Können Sie ein Ende der Sonderstellung der katholischen und evangelischen Kirche im Bundestag beantragen?

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Matthias Miersch
SPD
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Frage von Julian P. •

Können Sie ein Ende der Sonderstellung der katholischen und evangelischen Kirche im Bundestag beantragen?

Sehr geehrter Herr Miersch,

es gibt einige Sonderrechte der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland. Rechte, die kein Unternehmen (Arbeitnehmerrechte beschränkt), Verein (Einzug der Mitgliedsbeiträge durch den Staat) oder sogar der Staat (Kündigung, weil eine Person schwul ist) hat. Dies ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar (Trennung von Kirche und Staat). Ich bitte Sie und Ihre Partei hiermit, sich dafür einzusetzen, dass die Kirchen, welche weniger als 50 % der Bevölkerung vertreten, keine Sonderrechte behalten dürfen, die noch vom Kaiser vergeben wurden,

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr P.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Gerne werde ich Ihnen nachfolgend meine Sichtweise zur Stellung von Kirchen und Religionsgemeinschaften darlegen.

 

Für mich ist zunächst festzuhalten, dass Kirchen und Religionsgemeinschaften einen prägenden Einfluss auf unsere Gesellschaft haben. Ihre Anschauungen von Wirklichkeit und Welt sind für viele Bürger:innen Antriebsfeder, für andere da zu sein. Die von Ihnen thematisierte katholische sowie evangelische Kirche bieten den Menschen in jeder Lebensphase Angebote, ihnen zur Seite zu stehen. Beispielsweise weisen kirchliche Einrichtungen im Bereiche der Kinderbetreuung oder Pflege hohe Standards auf und sind im Sinne des Subsidiaritätsprinzips in Deutschland, wonach der Staat für bestimmte Aufgaben Träger finden muss, die im Sinne der Menschen handeln. Im Zentrum des karitativen und diakonischen Handelns steht der Mensch, nicht die Rendite. Aus meiner Sicht hat sich das Verhältnis von Staat und den Kirchen und das verfassungsmäßige Miteinander bewährt, weswegen hier für mich keine grundsätzliche Neuverständigung geboten ist.

 

Sehr geehrter Herr P., jenseits dieser grundsätzlichen Gedanken gibt es natürlich dennoch an einigen Stellen Handlungsbedarf, beispielsweise mit Blick auf das von Ihnen angeführte Kündigungsbeispiel, denn natürlich darf zwar ein Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmer:innen Loyalität erwarten, doch wird diese nicht von der geschlechtlichen Identität, sexuellen Orientierung sowie privaten Lebensentscheidungen beeinflusst. Dies muss sich nach meiner festen Überzeugung auch in der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“ wiederfinden. Außerdem ist die Mitbestimmung ein Thema. Hier will die Ampelkoalition Verbesserungen erreichen, indem das kirchliche Arbeitsrecht gemeinsam reformiert werden soll. Positive Reaktionen aus der Kirche heraus, die sich für Änderungen stark machen, finde ich daher begrüßenswert. Die Ampelkoalition will außerdem gemeinsam mit den Kirchen dafür sorgen, dass dort grundsätzlich das allgemeine Arbeitsrecht gilt und nur bei einer gerechtfertigten beruflichen Anforderung im Bereich der Verkündigung Abweichungen vom allgemeinen Arbeitsrecht möglich sind. Abschließend möchte ich daher festhalten, dass ich mir sicher bin, dass es ein gemeinsames Anliegen ist, Diskriminierungen umfassend abzubauen, denn diese haben keinen Platz in den Kirchen.

 

Sehr geehrter Herr P., Sie sehen, dass durch den Koalitionsvertrag bereits Initiativen angeregt worden sind, sodass Veränderungen hoffentlich in dieser Legislaturperiode erfolgen. Ich hoffe, Ihnen meine Sichtweise auf die Kirchen mit meinen Zeilen nähergebracht zu haben.

 

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Miersch

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