Frage an Matthias Reinke bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Matthias Reinke
DIE LINKE
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Frage von Marko N. •

Frage an Matthias Reinke von Marko N. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Reinke,

wie durch Wirtschaftsverbände, Politik und Medien immer wieder eingeimpft wird, steht die Wirtschaft mit dem Rücken zur Wand. Ich sehe das etwas anders, da wir Jahr für Jahr aufs Neue Exportweltmeister werden. Was sich aber nicht bestreiten lässt ist, dass der Binnenmarkt chronisch schwach ist.

Zur Lösung der Probleme hört man in den Medien immer wieder die Vorschläge von SPD, CDU/CSU, FDP und den Grünen, die alle in dieselbe Richtung gehen. Es ist die Richtung, die wir nun schon seit fast 20 Jahren ohne Erfolg gehen.

Bezüglich der Staatsausgaben höre ich immer wieder v. Umbau des Sozialstaates (gemeint ist ein Abbau), Verlängerung der Lebensarbeitszeit u. einem generellen Mehr an Eigenverantwortung für Rente und Krankenversicherung (was den Einzelnen mehr kostet).

Hinsichtlich der Stärkung der Wirtschaft, einem Mehr an Investitionen und einem Weniger an Arbeitslosen höre ich ständig von Lohnzurückhaltung (gemeint ist Lohnkürzung), von Arbeitszeitverlängerung (in Anbetracht der bundesdurchschnittlich geleisteten Überstunden auch eine Lohnkürzung), dem Abbau der Lohnnebenkosten (vor allem der Arbeitgeberanteile), einem Abbau der betrieblichen Mitbestimmung, einer Schwächung von Gewerkschaften u. Tarifverträgen. Auch der Kündigungsschutz ist zur Disposition gestellt.

Während die etablierten Dateien also mit einem "Weiter so, aber bitte mit mehr Dampf" in den Wahlkampf gehen, hört man von den Medien (außer massiver Hetze) wenig programmatisches zur Linkspartei. Ich möchte Sie daher bitten, mir die Positionen der Linkspartei zu den vorgenannten Punkten zu erläutern. Was gedenkt die Linke zu tun, um den Sozialstaat zukunftsfähig und die Wirtschaft konkurrenzfähig zu machen?

Mit freundlichen Grüßen,
Marko Neuwirth

Antwort von
DIE LINKE

hallo hr. neuwirth,

die unterteilung in außen- und innenwirtschaft ist nat. sinnvoll. das argument der notwendigkeit der niedrigeren löhne kann bei der außenwirtschaft nicht greifen da sie ja boomt. bei der innenwirtschaft ist es doch so, dass die direkten und indirekten lohnkürzungen die leute zwingen immer öfter auf ausländische, billigere produkte zurückzugreifen. nicht einmal alle, die es ich leisten könnten kaufen inländische produkte. ein kreislauf der nach unten führt.

die ansicht niedrigere löhnedies müssen sein, weil zb. ein handwerker drei stunden arbeiten muss um sich einen kollegen leisten zu können ist falsch, weil das verhältnis dasselbe bleibt, wenn dieser bereich gleichmäßig weniger verdient. davon, dass der hnadwerker 10 std. arbeiten muss, um sich einen arzt leisten zu können redet niemand. hier zeigt sich die rechtsstaatlich abgesicherte zweiklassengesellschaft. eben alle berufe mit staatl. fest- gelegter lohnstruktur bauen auf dem zwei-klassen-rechtsstaat auf.

die behauptung, das sich der markt erholt, wenn die löhne sinken, beruht auf der überholten ansicht des sog. neoliberalismus. der ist in allen ländern, die ihn ausprobiert haben gründlich schief gegangen. außerem beinhaltet der neoliberalismus nicht das sparen für das alter und die exessive automation. am wichtigsten ist jedoch die tatsache, dass das großexperiment brd gezeigt hat, dass dauernde lohnzurückhaltung nicht zum ziel führt. damit ist die theoretische grundlage durch die realität widerlegt – und das gründlich.

