Frage an Petra Merkel bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Petra Merkel
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Frage von Olaf H. •

Frage an Petra Merkel von Olaf H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Merkel,

Sie haben am 24.04.2008 für den Vertrag von Lissabon abgestimmt.
Dieser ist trotz Ihrer Abstimmung, durch das Nein der Iren gescheitert und bis dato auch durch das Bundesverfassungsgericht nicht abschließend beurteilt worden. Mich würde interessieren, wie Sie den wahrscheinlich noch in diesem Jahr stattfindenden zweiten Wahlgang der Iren beurteilen.

Ist es nicht eine Farce die Wähler solange abstimmen zu lassen bis das Ergebnis stimmt?
Entsteht so Politikverdrossenheit? Müsste der Vertrag von Lissabon nicht vielmehr zu den Akten gelegt werden? Es ist doch offensichtlich, dass das irische Volk den Vertrag nicht wollte! Wie ist Ihre Auffassung einer demokratischen Abstimmung?

Ist diese neue Auslegung von Demokratie oder vielmehr das Diktat von Abstimmungsergebnissen das Fundament der EU?

Wie schätzen Sie hierzu die Zitate von Jean-Claude Juncker ein?

„Die Länder, die mit Nein stimmen, müssen die Frage erneut stellen.”
(Am 26. Mai 2005, drei Tage bevor Frankreich das Referendum über die EU-Verfassung abhielt).

„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.”
(Jean-Claude Juncker erklärt seinen EU-Kollegen die Demokratie - SPIEGEL 52/1999)

Haben SIE begriffen was Sie dort beschlossen haben?

Für eine Stellungnahme wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Für eine Einschätzung meines Wahlkreises, werde ich diese Fragen auch an Herrn Ingo Schmitt (CDU) stellen.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Höch,

vielen Dank für Ihre kritischen Fragen zum Lissabon-Vertrag.

Der Vertrag wurde durch den Bundestag am 24. April 2008 mit großer Mehrheit (515 zu 58) der Stimmen angenommen, der Bundesrat bekräftigte diese Entscheidung.

Sie haben vollkommen Recht, ich habe am 24.04.2008 im Bundestag für die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon gestimmt. Eine ganze Reihe von guten Argumenten spricht für die Modernisierung der EU durch das Vertragswerk von Lissabon.

Der Vertrag von Lissabon stellt die Europäische Union auf eine neue Grundlage. Durch ihn sollen die Entscheidungen innerhalb der EU leichter, demokratischer und transparenter werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Institutionen der EU schneller, effektiver und bürgernäher arbeiten. Das Europäische Parlament wird endlich zum gleichberechtigten Gesetzgeber neben dem Ministerrat. Die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten erhalten Kontroll- und Mitwirkungsrechte im europäischen Gesetzgebungsprozess.

Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat im letzten Monat den Vertrag von Lissabon grundsätzlich für vereinbar mit unserem Grundgesetz erklärt. Das Grundgesetz sieht ausdrücklich die Verwirklichung eines vereinten Europas als Aufgabe Deutschlands an.

Dass die Iren in einem Referendum im Juni 2008 denkbar knapp mit 53% der Stimmen das Vertragswerk abgelehnt haben, hatte die EU in eine schwierige Lage gebracht. Jedoch haben zum jetzigen Zeitpunkt alle anderen 26 EU-Staaten für den Vertrag von Lissabon gestimmt, wodurch sich eine breite Zustimmung innerhalb der Europäischen Union zum europäischen Einigungsprozess ausdrückt.

Im Oktober 2009 wollen die Iren nun ein zweites Referendum abhalten. Der irische Premierminister Brian Cowen ist ein Verfechter des Lissabon-Vertrages und hat sich seit dem letzten Referendum für eine tiefgehende Aufklärung der irischen Bevölkerung über die Inhalte und Fortschritte des Vertragswerkes eingesetzt, und sich um die Sorgen und Interessen seiner Landsleute im Zusammenhang mit dem Lissabonner Vertrag gekümmert. Ob die Iren sich nun letztlich für den Vertrag von Lissabon entscheiden liegt dabei ganz und gar in ihrer eigenen Verantwortung - als deutsche Bundestagsabgeordnete habe ich auf die politische Willensbildung und Entscheidungsfindung anderer souveräner Staaten keinen Einfluss.

Mit meiner Zustimmung zum Vertrag von Lissabon im Bundestag konnte ich jedoch dem Willen der überwiegenden Mehrheit der deutschen Bevölkerung Ausdruck verleihen und meine eigenen Überzeugungen vertreten.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Merkel, MdB