Frage an Markus Ferber bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Markus Ferber
CSU
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Frage von Stefan P. •

Frage an Markus Ferber von Stefan P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ferber,

nachdem der EU-Reformvertrag nun endlich durchgeboxt wurde, ein paar Fragen:

War der erste Wahldurchgang in Irland ungültig?
Wenn ja, warum? Wenn nein: Warum mußten die Iren zweimal abstimmen?

Hätte Irland im ersten Durchgang positiv für den Vertrag gestimmt, hätte es ebenfalls einen zweiten Durchgang gegeben?
Wer hatte zu bestimmen, daß ein zweites Mal gewählt wurde?

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Pahl

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CSU

Sehr geehrter Herr Pahl,

vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch zu den Referenden in Irland über den Vertrag von Lissabon. Bitte erlauben Sie mir aber, dass ich Ihre Aussagen und Fragen etwas korrigiere.

Es ist richtig, dass in Irland zweimal abgestimmt wurde, aber dazwischen gab es Änderungen am Vertragstext bzw. entsprechende Zugeständnisse an die Iren. Diese Unterscheidung treffen Sie bei Ihrer Art zu fragen leider nicht, das ist aber von entscheidender Bedeutung. Am 12. Juni 2008 ist das erste Referendum über den Vertrag von Lissabon in Irland gescheitert. Dieser erste Wahldurchgang war nicht ungültig, wie Sie schreiben, und das war demnach auch nicht der ausschlaggebende Grund, warum noch einmal abgestimmt wurde. Hintergrund ist folgender: der Vorgängerentwurf des Vertrags von Lissabon, der sogenannte Verfassungsvertrag, ist 2005 in den Referenden in Frankreich und den Niederlanden gescheitert. Danach haben die Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Gipfel im Juni 2005 eine Phase der Reflexion beschlossen und den Ratifizierungsprozess erst einmal gestoppt. Der negative Ausgang der Volksabstimmungen wurde ernst genommen. Erst im Oktober 2007 hat man sich auf den endgültigen Text des Vertrags von Lissabon verständigt.

Generell muss, bevor eine Änderung des europäischen Grundlagenvertragswerks in Kraft treten kann, der neue Vertrag von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Wie das aber ein einzelner Mitgliedstaat macht, wird von den Ländern selbst festgelegt. Das schreibt die EU nicht vor. Daher geschieht das in Deutschland beispielsweise durch eine Zweidrittelmehrheit von Bundesrat und Bundestag, in Irland wird ein Referendum abgehalten.

Nachdem die erste Abstimmung über den Vertrag von Lissabon in Irland negativ verlaufen ist - und natürlich hätte es bei einem positiven Ausgang keine zweite Abstimmung gegeben - hat man die Gründe hierfür erörtert und ist mit den Iren in Verhandlungen getreten. Aufgrund dieses negativen Referendums sollte nicht das gesamte Vorhaben abgebrochen werden. Denn gerade nach der letzten großen Erweiterungsrunde, der Osterweiterung, wurde überdeutlich, dass die europäischen Vertragsgrundlagen angepasst werden müssen, damit die EU wieder in sich handlungsfähig wird. Daher wurden Irland entsprechende Zugeständnisse in den Bereichen, die maßgeblich für das Scheitern des Referendums verantwortlich waren, gemacht, z.B. dass das Abtreibungsverbot durch den Vertrag unberührt bleibt. Im Gegenzug hat Irland ein zweites Referendum zugesagt. Dabei haben die Iren mit 67,1 % ein klares Votum für den Vertrag von Lissabon abgegeben und der Ratifizierungsprozess konnte zu Ende gebracht werden. Seit dem 1. Dezember 2009 ist der Vertrag von Lissabon in Kraft.

Ich hoffe sehr, mit diesen Ausführungen Ihre Fragen ausreichend geklärt zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Ihr
Markus Ferber, MdEP

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