Frage an Martin Gerster bezüglich Verbraucherschutz

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Martin Gerster
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Frage von Wolfgang R. •

Frage an Martin Gerster von Wolfgang R. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Gerster,

was spricht nach Meinung der SPD gegen eine Regelung im EEG, welche die Weitergabe des Börsenstrompreises an alle Verbraucher vorschreibt?

Mit freundlichem Gruß,
Wolfgang Richter

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SPD

Sehr geehrter Herr Richter,

das Verbraucherportal Verivox hat unter der Überschrift "Wie kommt der Strompreis zustande?" sehr gut beschrieben, warum Ihr nachvollziehbarer Ansatz nicht ausreicht, um dem Problem gerecht zu werden.

"Die Handelspreise für Strom in Deutschland entstehen an der Energiebörse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig. Die, gemessen an Teilnehmern und Handelsvolumen, größte kontinentaleuropäische Energiebörse entstand im Jahr 2002 aus der Fusion der bis dahin in Frankfurt am Main ansässigen European Energy Exchange (EEX) mit der Strombörse Leipzig Power Exchange (LPX). Im Jahr 2009 wurde der Spotmarkt für Strom an die Tochterfirma EPEX mit Sitz in Paris ausgelagert.

Die EEX hat rund 200 eingetragene Handelsteilnehmer, die Strom, Gas, Kohle und Emissionszertifikate kaufen und verkaufen. Die Zahl der regelmäßig aktiven Teilnehmer an der Börse ist jedoch weitaus geringer und liegt im zweistelligen Bereich.

Der für Deutschland und weite Teile Mitteleuropas ausschlaggebende Referenzpreis wird "Phelix" (Physical Electricity Index) genannt. Dieser Index gibt den Strompreis für unterschiedliche Zeiträume an.

Im "Spothandel" wird der Strom für den jeweiligen oder darauffolgenden Tag umgesetzt - die Börsenteilnehmer können Stundenlieferungen von Strom bis 75 Minuten vor Beginn der betreffenden Stunde handeln. Ab 15.00 Uhr ist der Handel der Stunden des folgenden Tages möglich. Dieser "Intra-Day-Handel" findet an jedem Tag des Jahres rund um die Uhr statt und wird hauptsächlich genutzt, um kurzfristige Engpässe zu schließen oder überschüssige Kapazitäten zu verkaufen.

Am Terminmarkt der EEX werden "Phelix-Futures" für die nächsten Wochen, Monate, Quartale und Jahre gehandelt. Mit Hilfe dieser Terminkontrakte können sich Stromlieferanten und -versorger langfristig gegen Risiken absichern.

Angesichts der stetig steigenden Strompreise für Endverbraucher in Deutschland wird gerne auf die Preisentwicklung an der Leipziger Strombörse verwiesen. Hier ist jedoch Vorsicht geboten. Denn die verschiedenen, häufig stark schwankenden Tages- und Terminpreise können für die verschiedensten Argumentationen verwendet werden.

Wer etwa auf immer weiter steigende Beschaffungskosten für Strom hinweisen will, kann sich auf die kurzfristigen Spotmarktpreise an der EPEX beziehen. Hier sind Tagesschwankungen von mehreren hundert Prozent keine Seltenheit. Will man die relative Preisstabilität der Beschaffungskosten in den Vordergrund stellen, orientiert man sich an dem langfristig relevanteren Terminmarkt und kann zu anderen Ergebnissen kommen.

In der Debatte um die Strompreise wird den großen Energiekonzernen häufig eine versteckte Einflussnahme auf die Preise an der Strombörse vorgeworfen. Eine Untersuchung des Bundeskartellamtes konnte keine Manipulationen feststellen, räumte aber gleichzeitig ein, dass diese praktisch kaum nachzuweisen wären. Gleichzeitig ist die Strompreisentwicklung an der EEX mit den anderen europäischen Strombörsen vergleichbar, so dass massive Marktmanipulationen unwahrscheinlich erscheinen.

Die meisten Stromlieferanten beziehen nur einen sehr geringen Teil ihrer Elektrizität über die Strombörse EEX. Das an der Börse gehandelte Jahresvolumen an Strom macht nur einen Bruchteil der insgesamt in Deutschland verbrauchten Strommenge aus. Der größte Teil wird über direkte Lieferverträge und andere Großhandelsplattformen gehandelt. Für direkte Lieferverträge und andere Großhandelsplattformen werden jedoch die an der EEX ausgehandelten Preise als Referenzen und Standardwerte herangezogen.

Stromversorger mit eigenen Kraftwerken sind von diesen Preisen natürlich weitaus weniger abhängig, da sie nur wenig oder gar keine Elektrizität zukaufen müssen. Die tatsächlichen Kosten der Stromversorger und -händler hängen außerdem davon ab, zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Preis wie viel Strom eingekauft wurde. Hier lassen sich die Unternehmen ungern in die Karten schauen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eindeutige Rückschlüsse vom Strompreis an der Börse auf die Endverbraucherpreise nicht möglich sind. Nur ein Bruchteil des tatsächlich verbrauchten Stroms wird an der Börse gehandelt, die Einkaufspolitik der Energieversorger ist unbekannt und der Großhandelspreis macht nur etwa ein Drittel des Endpreises aus. Die Verbindung von Strombörsenpreis und Endverbraucherpreis ist komplex und kann daher für die verschiedensten Zwecke instrumentalisiert werden."

Eines ist jedoch hinzuzufügen: Der Preisrückgang der Börsenstrompreise am Spot- bzw. Terminmarkt wird nicht an die Verbraucher weitergegeben. Es profitieren derzeit vor allem die Stromeinkäufer, Großabnehmer und die energieintensiven Unternehmen von den niedrigen Börsenstrompreisen. Viele dieser Unternehmen sind i.d.R. auch noch von der EEG-Umlage oder den Netzentgelten teilweise oder ganz befreit.

Für die Endverbraucher und das Kleingewerbe wird die EEG-Umlage hingegen voll in den Strompreis eingepreist, so dass es zu einer einseitigen Verteuerung des Strompreises kommt. Je niedriger der erzielte Börsenstrompreis für EEG-Strom und je höher die Menge des erzeugten EEG-Stroms ist, umso stärker steigt auch die EEG-Umlage an. Gegenüber der steigenden EEG-Umlage wird der Preissenkungseffekt kaum thematisiert. Dies wiederum hängt mit dem oben beschriebenen Umstand zusammen, dass zahlreiche Stromversorger gar keinen billigen Börsenstrom kaufen, sondern haben einen risikolosen Versorgungsvertrag mit einem der großen Stromerzeuger und Vorlieferanten über mehrere Jahre geschlossen. Die Strom-Einkaufspreise sind dann für den Vertragszeitraum fix und schwanken nicht wie an der Börse. Günstige Einkaufspreise können nicht genutzt werden. Die Veränderungen bei der EEG-Umlage kommen dann mit der Begründung einer "staatlichen Abgabe" auf den Strompreis für den Verbraucher noch hinzu.

Ich stimme Ihnen insofern zu, dass wir mit der Art und Weise nicht zufrieden sein können, wie sich die Belastung der Endverbraucher bei den Strompreisen entwickelt. Eine sinnvolle Lösung kann aber nicht allein beim Börsenstrompreis ansetzen, da dieser nur sehr bedingt ausschlaggebend für den Endverbraucherpreis ist.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Gerster

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