Frage an Oskar Lafontaine bezüglich Finanzen

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Oskar Lafontaine
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Frage an Oskar Lafontaine von Peter B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Lafontaine,

ich bin kein Finanzexperte, aber soweit ich den Vorgang der Geldschöpfung verstanden habe, wird dieser primär von den Zentralbanken (Deutsche Bundesbank) unter der Aufsicht der Europäischen Zentralbank getätigt.

Es ist allerdings wohl auch so, dass die Bundesbank gemäß EU-Gesetzgebung der Bundesregierung keine Kredite direkt vergeben darf, sondern diese werden ihr durch Geschäftsbanken verliehen - die ihrerseits ihre Kredite von der Zentralbank erhalten. Auf diese Weise entstehen nach meinem Verständnis folgende Effekte:
1. sowohl Zentralbank als auch die kreditvergebenden Geschäftsbanken verdienen mehrfach durch die Verzinsung der vergebenen Kredite - die sie quasi aus dem Nichts geschaffen haben ("fiat money").
2. mittels der Kreditvergabe durch die Geschäftsbanken entsteht eine sekundäre Geldschöpfung - und damit eine Geldvermehrung aus dem Quasi-Nichts.

Nun ist mir nicht ganz klar, warum der Staat zwar ein eigenes Münzwesen mit autonomer Münzprägung haben darf und den Mehrwert zwischen Materialkosten und Nennwert als staatlichen Ertrag erwirtschaften darf - aber andererseits die Geldschöpfung der Papiergeldwirtschaft dem Profit privater Geschäftsbanken zum Vorteil gereicht.

Ist der Gedanke an eine rein staatliche Geldschöpfung so abwegig?

Mit freundlichen Grüßen
Peter Buwen

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Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr Buwen,

Oskar Lafontaine bedankt sich für Ihre Anfrage und hat mich gebeten Ihnen zu antworten.

Nach Betrachtung aller fiskalpolitischen Instrumente und ihren Wirkungen auf die Geldmenge kommt man zu dem Schluss, dass der Staat ohne direkte oder indirekte Mitwirkung des Trägers der Geldpolitik nicht in der Lage ist, im Rahmen des Geldmengenkonzeptes eine wirkungsvolle Fiskalpolitik zu betreiben. Genauso wie die Geldpolitik durch eine gleichgerichtete Fiskalpolitik unterstützt werden muss, haben fiskalpolitische Eingriffe nur dann Erfolg, wenn sie durch eine entsprechende Geldpolitik flankiert wird. Im Rahmen des Geldmengenkonzeptes ist die Fiskalpolitik sehr stark eingeschränkt. Ausgeschlossen sind so direkt Maßnahmen wie Geldschöpfung, von denen eine starke Wirkung auf die Geldmenge ausgehen würde (Hyperinflation), wären sie zulässig. Eigentlich bleibt der Fiskalpolitik so nur die Möglichkeit der Finanzierung eines Budgetdefizits durch Verschuldung auf dem Kapitalmarkt.

Mit freundlichen Grüßen

Harald Schindel
Büro des Vorsitzenden Oskar Lafontaine