Frage an Martina Gregersen bezüglich Wirtschaft

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Martina Gregersen
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Frage von Mark S. •

Frage an Martina Gregersen von Mark S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Gregersen,

in dieser Angelegenheit wende ich mich zwar direkt an Sie persönlich, wobei mir auch die generelle Haltung Ihrer Partei zu der von mir vorgebrachten Frage von Bedeutung ist.

Die Hamburger Sparkasse AG, als das größte Kreditinstitut in Hamburg, tritt nach Außen als Sparkasse auf, obwohl sie im rechtlichen Sinne keine öffentlich-rechtliche Sparkasse ist. Sie ist somit auch nicht dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband angeschlossen. Beides ist für den Laien nicht ohne weiteres erkennbar. Die Mehrheit verläßt sich deshalb viel mehr auf die Marke "Sparkasse" und geht somit auch von bestimmten Mindeststandards aus.

Dazu gehört u.a. auch die "Selbstverpflichtung zum Girokonto für jedermann".

Das gilt in dieserm Rahmen aber nicht für die Hamburger Sparkasse AG . Sie verweist auf ihre "Nichtmitgliedschaft" im Deutschen Sparkassen- und Giroverband (dieser hat die Selbstverpflichtung für alle Mitgliedssparkassen unterschrieben). Auch eine freiwillige Verpflichtung ist sie nicht eingegangen.

Sicher muss hier genannt werden, dass die Hamburger Sparkasse AG zahlreiche Guthabenkonten eröffnet hat und diese im Rahmen einer "speziellen" Sachbearbeitung führt. Ich verweise hier u.a. auf die aktuellen Berichte.

Gleichzeitig ist jedoch auch eine vermehrte Kündigungswelle und Kontoeröffnungsverweigerung festzustellen. Dieses in der Regel bei "unbeliebten" Kunden, die sich oft nicht selbstständig helfen können. Trotz intensiver Interventionen durch Dritte ist die Hamburger Sparkasse AG oft nicht bereit an ihren Entschlüssen etwas zu ändern. Es werden oft "scheinheilige" Gründe angegeben und letztendlich wird dann auf die nicht unterzeichnete Selbstverpflichtung hingewiesen.

Dieses führt dazu, dass immer mehr BürgerInnen in Hamburg kein Konto bekommen bzw. dieses verlieren. Die Folgen, auch für die Freie und Hansestadt Hamburg, sind bekannt.

Daran wird auch der neue Vorschlag des Bundesjustizministeriums nichts ändern, denn ein einklagbarer Anspruch im Rahmen einer gestärkten Selbstverpflichtung auf ein Girokonto würde für die Hamburger Sparkasse AG wieder keine Gültigkeit besitzen.

Dieses kann meiner Meinung nach nicht das Ziel einer solchen Selbstverpflichtung sein. Gerade unter Berücksichtigung des filialmäßigen und wohnraumnahen Verbreitungsgebietes der Hamburger Sparkasse AG, bei gleichzeitigem Auftritt als "Sparkasse", würde dieses eine weitere Verschlechterung der Situation für bestimmte Gruppen von Hamburgern bedeuten.

Was kann in dieser Angelegenheit unternommen werden. Welchen Einfluss kann die Politik nehmen? Wäre ein gesetzlicher Anspruch nicht sinnvoller?

Mit freundlichen Grüssen

Mark Schmidt-Medvedev

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schmidt-Medvedev,

vielen Dank für Ihre Frage. Sie sprechen damit ein Thema an, das mir sehr am Herzen liegt. Ein Girokonto zählt heutzutage zum selbstverständlichen Grundbedarf des täglichen Lebens. Der bargeldlose Zahlungsverkehr ist einfach unumgänglich. Wer davon ausgeschlossen ist und bleibt, muss übel darauf zahlen.

Bereits im April 2004 hat die GAL-Fraktion auf meine Initiative hin einen Antrag (Drucksache 18/159) in die Hamburgische Bürgerschaft eingebracht, in dem der Senat aufgefordert wurde, sich bei den Hamburger Banken und Sparkassen dafür einzusetzen, dass diese Girokonten auf Guthabenbasis gewähren.

Einerseits sollte damit die fortwährende Ausgrenzung einkommensschwacher Haushalte aus dem normalen Wirtschaftsleben beendet werden. Andererseits galt es, zusätzliche Belastung dieses Personenkreises durch Gebührenerhebung bei Bareinzahlungen einen Riegel vorzuschieben, eine Praxis, die leider auch weiterhin zur weiteren finanziellen Schwächung dieser Menschen beiträgt. Jedoch wurde der Antrag, der keinerlei Kosten von Seiten der Stadt aber viele Vorteil für die Betroffenen bedeutet hätte, von der CDU-Mehrheit in der Bürgerschaft abgelehnt.

Offensichtlich verfährt die Hamburger Sparkasse gegenwärtig nach rein willkürlichen Erwägungen: Einerseits gibt es Konten auf Guthabenbasis - verbunden mit der nicht minder diskriminierenden Praxis der besonderen Kennzeichnung dieser Konten - , andererseits aber offensichtlich nicht für jeden einkommensschwachen Haushalt. Das muss so nicht hingenommen werden. Im Rahmen seiner Aufsichtspflicht über die Hamburger Sparkasse ist der Senat sehr wohl in der Lage, auf das Geschäftsgebaren der Hamburger Sparkasse in dieser Frage Einfluss zu nehmen, nicht zuletzt, da im Falle von staatlichen Transferleistungen (z.B. Arbeitslosengeld I und II) ein nicht unerheblicher Teil für die oben genannten Gebührenerhebung aufgewendet werden muss, Teile staatlicher Gelder also nicht bei den Hilfebedürftigen ankommen, sondern an die Hamburger Sparkasse fließen.
Eine gesetzliche Regelung, die Sie mit Ihrer Frage ansprechen, ist meines Erachtens nur bundesweit möglich und wäre sehr wünschenswert. Eine Auseinandersetzung über diese Frage wurde in der Vergangenheit auch im Bundestag geführt. Nachdem der 2. Bericht der Bundesregierung im Jahr 2004 (Bundestagsdrucksache 15/2500) erneut gezeigt hatte, dass die im zentralen Kreditausschuss zusammengeschlossenen Spitzenverbände der Bankwirtschaft und der Sparkassenverbände ihrer Selbstverpflichtung aus dem Jahre 1995 weiterhin nicht nachkommen, brachte die grüne Bundestagsfraktion im März 2006 einen Antrag in den Bundestag ein, der ein gesetzlich verankertes Recht auf ein Girokonto auf Guthabenbasis fordert (Bundestagsdrucksache 16/818). Diesem Anliegen stimme ich voll und ganz zu. Allerdings wurde auch dieser Antrag abgelehnt.

Die gegenwärtige Situation sowohl auf Bundesebene, als auch in Hamburg und hier speziell bei der Hamburger Sparkasse kann so nicht weiter hingenommen werden. Daher werde ich mich auch weiterhin für ein Girokonto auf Guthabenbasis einsetzen. Solange dieses aber noch nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, Banken und Sparkassen ihrer Selbstverpflichtung nicht nachkommen und weiterhin Konten verwehren, sollten sich die Betroffenen an die Politiker ihrer Wahl mit der Bitte um Unterstützung wenden. Dieses ist zwar keine politische Lösung, hat aber im Einzelfall immer sehr geholfen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Martina Gregersen