Wie stehen sie zu den stalinistischen Schauprozessen , die von 1936 bis 1938 in der Sowjetunion stattgefunden haben ? Ich frage das, weil die MLPD sich auf J.W.Stalin beruft.

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Monika Gärtner-Engel
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Frage von Philipp H. •

Wie stehen sie zu den stalinistischen Schauprozessen , die von 1936 bis 1938 in der Sowjetunion stattgefunden haben ? Ich frage das, weil die MLPD sich auf J.W.Stalin beruft.

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Sehr geehrter Herr H.,

in der Tat ist Stalin für uns ein Klassiker des Marxismus-Leninismus. Er führte nicht nur die KPdSU(B) und den sowjetischen Staat von 1922 bis 1953, sondern leistete auch einen bedeutenden Beitrag zur Weiterentwicklung der Theorie der internationalen Arbeiterbewegung. Unter seiner Führung leistete die Rote Armee den maßgeblichen Beitrag zum Sieg über den Hitler-Faschismus.

Wie alle großen Führer der Arbeiterbewegung ist Stalin aber das Ziel antikommunistischer Angriffe. Mit Begriffen wie „Stalinismus“ soll jede Diskussion um den Sozialismus unterbunden werden, bevor sie angefangen hat. Die Moskauer Prozesse 1936-38 werden dazu herangezogen.

Die Prozesse müssen in den historischen Zusammenhang gestellt werden, dass die konterrevolutionäre Gefahr in der Sowjetunion in den 1930er-Jahren Ausmaße annahm, die es notwendig machten, mit großer Härte gegen sie vorzugehen. Die Prozesse deckten auf, dass eine Gruppe von Verschwörern mit Mord, Sabotage und Putschplänen den Sturz des Sozialismus herbeiführen wollte. Sie schreckte nicht einmal davor zurück, mit Hitler-Deutschland gemeinsame Sache zu machen.

Der damalige US-Botschafter und Prozessbeobachter, J. E. Davies, hielt entgegen den antikommunistischen Verunglimpfungen fest: „Die Meinung derjenigen Diplomaten, die den Verhandlungen am regelmäßigsten beigewohnt haben, war allgemein, dass der Prozess die Tatsache einer heftigen politischen Opposition und eines ernsten Komplotts aufgedeckt hat.“ („Als USA-Botschafter in Moskau“, 1943, S. 209)

In dieser allgemeinen Positionierung gilt gleichzeitig, was in unserem Parteiprogramm steht: „Die MLPD erkennt die großen Leistungen des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion und in der DDR an. Sie führt jedoch auch eine notwendige Kritik an Versäumnissen, Fehlern und Problemen bis hin zu Verbrechen, um daraus schöpferische Schlussfolgerungen zu ziehen.“ (Programm der MLPD, S. 72)

Die Jahre 1937/38 waren auch eine Zeit, in der der Bürokratismus drohende Formen annahm. Von Stalin wurde aber „der notwendige ideologische Kampf gegen die kleinbürgerliche Denkweise vernachlässigt und auf die Mobilisierung der Massen gegen die kleinbürgerlich entarteten Vertreter der Bürokratie weitgehend verzichtet … Stattdessen wurde der Kampf gegen bürokratische Misswirtschaft und Sabotage mit einem selbst bürokratisierten Geheimdienst und einseitig mit administrativen Methoden geführt.“ (Parteiprogramm der MLPD, S. 73). Im Gegensatz zu den Antikommunisten unterschiedlichster Couleur haben wir aber ein ehrliches und ernsthaftes Interesse an der Aufarbeitung tatsächlicher Fehler - denn es gilt Schlüsse zu ziehen, wie ein erneuter Verrat des Sozialismus in Zukunft verhindert werden kann. Die von der MLPD dafür gezogenen Lehren äußern sich für uns heute in der Art und Weise, wie wir unseren Parteiaufbau, seine Streitkultur und die Zusammenarbeit mit Andersdenkenden verwirklichen. Zur Aufarbeitung der zum Teil komplizierten Fragen im sozialistischen Aufbau arbeiten wir auch an »Biografischen Betrachtungen zu Stalin«. Trotz sehr schwieriger Quellenlage werden wir dabei auch wo immer notwendig heiße Eisen anpacken. 

Mit freundlichen Grüßen

Monika Gärtner-Engel