Nationalismen geprägten Debatten hier bei uns in Deutschland über Griechenland im letzten Jahr haben mich an diesem Punkt nachdenklich gestimmt.

Das vorliegende Maßnahmenpaket ist nicht alternativlos. Es gibt Alternativen, doch muss man sich die Frage stellen, ob wir diese Alternativen als erstrebenswert betrachten. Scheitert der Euro müssen wir hier in Deutschland mit einer massiven Aufwertung unserer Währung rechnen, mit der Folge, dass zum Beispiel die Rentner, oder auch die von Ihnen angesprochenen Hart IV Empfänger kaum darstellbare Einkommenseinbußen erleiden müssten. Außerdem würden die Exporte einbrechen, weil diese von Zollbestimmungen und Wechselkursrisiken belastet würden. Die Konsequenzen für Arbeitsplätze in Deutschland und die öffentlichen Haushalte liegen auf der Hand.

Aus alldem ergibt sich für mich, dass wir trotz aller berechtigten Bedenken alles dafür tun müssen, den Bestand unserer Gemeinschaftswährung zu garantieren. Dabei ist es wichtig, Schutzmechanismen einzubauen, die verhindern, dass Mitgliedsstaaten einseitig auf Kosten anderer niedrige Steuersätze oder Ineffizienz in den öffentlichen Haushalten finanzieren. Solche Schutzmechanismen sind Teil des Maßnahmenkatalogs und werden einer verantwortungsvollen Politik gerecht.

Der hier auf den Weg gebrachte Maßnahmenkatalog richtet sich nicht gegen Deutschland oder den deutschen Steuerzahler; im Gegenteil: Die Sicherung der Gemeinschaftswährung ist im Interesse Deutschlands, im Interesse unseres Wohlstandes, im Interesse unser Bürgerinnen und Bürger.

Mit freundlichen Grüßen

Maria Böhmer