Was tun Sie gegen die weitere Kapitalisierung auf dem Gesundheitssektor, dem Verkauf von Gesundheitsleistungen an die Börse?

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Matthias Gastel
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Alexander S. •

Was tun Sie gegen die weitere Kapitalisierung auf dem Gesundheitssektor, dem Verkauf von Gesundheitsleistungen an die Börse?

https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2022/Spekulanten-greifen-nach-Arztpraxen,arztpraxen112.html?mc_cid=2ed6e3b499&mc_eid=eeff8ee1ff
Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit haben Finanzinvestoren in den vergangenen Jahren hunderte Arztpraxen in Deutschland aufgekauft.
So hat etwa ein Londoner Finanzinvestor seit 2019 über einen Fonds in Luxemburg mehrere regionale Verbünde in Schleswig-Holstein gekauft und zu einer Kette mit dem Namen "Sanoptis" zusammengeführt. Sie beschäftigt nun in Kiel offenbar mehr als die Hälfte aller ambulanten Augenärzte.
Schon jetzt unterstützt der Staat mit Steuergeldern das Minus in den Krankenkassenbudgets - letztes Jahr mit 28 Milliarden EURO Steuergeldern.
Dank der CDU-Politik der vergangenen 16 Jahre wird auch der Gesundheitssektor jetzt massiv an die Börse gebracht. Das heißt in Zukunft noch mehr Gewinne der Vorstände und Aktionäre. Was wird uns die Gesundheit in Zukunft kosten, wenn diese 15% Gewinne machen müssen? Und was tun Sie dagegen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Zuschrift. Als Verkehrspolitiker bin ich bei diesem Thema auf die Zuarbeit meiner Kolleg*innen innerhalb der Fraktion angewiesen. Gern leite ich Ihnen die Position der Fraktion weiter:

Uns Grünen ist die Gemeinwohlorientierung der gesundheitlichen Versorgung wichtig. Darum haben wir im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass die Krankenhausfinanzierung sich an den tatsächlichen Bedarfen orientiert und um eine erlösunabhängige Vorhaltepauschale ergänzt wird. Zudem werden wir ein Pflegepersonalbemessungsinstrument im Krankenhaus einführen. In der Langzeitpflege werden wir den Ausbau der Personalbemessung ebenfalls voranbringen und für eine bessere Vergütung der Pflegekräfte sorgen. Außerdem wollen wir das Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) um innovative quartiernahe Wohnformen erweitern, die sich am Bedarf der pflegebedürftigen Menschen vor Ort orientieren und bei denen die Kommunen konkrete Mitgestaltungsmöglichkeiten haben.

Schließlich wollen wir die Gründung von kommunal getragenen Medizinischen Versorgungszentren und deren Zweigpraxen erleichtern und dafür bürokratische Hürden abbauen. Entscheidungen des Zulassungsausschusses müssen künftig durch die zuständige Landesbehörde bestätigt werden.

Der Einfluss ökonomischer Interessen von Finanzinvestoren/PEG im Gesundheitswesen/MVZs, wie zuletzt medial berichtet, muss tatsächlich engmaschig beobachtet und transparent gemacht werden.  Spekulationen und Renditeorientierung dürfen nicht die Leitplanken der Versorgung sein, sondern die Qualität und das Interesse am Gemeinwohl in der Versorgung.

Wir teilen das Grundanliegen, mehr Transparenz über Eigentümerstrukturen und Rendite-Abfluss in der Versorgung zu schaffen. Eine sachgerechte Antwort auf diese Entwicklungen mit weitergehenden Maßnahmen, die mehr Transparenz schaffen, muss aktuell geprüft werden.

Uns ist wichtig, dass die Versorgung der Bürger*innen stets im Vordergrund steht und eine gute ambulante Versorgung  deswegen nicht von einer Renditeoptimierung negativ beeinflusst wird. Wir haben uns, wie auch im Koalitionsvertrag festgehalten, vorgenommen die sektorübergreifende und regionale Versorgung zu stärken und auch Vergütungsreformen anzugehen, damit das Gesundheitswesen zukünftig bedarfsgerechter ist.

Das alles sind Maßnahmen, die die Versorgung im Sinne der Patientinnen und Patienten sowie der Pflegebedürftigen verbessern.

Was die Steuergelder betrifft, die in die gesetzliche Krankenversicherung geflossen sind, so gilt es hier, zwischen pandemiebedingten und anderen Ausgaben zu unterscheiden. Die Ausgaben der GKV in den letzten beiden Jahren sind vor allem aufgrund der Pandemie sehr gestiegen: Impfstoffe und Arzneimittel, das Impfen selbst, die Testungen wurden finanziert, dazu kamen Rettungsschirme für Krankenhäuser und verschiedene Berufsgruppen und vieles andere mehr. Es wäre unverantwortlich gewesen, diese Kosten allein der GKV, also den Beitragszahlern, aufzubürden. Darum gab es einen Ausgleich aus Steuermitteln.

Es ist allerdings richtig, dass es für die GKV auch in Nichtpandemiezeiten einen Steuerzuschuss gibt. Er dient dazu, die sog. versicherungsfremden Leistungen oder auch gesamtgesellschaftlichen Aufgaben zu finanzieren. Das halten wir für angemessen. Wir wollen jedoch nicht, dass die GKV grundsätzlich stärker steuerfinanziert wird.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Gastel

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