innerhalb des neoliberalismus ist die längere arbeitszeit logisch. jedoch in der realität werden ältere gefeuert und 1.3mrd. überstunden pro jahr gefahren. das sind ca. 650tsd arbeitsplätze. logisch wäre die verkürzung der arbeitszeit, damit die einkommensmöglichkeiten auf mehr leute verteilt werden. die eigenverantwortung ist die mogelpackung zur lösung der verschalfenen reformen. (an dieser stelle wird ausdrücklich gesagt, dass die linke keinesfalls gegen die finanzierung der sozialen mehrkosten über steuern ist). mit der mogelpackung ist lediglich gemeint, dass die leute nun das absichern sollen, was die politik aus eigeninteresse jahrelang verzögert hat. die, die das überhaupt finanziell leisten können, machen das so drastisch, dass das auf die nachfrage von konsumgütern massiv negativ einwirkt. also bricht die konsum- nachfrage weiter zusammen und ein teufelskreis wird fortgetzt. die banken und die großfirmen haben so viel geld übrig, dass das im ausland angelegt werden muss, weil die schwache innennachfrage investitionen nicht sinnvoll erscheinen lässt. (damit wird übrigens die ausländische konkurrenz gestärkt). die stärkung der wirtschaft durch lohnsenkung ist also sinnlos im innenmarkt, weil dann noch mehr nicht gekauft wird. im außenmarkt ist sie sinnvoll, um die marktposition halten zu können. aber sie erfordert eine gewinnbeteiligung, wie wir sie fordern, weil es nicht sein darf, dass die leute die folgen von einbussen zu spüren kriegen nicht aber die folgen von mehrgewinn. die behauptung der union, dass die senkung der lohnnebenkosten nötig ist widerspricht ihrer behauptung, dass wir nur mit innovation den (außenwirt- schaftlichen) vorsprung halten können. ja, was denn nun? innenwirtschaftlich ist inno- vation auch nicht das allheilmittel, denn man kann eben nicht hitech-brötchen herstellen.

wie oben angedeutet ist es nicht rechtens von dem normalbürger soziales zusätzlich aus dem eigenen geldbeutel zahlen zu lassen aber die einkommen der ärzte, apotheken, rechts- anwälte, gutachter und so weiter nicht zu beschneiden. das verstösst massiv gegen den gleichheitsgrundsatz, der ja gerade auch bei volkskrisen gilt. deshalb fordert die linke die einhaltung des gleichheitssatzes. auch der abbau der arbeitsplatzsicherheit hat nach- weislich in keinem land zu mehr umsatz geführt. im gegenteil, die leute werden noch vorsichtiger beim konsum und die leute vermeiden auf teufel komm raus den wechsel des arbeitsplatzes (ca. 5 mio/jahr). dies dürfte in zukunft der hauptanteil bei arbeits- prozessen sein. die schwächung der gewerkschaften und der betrieblichen mitbestimmung hat gar keinen realistischen hintergrund. noch kein betrieb ist wegen der gewerkschaft ruiniert worden oder wegen der mitbestimmung. selbst der fachliche laie kann das beurteilen, weil sonst die regierung und die union und die arbeitgeber dies ganz stark in der öffentlichkeit betont hätten. das wüsste man genauso, wie das aufkaufen von firmen durch aus- länder nur zum aussaugen dieser firmen und dann zum weiterverkauf. da die arbeitgeber (richtig wäre arbeitsmieter) und die regierung und die union den widerstand ja kennen und auch die fehler an ihrer konstruktion, muss man sich fragen warum sie das machen. sie wollen den deutschen lohn dem internationalen anpassen. damit deutschland international auf dauer wettbewerbsfähig ist. (sie trauen ihrer eigenen innovatiosansicht nicht). die gewinne, die bisher erbeutet wurden, werden da gerne mitgenommen. außerdem will man die sog. besserverdienenden nicht an den lasten dieses vorganges beteiligen – das soll der kleine mann/frau tragen, wie die kosten der wiedervereinigung. den verlust des innenumsatzes nimmt man da gerne in kauf, so wie soziale verwerfungen. es ist ganz verlogen, wenn man sagt, dass man niemals auf die löhne der chinesen oder inder uä. rutergehen könne oder wolle. das müsse der technische fortschritt verhindern. trotz techischen fortschritt der letzten jahre sind die löhne jedoch auch in der außenwirtschaft gesunken. es wird einfach ausprobiert, wie weit man gehen kann. (die erfahrungen mit europa haben gezeigt, dass der anpassungsprozess bei den löhnen zwischen mindestens 30 bis 60 jahre dauert). und genau das will die linke nicht mitmachen. die linke will angemessene lohnsteigerungen zur belebung der innenwirtschaft. sie will die abschöpfung der regierungsmäßig verschenkten steuergelder zur finanzierung eines investitionsprogrammes, hauptsächlich für die gemeinden. sie will den kündigungs- schutz erhalten. siewill bildung kostenlos für alle, weil wir zukünftig jeden guten kopf brauchen können, nicht nur die kinder der besserverdienenden. siewill konkurrenz in der medizinischen wirtschaft, damit uns nicht phantasiekosten aufgedrückt werden, die das gesundheitssystem sinnlos belasten. schon weil fernost uns bald technisch aufgeholt haben wird, muss man schon jetzt an schutzmassmahmen wie zölle denken. es kann doch nicht sein, dass die inder und chinesen ihre marode wirtschaft zu lasten von deutschland und europa auf die beine bringen. die haben die folgen zu tragen, dass sie jahrzehnte lang geschlafen haben. in amerika gibt es solche zölle ja schon lange, nur das sagt man uns nicht.

mit freundlichem gruß

matthias reinke