Frage an Martin Schwanholz bezüglich Umwelt

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Martin Schwanholz
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Frage von Renate Dr. m. •

Frage an Martin Schwanholz von Renate Dr. m. bezüglich Umwelt

Unterstützen Sie Herrn Gabriel in Hinblick auf seine ursprünglichen Forderungen nach einem Kohlekraftwerksbau-Moratorium?
Treten Sie für eine sofortige Stilllegung von Krümmel ein, auch wenn sich Vattenfall dagegen gerichtlich wehren wird?

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Sehr geehrte Frau Dr. Vestner-Heise,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de. Ich werde Ihnen gerne alsbald meine Stellungnahme zukommen lassen. Sollten Sie darüber hinaus weitere Fragen oder Anregungen haben, so können Sie sich auch jederzeit gerne direkt an mich wenden, z.B. über meine E-Mail-Adresse martin.schwanholz@bundestag.de .

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Martin Schwanholz, MdB

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Sehr geehrte Frau Dr. Vestner-Heise,

noch einmal vielen Dank für Ihre Anfrage vom 6. Juli 2009.

Der Störfall im AKW Krümmel hat gezeigt, dass Atomkraftwerke ein hohes Sicherheitsrisiko bergen. Damit ist ein Atomausstieg allein aus Sicherheitsgründen geboten. Die SPD hält im Rahmen ihrer Energiepolitik weiterhin am Atomausstieg fest. Krümmel bestätigt unsere Energiepolitik und beweist, dass die SPD mit ihrer Forderung nach einem Atomausstieg auch verantwortungsvoll handelt.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hat die Position der SPD zur Atompolitik nach dem Vorfall in Krümmel erneut deutlich gemacht: Das langfristige Ziel der SPD ist, vollständig aus der Atomenergie auszusteigen. Bis 2020 sollen in der Bundesrepublik Deutschland flächendeckend alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Auch ich teile die Auffassung, dass Atomkraft langfristig keine Antwort auf eine effiziente Energiepolitik ist. Es muss sichergestellt werden, dass Zwischenfälle wie im AKW Krümmel zukünftig nicht mehr vorkommen.

Weiterhin wird die Rolle der Atomenergie überschätzt: Bei der globalen Energieversorgung liegt der Anteil der Atomenergie gerade einmal bei 2,5 % (Stand: 2006). Atomenergie trägt damit kaum zur Wärme- oder Kraftstoffversorgung bei – im Gegensatz zu den Erneuerbaren Energien, ihr Anteil liegt bereits bei 19,4 % (Stand: 2006). Auch ist Atomenergie zur Sicherung der Energieversorgung in Deutschland nicht zwingend notwendig: Zukünftig kann ein großer Anteil der Energieerzeugung durch Erneuerbare Energien gesichert werden. Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist darüber hinaus zu jeder Stunde gesichert, weil durch den Kraftwerksbestand und den aktuellen Neubau von 12 Kraftwerken genügend Leistung im System verfügbar sein wird. So lässt sich sogar eine Stilllegung der Atomkraftwerke ausgleichen. Ein beschleunigter Atomausstieg ist damit machbar – Versorgungssicherheit und auch Klimaschutz sind dadurch nicht gefährdet.

Aufgrund der hohen Sicherheitsrisiken bei älteren Kraftwerken spricht sich Bundesumweltminister Gabriel ausdrücklich gegen eine Laufzeitverlängerung für ältere Kraftwerke aus. Gerade ältere Kraftwerke weisen in der Regel geringere Sicherheitsreserven auf, haben tendenziell eine höhere Anzahl meldepflichtiger Ereignisse (wie z. B. der Transformatorenbrand in Krümmel am 28. Juni 2007) und haben einen schlechteren Schutz gegen terroristische Angriffe. Bei dem AKW Krümmel handelt es sich um einen Siedewasserreaktor der Baulinie 1969: Damit ist Krümmel konzeptionell als ein Alt-Reaktor einzustufen. Der Vorfall in Krümmel hat nun bewiesen, dass auch moderne Sicherheitsvorkehrungen bei älteren Kraftwerken keinen absoluten Schutz mehr bieten können.

Daher muss es Gesetzesverschärfungen, die zu einer rascheren Stilllegung alter Reaktoren führen, geben. Wir brauchen keine Verlängerung der Restlaufzeiten, sondern eine Beschleunigung des Atomausstiegs. Ältere Kernkraftwerke sind genau die Prüfsteine, ob die Forderung nach mehr Sicherheit ernst gemeint ist oder ob es sich dabei nur um eine bloße "Atom-Ideologie" handelt.

Krümmel hat seit Inbetriebnahme im Jahr 1984 bereits 313 meldepflichtige Ereignisse verzeichnet und liegt damit deutlich über dem Durchschnitt. Auch verfügt es über hohe Stillstandszeiten von ca. 25%, andere nach 1980 gebaute Atomkraftwerke haben Durchschnittswerte von nur 13% oder weniger. Daher ist nun eine umfassende Sicherheitsüberprüfung der Anlage durch die schleswig-holsteinische Atomaufsicht sowie eine anschließende Nachrüstung zwingend erforderlich. Sollte Krümmel die nötigen Sicherheitsvorkehrungen nicht mehr erfüllen können, so ist eine sofortige Stilllegung noch in diesem Jahr zu erwägen – auch wenn sich Vattenfall dagegen wehren sollte. Dann müssen die Strommengen von Krümmel auf ein neueres Netz übertragen werden.

Abschließend möchte ich betonen, dass die SPD sich für eine nachhaltige Energiepolitik stark macht, die auf erneuerbare Energien setzt. Unsere Energiepolitik sieht einen effizienteren Energiemix aus konventionellen Brennstoffen und erneuerbaren Energien vor. Dieser Mix ist wichtig, denn nur so kann die Energieversorgung 100%ig gewährleistet werden. Noch sind fossile Kraftwerke sind weiterhin nötig, da nur sie bei Windstille oder bei hoher Nachfrage eine ausreichende Stromproduktion sichern. Sie werden aber immer seltener laufen müssen. Auch plädieren die SPD und der Bundesumweltminister dafür, dass noch nicht im Bau befindliche Kohlekraftwerke in Zukunft nur noch dann genehmigt werden, wenn sie über eine Abscheide- und Abspeichertechnik für CO2 verfügen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiter helfen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Martin Schwanholz