Frage an Nadja Hirsch bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Nadja Hirsch
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Frage von Carmen F. •

Frage an Nadja Hirsch von Carmen F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Hirsch,
ich habe gerade aus einer ernstzunehmenden Quelle erfahren, das EU-Abgeordnete von ihrer Fraktion vor den Abstimmungen eine Abstimmliste erhalten, die sie bei den Abstimmungen "abarbeiten". Wenn Abgeordnete mehrmals gegen die Fraktionsentscheidung stimmen würden, erhielten sie dadurch finanzielle oder auch persönliche oder politische Nachteile.

1. Gibt es eine solche Abstimmungsliste?
2. Welche Konsequenzen ergeben sich , falls der Abgeordnete nicht nach Fraktionsmeinung abstimmt.
3. Treffen sie ihre Abstimmungsentscheidungen nach persönlicher Recherche und intensiver Behandlung mit dem Thema, oder nach Listen, Empfehlungen etc?
4. Wer beantwortet die Anfragen an sie, sie selbst, persönliche Mitarbeiter, oder Fraktionsangestellte unter ihrem Namen?
5. Sind die Antworten, die sie geben Standartantworten der Fraktion, mittels Copy/Paste, oder aus eigener persönlicher Recherche und Überzeugung?

Ich bitte sie um eine ehrliche Antwort. Vielen Dank schon mal für ihre Mühen.

Mit freundlichen Grüßen

Carmen Fischer

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Fischer,

haben Sie vielen Dank für Ihr Interesse an meiner politischen Arbeit als Abgeordnete im Europäischen Parlament. Gerne beantworte ich Ihnen Ihre Fragen.

1. Gibt es eine solche Abstimmungsliste?

Grundsätzlich ist es so, dass alle Fraktionen Abstimmungslisten benutzen. Diese sind als ein nicht bindender Vorschlag seitens der Fraktion zur Stimmabgabe bezüglich eines bestimmten Gesetzesentwurfs anzusehen. Die liberale Fraktion im Europäischen Parlament, die ALDE, der auch ich angehöre, kann in vollkommen legitimer Art und Weise eine Abstimmungstendenz an die einzelnen liberalen Angeordneten herantragen. Diese wird vom jeweiligen liberalen Berichterstatter, der sich in das Dossier eingearbeitet hat, vorgeschlagen.

2. Welche Konsequenzen ergeben sich, falls der Abgeordnete nicht nach Fraktionsmeinung abstimmt?

Die letztendliche Stimmabgabe liegt immer bei dem Abgeordneten selbst. Wenn ein Angeordneter nach gutem Wissen und Gewissen nicht in Einklang mit der Abstimmungstendenz der Fraktion wählt, dann ist das eine vollkommen berechtigte und gängige Vorgehensweise, die keine politischen, finanziellen oder persönlichen Konsequenzen nach sich ziehen. Ggf. Muss man aber mit Rückfragen von liberalen Kollegen rechnen. Grundsätzlich diskutiere ich dies mit meinen Kollegen jedoch VOR der Abstimmung, wenn ich vorhabe, gegen meine Fraktion zu stimmen.

3. Treffen sie ihre Abstimmungsentscheidungen nach persönlicher Recherche und intensiver Behandlung mit dem Thema, oder nach Listen, Empfehlungen etc?

Als Mitglied des Europäischen Parlamentes ist es eine meiner Kernaufgaben, im Parlament zu allen Themen Stellung zu beziehen. Dies beinhaltet auch die Stimmabgabe im Plenum oder in den einzelnen Ausschüssen. Eine Stimmabgabe ist ein sehr wichtiges demokratisches Instrument und eine Entscheidung, die wohl bedacht sein sollte. Um dies zu gewährleisten, ist es meine Pflicht, verschiedenste Informationen über die betreffende Angelegenheit einzuholen, sowohl von meinen liberalen Kollegen als auch fraktions- und parlamentsübergreifend. Erst eine umfassende Recherche kann eine Stimmabgabe nach gutem Wissen und Gewissen darstellen.
Allerdings sind wir als Abgeordnete auf Themen spezialisiert. Während ich meine Kollegen in den Bereichen, in denen ich mich spezialisiert habe, also Beschäftigungs- und Migrationspolitik, Medienpolitik und Tierschutz, informiere, tun dies meine Kollegen in ihren jeweiligen Bereichen mir gegenüber auch. Somit muss ich mich in den Bereichen, in denen ich nicht tätig bin, auf die Vorarbeit von Kollegen verlassen.

4. Wer beantwortet die Anfragen an sie, sie selbst, persönliche
Mitarbeiter, oder Fraktionsangestellte unter ihrem Namen?

Mir ist als Volksvertreterin im Europäischen Parlament der Kontakt und die Kommunikation mit den Bürgern sehr wichtig. Nur durch einen ständigen Bürger-Austausch kann ich auch feststellen, welche Themen die Menschen bewegen, um dann mein politisches Handeln danach auszurichten. Diesem Grundsatz folgend ist auch mein Vorgehen bei Bürgeranfragen gestaltet: Erreicht mich eine Bürgeranfrage, so wird sie an einen meiner Mitarbeiter weitergeleitet, der einen ersten Entwurf an mich schickt. Dieser Entwurf wird von mir gelesen, korrigiert, ggf. ergänzt, finalisiert und unterschrieben. Ausgesendet bzw. hochgeladen wird die finale Antwort von meinen Mitarbeitern. Das werden Sie mir sicherlich nachsehen.

5. Sind die Antworten, die sie geben Standartantworten der Fraktion,
mittels Copy/Paste, oder aus eigener persönlicher Recherche und Überzeugung?

Es kommt darauf an: Manchmal bekommen die Abgeordneten Massen-E-Mails, beispielsweise tausendfach eine E-Mail desselben Inhalts von verschiedenen Bürgern. Hier erstellt dann der entsprechende für das Dossier zuständige liberale Kollege eine Musterantwort, die wir dann z.B. allgemein auf die Webseite stellen. Wenn allerdings erkennbar ist, dass es sich um eine unreflektierte Massenaktion von copy/paste oder "forwards" handelt, werden ausschließlich individualisierte Anfragen beantwortet.

Individuelle Anfragen zu Bereichen, für die ich nicht zuständig bin (z.B. Verkehrspolitik), leite ich an den dafür zuständigen Kollegen weiter. Genauso bekomme ich die individuellen Anfragen meiner Kollegen zu meinen Bereichen zur Beantwortung weitergeleitet.

Individuelle Anfragen wie Ihre werden auch individuell beantwortet.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen konnte und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Nadja Hirsch