Frage an Norbert Brackmann

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Norbert Brackmann
CDU
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Frage von Sebastian L. •

Frage an Norbert Brackmann von Sebastian L.

Sehr geehrter Herr Brackmann,

sie haben gegen den Antrag der Grünen gestimmt, Schiedsgerichte im Zusammenhang mit TTIP und CETA abzulehnen. Können Sie mir, den Menschen erklären warum ein Schiedsgericht besser ist als ein (transparentes + unabhängiges) Bundes- Landesgericht?

Mit freundlichen Grüßen,

Sebastian Lindemann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Lindemann,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 9. Oktober 2014.

Entgegen dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag ist ein „vermittelnder Ansatz“ zu bevorzugen und nicht die generelle Ablehnung von Investor-Staat-Schiedsverfahren.

Die Kritik an den Schiedsverfahren im Rahmen der Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) könnte daran liegen, dass das deutsche Rechtssystem besonderes Vertrauen der Bürger genießt. Dem Staat wird eher vertraut, diese Verfahren zu bewältigen, als Privaten.

Jedoch sind die Kapazitätsgrenzen der staatlichen deutschen Gerichte begrenzt. Ein wirtschaftsrechtliches Verfahren kann sehr umfangreich sein, zumal wenn es einen internationalen Bezug hat. Dadurch würden die Ressourcen der deutschen Gerichte stark gebunden. Zudem gilt aus amerikanischer Sicht zwar das deutsche Rechtssystem als verlässlicher Rahmen, dies gilt aber nicht für alle EU-Mitgliedsstaaten.

Bei einer Austragung der Rechtsstreitigkeiten im Rahmen von TTIP vor deutschen Gerichten müsste spiegelbildlich auch die Möglichkeit bestehen, Rechtsstreitigkeiten vor amerikanischen Gerichten auszutragen. Deutsche Unternehmen müssten ihre Ansprüche und Forderungen wegen Verletzungen des Freihandelsabkommens vor nationalen und regionalen amerikanischen Gerichten durchsetzen. Dies wäre mit einem erheblichen Kostenaufwand verbunden, da zum Beispiel eine Erstattung der Prozesskosten des obsiegenden Teils nicht vorgesehen ist. Auch werden die Richter in den USA häufig direkt vom Volk gewählt. Dies könnte zu nachteiligen Entscheidungen für die deutschen Unternehmen führen, wenn die Richter sich mehr ihren Wählern verpflichtet fühlen, als den deutschen Unternehmen.

Denkbar wäre beispielsweise eine Berufung von Bundesrichtern für eine Liste von Schiedsrichtern, ähnlich der Berufung der Bundesrichter- und Bundesverfassungsrichter durch den Deutschen Bundestag. Dies ist ein bewährter Rechtsrahmen, der als Vorlage dienen könnte. Der juristische Sachverstand der Schiedsgerichte würde sichergestellt sein.

Möglich ist auch die Einbeziehung des Europäischen Gerichtshofes und des amerikanischen Supreme Court, welche beide bereits für Sachverhalte mit internationalem Bezug zuständig sind und somit den notwendigen Sachverstand besitzen. Hierfür könnte eine spezielle Kammer an den jeweiligen Gerichtshöfen eingerichtet werden. Das hohe Vertrauen in das eigene Justizsystem und der notwendige Investorenschutz ließen sich so vereinbaren.

Ziel der Verhandlungen mit den USA muss es sein, einen verlässlichen Rechtsrahmen für die Investoren auf beiden Seiten zu erreichen. Des Weiteren ist eine Klärung des Verhältnisses zwischen Investitionsschutz und nationalem Rechtsschutz erforderlich. Investor-Staat-Schiedsverfahren sollten nur nach Ausschöpfung des Rechtsweges vor nationalen Gerichten eingeleitet werden können. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen ist es Aufgabe der EU-Kommission, auf eine transparente Gestaltung von Schiedsverfahren bei gleichzeitiger Wahrung von Geschäftsgeheimnissen hinzuwirken.

Hinzuweisen ist noch auf den vorliegenden Verhandlungstext des Comprehensive Economic Trade Agreement (CETA), dem europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen, in welchem deutliche Verbesserungen im Bereich des Investitionsschutzes vereinbart wurden. In CETA ist festgehalten, dass nur solche Investitionen geschützt werden, die im Einklang mit deutschem Recht und EU-Recht stehen.

In Bezug auf Schiedsverfahren wurde im CETA durch die präzisere Formulierung im Bereich der Transparenz der Schiedsverfahren ein neuer Maßstab gesetzt. Weiterhin wird ausdrücklich klargestellt, dass es in keiner Weise zu Einschränkungen des Spielraums der einzelnen Regierungen beispielsweise im Bereich Umwelt-, Gesundheits-, Produktsicherheits-, oder Verbraucherschutz durch Schiedsgerichte kommt. Diese Forderungen gelten auch für zukünftige Freihandelsabkommen, über die die EU mit anderen Staaten verhandelt.

Der durch CETA gewährte Schutz für ausländische Investoren bleibt trotz allem hinter dem durch das Grundgesetz garantierten Rechtsschutz zurück. Die ausländischen Investoren sind somit ohnehin schon mehr durch das deutsche Verfassungsrecht gegen staatliche Eingriffe geschützt, als das durch CETA der Fall ist. Der im Grundgesetz verankerte gesetzgeberische Spielraum zum Schutz öffentlicher Interessen wird durch CETA nicht tangiert. Ich erwarte, dass dies bei TTIP auch der Fall sein wird.

Mit freundlichen Grüßen
Norbert Brackmann