Frage an Martin Lindner bezüglich Staat und Verwaltung

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Martin Lindner
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Frage von Kai-Michael B. •

Frage an Martin Lindner von Kai-Michael B. bezüglich Staat und Verwaltung

Guten Tag Herr Dr. Linder,

sie fordern immer wieder gerne einen Personalabbau im öD, damit die Effizienz gesteigert wird. Eine bescheidene Frage:

Manche Rechtsgrundlagen, nach denen der Berliner öD zu handeln hat, sind Bundesgesetze. Ich spreche konkret den Bereich der Finanzämter an. Die Gesetzgebungshoheit hat der Bundestag nebst Bundesrat. Die Verwaltungshoheit dagegen die Bundesländer und die Ertragshoheit liegt beim Bund, den Bundesländern und den Kommunen. Ist das nicht ein Widerspruch? Müßte m.E. so etwas nicht alles durch den Bund geregelt werden, so dass eine Bundessteuerverwaltung unumgänglich ist?

Vielen Dank.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Becker,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage.

Berlin muss auch seine Verwaltung verkleinern. Das ist eine haushaltspolitische Notwendigkeit, die von allen im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien geteilt wird. Das Land Berlin beschäftigt rund 131.000 Angestellte im unmittelbaren Landesdienst und weitere 58.000 in den landeseigenen Betrieben. Im Ländervergleich leistet sich Berlin rund 30 % zu viel Personal. Allein für die öffentliche Verwaltung gab Berlin 2005 rund 6,7 Mrd. Euro für Personal aus und das bei eigenen Steuereinnahmen von rund 8,1 Mrd. Euro. Somit verwendet Berlin 83 % seiner Steuereinnahmen fürs Personal. So fehlt uns das Geld für Bildung, gute Schulen und Investitionen in neue Technologien. Um nicht unsere Zukunft zu verspielen, müssen wir bis zum Jahre 2012 im öffentlichen Dienst auf 100.000 Stellen zurückgehen. Das macht uns keine Freude, aber wir sagen Ihnen die Wahrheit. Berlin wird sich diese große Verwaltung nicht mehr unbegrenzt leisten können. Wenn wir aber in Berlin mehr Investionen haben, mehr Betriebe ansiedeln, entstehen so mehr Arbeitsplätze in der Stadt.

Ich glaube, dass wir diese Einsparungen primär durch eine Überprüfung der derzeitigen Aufgaben (Aufgabenkritik) der Berliner Verwaltung erreichen. Wir müssen klären, welche Aufgaben der Staat nur noch zu gewährleisten hat und nicht selbst erbringen muss. Und von welchen Aufgaben er sich vollständig trennen kann. Weiter muss in diesem Zuge das Verfahrensrecht vereinfacht und vor allem für Bürger und Unternehmen berechenbar gestaltet werden. So sollen Genehmigungsverfahren soweit wie möglich in Anzeigeverfahren umgewandelt werden. Für sämtliche Verfahren ist eine verbindliche Höchstdauer der Bearbeitungszeit festzulegen. Sollte binnen dieser Fristen dem antragstellenden Bürger bzw. Unternehmen ein Bescheid der Behörde nicht zugehen, soll fortan die Genehmigung im begehrten Umfange als erteilt gelten (Genehmigungsfiktion). Die bisherigen Bemühungen des Senats taugen allerdings noch nicht mal für eine bruchstückhafte und kurzfristige Verwaltungsmodernisierung.

Aber Sie haben Recht, dass auch die Finanzverwaltung wie die Verteilung der Steuerarten generell einer kritischen Überprüfung bedarf. Meine Partei setzt sich für eine klare Aufgabentrennung zwischen Bund und Ländern ein. Die FDP möchte einen fairen finanzpolitischen Wettbewerb der Länder untereinander ermöglichen. Eine klare Trennung der Steuerarten und ein eigenes Heberecht der Bundesländer bei allen Landessteuern halte ich für erforderlich. Im Rahmen einer solchen Föderalismusreform II muss geprüft werden, ob sich Effizienzgewinne in der Finanzverwaltung realisieren lassen. Sie wird daher mit Sicherheit Inhalt zukünftiger Diskussionen sein, denn das Ziel der Liberalen ist eine zeitnahe Verhandlung über die Neuordung der Finanzbeziehungen als 2. Stufe der Föderalismusreform.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Dr. Martin Lindner