Frage an Matthias Güldner von Friedrich S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Kandidat,
befürworten Sie die Trennung von Staat und Religion(en) und würden Sie sich als Abgeordneter der nächsten Bürgerschaft für die Neutralität Bremens in religiösen und weltanschaulichen Belangen einsetzen?
Vielen Dank für Ihre Antwort im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Friedrich Schmidt
Sehr geehrter Herr Schmidt,
Ihre sehr interessante Frage ist Gegenstand umfangreicher Abhandlungen. Hier - aus Platzgründen etwas gerafft - meine Meinung: Die Trennung von Staat und Religion ist im Grundgesetz bereits festgeschrieben. In Artikel 137 (1) heißt es: "Es besteht keine Staatskirche." Und in Artikel 136 wird meines Erachtens die Unabhängigkeit staatlicher Entscheidungen von religiöser Zugehörigkeit in umfassender Weise definiert: "(1) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt. (2) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis." Gleichzeitig steht im Grundgesetz in Artikel 4 (1-3) die Religionsfreiheit des Einzelnen als Grundrecht festgeschrieben. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns als Politker und als staatliche Organe insgesamt. Dieses Spannungsfeld ist meines Erachtens von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes mit Bedacht in einer ausgewogenen Balance gehalten worden. Sie einseitig in die eine oder andere Richtung aufzulösen, halte ich für nicht notwendig und auch nicht für wünschenswert. Wir haben mit unserem Grundgesetz in der Summe gute Erfahrungen gemacht.
Für Bremen heißt das aber auch, das wir die Anwendung und Umsetzung dieser Prinzipien immer wieder überprüfen und ggf. neu feinjustieren müssen. Ich setzte mich schon in der letzten Wahlperiode dafür ein, dass wir den in Bremen - aufgrund einer speziellen Klausel im Grundgesetz einzigartigen - so genannten "Unterricht in Biblischer Geschichte auf allgemein-christlicher Grundlage" weiterentwicklen zu einem nicht-bekenntnisgebundenen religionskundlichen Unterricht, in dem alle Weltreligionen und selbstverständlich auch die atheistische Grundeinstellung angemessen behandelt und den SchülerInnen näher gebracht werden. Dies wollen wir in der neuen Wahlperiode verwirklichen. Die in Bremen abgeschlossenen Staatsverträge mit einigen Kirchen und Religionsgemeinschaften sehe ich nicht als Verletzung der im Grundgesetz gebotenen Trennung von Staat und Religion an. Sie sind Verträge zwischen zwei unabhängigen Partnern, in denen die gegenseitigen Beziehungen geregelt werden, aber keine Vermischung der jeweiligen Sphären stattfindet. Ich bin dafür, dass nach und nach auch mit anderen Religionsgemeinschaften, wie den Muslimen, entsprechende Verträge abgeschlossen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Güldner