Frage an Peter Bleser bezüglich Verkehr

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Peter Bleser
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Frage von Nico A. •

Frage an Peter Bleser von Nico A. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Bleser,

die Bundesregierung plant bezüglich der Autobahnen eine Grundgesetzänderung im Mai. In diesem Zusammenhang, weil mich selbst das Thema sehr interessiert, bin ich auf ein sehr interessantes Erklärvideo von "Gemeingut in BürgerInnenhand gestoßen". Dieses können Sie hier finden: https://www.gemeingut.org/erklaervideo-niemand-hat-die-absicht-eine-autobahn-zu-privatisieren/ .

Meine Fragen:
Wie stehen Sie zu diesem Video? / Was halten Sie davon?
Soll es wirklich dazu kommen, das unsere Autobahnen privatisiert werden sollen?

Ich merke kurz dazu an, dass viele Menschen der Bevölkerung gerade dies NICHT wollen. In der Vergangenheit mussten wir in vielen Beispielen ansehen, was Privatisierung wirklich bringt. Es läuft sogar eine Resolution gegen dieses Vorhaben, die schon 10.733 Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden hat (Stand 17. März 2017).

Ich freue mich auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen (und ein schönes Wochenende)

Nico Arenz

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Arenz,

herzlichen Dank für Ihr Schreiben, in welchem Sie Ihre Bedenken zur Thematik „Indirekte Privatisierung der deutschen Autobahnen“ äußern. Gern lege ich Ihnen im Folgenden den derzeitigen Sachstand dar.

Obwohl Bundesautobahnen in Deutschland vom Bund finanziert werden, obliegen der konkrete Bau, die Planung und der Betrieb den Ländern. Bereits seit einigen Jahren wird in Fachkreisen über die Problematiken diskutiert, die durch diese grundgesetzlich geregelte Auftragsverwaltung entstehen. Zwei große Expertengremien (Fratscher-Kommission und Bodewig II) haben sich intensiv mit der Thematik befasst, und deren Ergebnisse haben dazu geführt, dass mit den Ländern Vorschläge für eine Reform der Auftragsverwaltung Straße erarbeitet und umgesetzt wurden.

Bei der Auftragsverwaltung, die in Artikel 90 des Grundgesetzes geregelt ist, handelt es sich um eine zwischen Bund und Ländern geteilte Verantwortung. Der Bund stellt einen Bedarf fest, den er beispielsweise mit dem 2016 aufgestellten Bundesverkehrswegeplan 2030 ausweist. Der Deutsche Bundestag fertigt mit den Ausbaugesetzen einen gesetzlichen Auftrag. Die Länder planen und erhalten nach erteiltem Baurecht über den fünfjährigen Investitionsrahmenplan und die jährlichen Haushaltszuweisungen die finanziellen Mittel, die Maßnahmen umzusetzen.

Das führte in der Vergangenheit jedoch nicht nur zu erheblichen Unterschieden bei der Umsetzung durch die Länder, sondern insgesamt gab es Abstimmungsprobleme, die am Ende viel Geld und Zeit kosteten. So konnten in den letzten Jahren die Bundesmittel immer häufiger nicht abfließen, weil einige Länder es nicht geschafft haben, rechtzeitig Planungen und baureife Vorhaben zu präsentieren. Sanierung und Ausbau der Infrastruktur scheiterten häufig also nicht am Geld, sondern an der Fähigkeit es auszugeben. Dies stellt insbesondere ein Ärgernis für den Bund dar, der den Investitionsetat deutlich steigert, aber immer mehr zu Kenntnis nehmen muss, dass viele Länder oft nicht in der Lage sind, baureife Straßenprojekte vorzulegen.

Der Vorschlag zur Einrichtung einer Bundesfernstraßengesellschaft bzw. der Infrastrukturgesellschaft Verkehr soll daher die Aufgaben- und Ausgabenverantwortung möglichst in einer Hand synchronisieren. Dies soll unter anderem auch unter Mobilisierung und Einbeziehung privater Investitionen im Rahmen von Öffentlich-privaten-Partnerschaften (ÖPP) als alternative Beschaffungsvariante geschehen. Hierbei werden die Leistungsbereiche Ausführungsplanung, Bau, Erhaltung und Betrieb eines längeren Streckenabschnittes einem Auftragnehmer für 20 - 30 Jahre (sog. Lebenszyklus) zur Ausübung übertragen. „Zur Ausübung“ bedeutet, dass der Auftragnehmer auch bei ÖPP die Leistungen im Auftrag und für den Staat erbringt. Der Staat entledigt sich der Aufgabe also nicht, wie dies bei einer Privatisierung der Fall wäre, sondern er schaltet für die Erledigung der genannten Leistungsbereiche einen privaten Auftragnehmer ein. Das Eigentum an den Straßen verbleibt laut dem vorliegenden Gesetzentwurf auch weiterhin im unveräußerlichen Eigentum des Bundes, und es tritt ein Heimfall an den Bund ein, wenn der Lebenszyklus endet.

Die Bedarfsplanung und damit die Kontrolle über Investitionsschwerpunkte sollen auch weiterhin beim Deutschen Bundestag liegen. Eine Neuregelung unter Einbezug privaten Kapitals kann jedoch dabei mithelfen, den Sanierungs- und Investitionsstau in der Straßeninfrastruktur abzubauen. Es soll also keine – wie von Ihnen aufgeführte – Privatisierung von Autobahnen geben. Stattdessen sollen lediglich die Kompetenzen beim Bund gebündelt und unter Einbezug privater Investitionen in einer Infrastrukturgesellschaft ausgelagert werden.

Sehr geehrter Herr Arenz, die erste Lesung des Gesetzesentwurfes ist für Anfang Juni geplant. Termine für die zweite und dritte Lesung, an deren Ende es dann zu einer Abstimmung kommen wird, liegen noch nicht vor. Somit steht der CDU/CSU-Fraktion ausreichend Zeit zur Verfügung, um die von vielen Bürgerinnen und Bürgern zurecht geäußerten Bedenken intensiv zu diskutieren. Eine Privatisierung der Autobahnen ist nicht gewollt.

Ich hoffe sehr, dass ich Ihnen mit meiner Antwort einige Ihrer Vorbehalte ausräumen konnte.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Bleser