Frage an Martin Rosemann bezüglich Verkehr

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Martin Rosemann
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Frage von Hannefriedel M. •

Frage an Martin Rosemann von Hannefriedel M. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Herr Rosemann,

wie stehen Sie als Abgeordneter meines Wahlkreises dazu, dass die Bundesregierung die Privatisierung der Autobahnen bzw. deren Instandhaltung plant? Erfahrungsgemäß führen Privatisierungen dieser Art zu mehr Kosten für den Steuerzahler bei schlechterer Leistung. Sind sie dafür, dass private Unternehmen wie Allianz, Deutsche Bank, Ergo und Verbündete die Refinanzierungskosten für die überregionalen Straßenverkehrswege zur eigenen Profitsteigerung und zu Lasten des Steuerzahlers von 0,5% auf 3 - 5 % anheben sollen? Sollen die Steuerzahler darüber hinaus auch noch die Risiken tragen?

Mit freundlichen Grüßen
Hannefriedel Meyer-Faude

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Sehr geehrte Frau Meyer-Faude,

vielen Dank für ihr Schreiben zum Thema der zukünftigen Infrastrukturfinanzierung. Aufgrund des in der nächsten Woche erwarteten Berichts der Expertenkommission des Bundeswirtschaftsministers zur Stärkung von Investitionen in Deutschland und die vorab bekannt gegebenen Ergebnisse, ist dieses Thema sehr aktuell.

Die Mehrheit der Kommission spricht sich in dem Bericht in der Tat dafür aus, Modelle unter Beteiligung privaten Kapitals stärker als bisher in den Blick zu nehmen. Dadurch soll der aktuelle Investitionsstau bei der öffentlichen Infrastruktur von ca. 90 Milliarden Euro möglichst schnell aufgelöst werden. Die Gewerkschaftsseite in der Kommission plädiert hingegen dafür, die benötigten Mittel im Rahmen von Steuererhöhungen und neuen Schulden zu generieren.

Was den von Ihnen angesprochenen Punkt der Finanzierung von Autobahnen unter Beteiligung von privaten Kapitalgebern angeht, kann ich zurzeit ebenso wenig wie Sie einen Vorteil für die Bürgerinnen und Bürger erkennen. Der Staat kann in der jetzigen Niedrigzinsphase zu sehr niedrigen Zinsen langfristige Kredite aufnehmen. Diese niedrigen Zinsen stehen privaten Geldgebern nicht in diesem Umfang zur Verfügung. Die meist im Rahmen solcher öffentlich-privater Finanzierungsmodelle vereinbarten Garantiezahlungen an die privaten Auftragnehmer liegen deutlich über den Zinsen, die der Staat dafür an den Kapitalmärkten zahlt. Dadurch entstehen zunächst einmal Mehrkosten für die öffentliche Hand. Das Besondere an der öffentlichen Infrastruktur ist ja, dass der Staat sie auf jeden Fall zur Verfügung stellen muss. Das bedeutet, dass das Risiko nie vollständig auf einen privaten Investor übergehen wird, da ja am Ende immer der Staat für die Bereitstellung bzw. Verfügbarkeit garantieren muss. Diese Konstellation hat leider in der Vergangenheit dazu geführt, dass bei Pleiten der privaten Auftragnehmer erhebliche Mehrkosten auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zugekommen sind. Auch konnte in vielen Fällen das Versprechen der privaten Bauunternehmen, günstiger und schneller als die öffentliche Hand zu bauen, nicht eingehalten werden, siehe Elbphilharmonie. Ein weiteres Problem liegt in der mangelnden Transparenz der manchmal mehrere tausend Seiten umfassenden Vertragswerke zwischen Staat und privatem Bauherr bzw. Betreiber. Die Fallstricke und Risiken solcher Verträge sind für die regionalen Entscheidungsträger kaum zu überschauen.

Sie sehen, dass ich wie Sie der Beteiligung privater Unternehmen an der Infrastrukturfinanzierung sehr kritisch gegenüberstehe. Die Diskussion darüber wird in den kommenden Wochen und Monaten sicher an Fahrt aufnehmen.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Rosemann

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