Frage an Norbert Brackmann bezüglich Finanzen

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Norbert Brackmann
CDU
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Frage von Lisa C. •

Frage an Norbert Brackmann von Lisa C. bezüglich Finanzen

Guten Tag Herr Brackmann,

in einem heutigen Artikel des Handelsblattes wird zur anstehenden Entscheidung über die erweiterten Befugnisse der EFSF darüber berichtet, dass in Fällen der Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit die Rechte des Bundestages von einem neuen Untergremium des Haushalts-Ausschusses wahrgenommen werden sollen. Ihm soll mindestens ein Mitglied jeder Fraktion angehören, also auch der Oppositionsfraktionen. Bei vorsorglichen Kreditlinien, Krediten zur Rekapitalisierung von Banken und dem Ankauf von Staatsanleihen an den Börsen wird immer von Eilbedürftigkeit und Vertraulichkeit ausgegangen. Grundsatzbeschlüsse, wie die Gewährung von Hilfen an einen weiteren Euro-Staat, soll hingegen das Bundestags-Plenum als Ganzes fällen.

Diese Regelung ist doch völlig inkonsistent! Wenn ein „weiterer Euro-Staat“, zum Beispiel Zypern, erstmalig in die Bredouille kommt, dann ist – ähnlich wie vorher bei Griechenland, Portugal und Irland - von „Eilbedürftigkeit“ auszugehen und Beschlüsse, ob dem Land geholfen wird, müssen innerhalb von wenigen Tagen gefällt werden. Ob es hierbei nun um den Ankauf von Staatsanleihen oder um vorsorgliche Kredite geht, ist nebensächlich. WER entscheidet nun? Das gesamte Bundestags-Plenum, weil es sich um einen Grundsatzbeschluss handelt (erstmaliger Hilfsantrag von Zypern), oder das Untergremium des Haushaltsausschusses, weil es sich um Eilbedürftigkeit handelt? Wie wird mit dieser widersprüchlichen Situation in Zukunft umgegangen?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen und bedanke mich im Voraus.

Freundliche Grüße
Lisa Contiu

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Contiu,

vielen Dank für Ihre Frage bezüglich der genauen Ausgestaltung der Parlamentsbeteiligung bei den Hilfsmaßnahmen der Europäischen Finanzstabilitätsfazilität (EFSF). Es war uns ein Anliegen, dass der Bundestag starke Beteiligungsrechte bei allen Belangen des Rettungsfonds erhält. Der EFSF wird in Zukunft ein Werkzeugkasten sein, in dem wir alle Werkzeuge haben, mit denen wir die Krise bekämpfen können. Ob und welches dieser Werkzeuge aber angewandt wird, entscheiden weiter die Mitgliedsstaaten und hier in Deutschland insbesondere der Bundestag.

Wir haben die Parlamentsbeteiligung in einem Änderungsantrag zum Stabilisierungsmechanismusänderungsgesetz, dass den EFSF erweitert, formuliert und so auf den Weg gebracht. Der deutsche Vertreter im Gouverneursrat des EFSF muss dann zukünftig mit Nein stimmen, wenn nicht vorher eine Zustimmung des Bundestages oder eines Untergremiums des Haushaltsausschusses vorliegt. Dieses Untergremium, in dem mindestens ein Vertreter jeder Fraktion sitzen muss und das die Mehrheitsverhältnisse wiederspiegeln soll, wird dann angerufen, wenn eine besondere Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit vorliegt.

Diese Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit gilt regelmäßig dann, wenn es um vorsorgliche Kreditlinien, die Rekapitalisierung von Finanzinstituten oder der Aufkauf von Anleihen auf dem Sekundärmarkt geht. Diese sollen weitere Ansteckungsgefahren vermeiden. Ferner kann die Bundesregierung bei Maßnahmen die besondere Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit feststellen. In beiden Fällen kann das Untergremium aber mit Mehrheit feststellen, dass keine Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit vorliegen und so die Entscheidung ins Plenum des Deutschen Bundestages verweisen.

Weiterhin haben wir explizit geregelt, dass bei Änderung des EFSF-Vertrages, der Überführung des EFSF in den permanenten Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) und bei der Neuaufnahme eines Landes in das Rettungsprogramm grundsätzlich der Bundestag selbst seine Beteiligungsrechte wahrnimmt.

Wie sie sehen, haben wir sehr genau eingegrenzt, wann Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit vorliegt. Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass das Untergremium des Haushaltsausschusses diese Einstufung stets zurückweisen kann. Mit diesem Verfahren werden wir eine sehr stabile und starke, gleichzeitig aber an die Realitäten angepasste Parlamentsbeteiligung etablieren.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Brackmann