Frage an Otto Fricke bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Otto Fricke
FDP
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Frage von Heike R. •

Frage an Otto Fricke von Heike R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Fricke,
bezüglich des Georgienkonflikts lese ich, dass die EU Sanktionen gegen Russland berät.
In einem Radiobericht habe ich dazu von russicher Seite einen Kommentar gehört, dass die Russen dann über China ihre Geschäfte mit Westeuropa unverändert abwickeln werden, die Chinesen stehen in der Georgienfrage eindeutig auf Seiten Russlands. Mit China wird sich die EU garantiert nicht anlegen.
Allerdings könnten auf uns massive wirtschaftliche Probleme zukommen, da wir rohstoff- und energieabhängig sind.
Herr Fricke, wie wird die Bundesregierung verbindlich uns Bürgern garantieren, dass eine EU Sanktionspolitik gegen Russland nicht uns kleine Leute wirtschaftlich noch mehr belasten wird als es jetzt schon ist?

Mit besten Grüßen
Heike Rogall

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Rogall,

als Abgeordneter der FDP-Bundestagsfraktion werde ich selbstverständlich nicht für die Bundesregierung sprechen können. Umso mehr kann ich Ihnen die Sicht meiner Fraktion zu dieser Krise mitteilen.

Aus unserer Sicht ist inzwischen hinreichend deutlich, dass die russische Politik der letzten Wochen überzogen und völkerrechtlich nicht zu rechtfertigen war. Wobei festgehalten werden muss, dass das unverantwortliche militärische Vorgehen des georgischen Staatspräsidenten Russland erst den Vorwand für diese Überreaktion geliefert hat. Weitere Eskalationsdrohungen sind weder klug noch zielführend. Nicht rhetorische Aufrüstung, sondern Deeskalation und die beherzte Nutzung aller Kommunikationskanäle sind jetzt gefragt. Selbst die Shanghai Cooperation Organization, bei der Russland einschließlich Chinas seine engsten Freunde wähnt, hat klar gemacht, dass sie einen fortgesetzten Eskalationskurs des Kreml nicht mitgehen wird.

Wir begrüßen deshalb, dass die EU auf ihrem gestrigen Sondergipfel der Eskalation der letzten Wochen ein Ende gesetzt hat, ohne dabei eine Politik des "appeasement" gegenüber dem Verhalten aller Beteiligten zu betreiben. Dass die EU auf die Verhängug von Sanktionen gegenüber Russland verzichtet hat, war richtig, nachdem die französische Ratspräsidentschaft Spekulationen hierüber im Vorfeld des Gipfels unnötigerweise Nahrung gegeben hat. Weder von Moskau noch von Tiflis darf sich die EU in eine Eskalationsspirale treiben lassen.

Zu einer Zusammenarbeit mit Russland gibt es aus meiner Sicht keine sinnvolle Alternative, und zwar weder für Russland, das auf Europa als Absatzmarkt und Modernisierungspartner angewiesen ist, noch für Europa, das auf absehbare Zeit von russischen Energielieferungen abhängig sein wird und auch seinerseits den russischen Markt als Investitionsstandort benötigt. Weil sich der Wohlstand Russlands nahezu vollständig aus dessen internationaler Vernetzung ableitet und umgekehrt Europas Sicherheit nur in einem kooperativen Ansatz gegenüber Russland garantiert werden kann, ist jegliches Gerede von einem "neuen Kalten Krieg" unzeitgemäß und auch unverantwortlich. Die ersten Reaktionen auf den EU-Sondergipfel scheinen zu bestätgen, dass sich diese Sichtweise mehr und mehr durchsetzt.

Mit freundlichen Grüßen

Otto Fricke

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