Warum wirbt die SPD nicht bei den Wähler*innen für die Idee der Bürgerversicherung?

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Michael Roth
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Frage von Gabriela K. •

Warum wirbt die SPD nicht bei den Wähler*innen für die Idee der Bürgerversicherung?

Sehr geehrter Herr Roth,

das Gefühl der Ungerechtigkeit befördert zur Zeit viele Wahlentscheidungen. Ich bin privat versichert und bekomme beim Facharzt einen Termin in 5 Tagen, beim Sohn bekommt mit der gleichen Erkrankung als GKV-Patient einen Termin in 5 Monaten beim gleichen Arzt. Das ist nicht vermittelbar ! Er wählt SPD, ist aber fassungslos. So geht das Vielen. Eine Bürgerversicherung wäre für Viele ein Grund wieder die SPD zu wählen. Reicht die Zeit bis zur nächsten Wahl noch um die Idee mit Experten und dem Wahlvolk zu thematisieren?

Viele Grüße

Gabriela

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau K.,

für Ihre Frage danke ich Ihnen und nehme gerne dazu Stellung. 

Wie viele andere gesetzlich Versicherte ärgern Sie sich über lange Wartezeiten auf einen Arzttermin. Dieses Problem besteht tatsächlich seit einiger Zeit, wie Sie richtig feststellen. Die Verantwortung, die ambulante ärztliche Versorgung aller gesetzlich Versicherten in Deutschland sicherzustellen, liegt bei den Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Hierzu sind sie gesetzlich verpflichtet. Die Rahmenbedingungen hierfür in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) schaffen wir als Gesetzgeber.

Als SPD-Bundestagsfraktion haben wir bereits in der vergangenen Legislaturperiode in der Großen Koalition darauf hingewirkt, dass gesetzlich Versicherte schneller Arzttermine erhalten, z.B. durch die Schaffung der Terminservicestelle. Diese sind täglich an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden bundesweit einheitlich über die Telefonnummer 116117 oder online erreichbar. Außerdem hatten wir Anreize zur Aufnahme von Neupatientinnen und -patienten geschaffen, die wir in dieser Legislaturperiode nach wissenschaftlicher Überprüfung noch einmal verändert haben. Ärztinnen und Ärzte bekommen mehr Geld, wenn sie eine schnelle Behandlung anbieten. Je eher der Termin, desto höher der Zuschlag. Auch bekommen Hausärztinnen und Hausärzte mehr Geld, wenn sie gesetzlich Versicherten schnell einen Termin bei einer Fachärztin oder einem Facharzt vermitteln. In diesen Fällen erhält die Fachärztin bzw. der Facharzt bei einer zeitnahen Behandlung ebenfalls einen Zuschlag. Man kann also zuversichtlich sein, dass dieses Instrument die Wartezeiten auf einen Termin verkürzt.

Würde die SPD mit absoluter Mehrheit regieren, dann wäre die Bürgerversicherung schon längst Realität. Im SPD-Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2021 hieß es: „Ein leistungsfähiges Gesundheitssystem braucht eine stabile und solidarische Finanzierung. […] Wir werden eine Bürgerversicherung einführen. Das bedeutet: Gleich guter Zugang zur medizinischen Versorgung für alle, eine solidarische Finanzierung und hohe Qualität der Leistungen.“ Aber leider ist eine Bürgerversicherung weder mit unserem vorherigen Koalitionspartner CDU/CSU noch aktuell mit der FDP umsetzbar. Deswegen enthält der Koalitionsvertrag der drei Ampelparteien auch keine konkreten Aussagen zur Einführung einer Bürgerversicherung. Die SPD arbeitet aber daran, dass aus der gesellschaftlichen Mehrheit für die Bürgerversicherung bald auch tatsächlich politische Mehrheiten im Bundestag werden.

Es bleibt aber unser sozialdemokratisches Ziel, einen gleich guten Zugang zu einer hochwertigen medizinischen Gesundheitsversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten – darum halten wir mittelfristig an unserem Konzept der Bürgerversicherung fest. Und es sind sozialdemokratische Bundesländer, die beispielsweise einen wichtigen Einstieg gemacht haben, indem sie ihren Beamtinnen und Beamten die Wahlmöglichkeit zwischen dem Beihilfesystem und einer GKV-Mitgliedschaft eröffnet haben. So gibt es zumindest erste kleine Schritte, um die notwendige Systemänderung einzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Roth

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