Frage an Philipp Lengsfeld

Portrait von Philipp Lengsfeld
Philipp Lengsfeld
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Philipp Lengsfeld zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Guido B. •

Frage an Philipp Lengsfeld von Guido B.

Herr Dr. Lengsfeld,

sie haben der Aufnahme weiteren Verhandlung zum Hilfspaket III mit Griechenland zugestimmt.

Wie begründen sie diese Entscheidung auch im Bezug auf Ihre offensichtlich neoliberale Grundeinstellung (siehe ihr Statement oben)?

Was bringt sie zu der Annahme, dass Griechenland in der nahen Zukunft unter den gegebenen politischen wie wirtschaftlichen Bedingungen in der Lage sein wird, seinen Kreditverpflichtungen nachzukommen, wenn bereits jetzt ein Zahlungsrückstand von 2Mrd. Euro vorhanden ist?

Womit begründen Sie ihr Vertrauen in die erfolgreiche Umsetzung von Reformen in Griechenland angesichts der bisherigen Entwicklung des Landes in den vergangenen Jahrzehnten und insbesondere der letzten 5 Jahre?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antworten.

Portrait von Philipp Lengsfeld
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Blattmann,

als einer von 241 MdBs der CDU/CSU-Fraktion, die dem Antrag der Regierung unter Führung von Angela Merkel und Federführung von Wolfang Schäuble zugestimmt haben, ist es sicherlich nicht unbedingt sinnvoll, wenn ich dafür eine individuelle Begründung generiere. Ich verweise deshalb vielmehr auf Kernparagraphen eines Schreibens von Wolfgang Schäuble zu dieser Thematik an die Mitglieder des Deutschen Bundestages.

Trotzdem diese persönlichen Einschätzungen vorab:

- es handelt sich bei der Frage weiterer Hilfen für Griechenland nicht um eine rein wirtschaftliche Entscheidung, sondern um eine politische Entscheidung

- jede mögliche Entscheidung des Deutschen Bundestages hat gravierende Auswirkungen im Land und in Europa. Diese Folgen habe ich versucht -so weit wie möglich- in meine Entscheidung einzubeziehen.

- der Weg, den die Bundesregierung verfolgt, ist der Weg von Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit, aber auch von europäischer Solidarität. Er ist ein Mittelweg, der damit immer Gegner auf beiden Seiten der möglichen Radikallösungen hat, die man in diesem Falle grob mit ´unkontrollierter Grexit´ vs.´ unkonditionierte Transferunion´ charakterisieren kann.

- die jetzige Entscheidung ist ein weiterer Schritt in einem kontinuierlichen Prozess, der von beiden Seiten viel verlangt und dessen Endergebnis absolut nicht sicher feststeht. Teil dieses Prozesses ist eine weitere Abstimmung im Dt. Bundestag, wenn die Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket zu einem erfolgreichen Abschluss kommen.

Ausführliche weitere Argumente enthält der von mir erwähnte Brief, den ich im Anhang zitiere.
Ich hoffe, dass ich Ihnen damit die Beweggründe für meine Entscheidung klar machen konnte.

Mit freundlichen Grüßen
Philipp Lengsfeld, MdB

Wichtige Argumente aus Schreiben des BM für Finanzen, Wolfgang Schäuble an alle MdBs vom 16. Juli 2015 (dem Tag vor der Abstimmung im Parlament):

"Die Euro-Staaten sowie alle Mitglieder des Internationalen Währungsfonds (IWF) sind nunmehr seit über fünf Jahren in außergewöhnlichem Maße solidarisch mit Griechenland. Sie haben 240 Milliarden Euro bereitgestellt, um die nötigen grundlegenden Reformen in Griechenland abzufedern und Griechenland einen Verbleib in der Eurozone zu ermöglichen. Die Notwendigkeit tiefgreifender Reformen in Wirtschaft und Staatswesen Griechenlands ergibt sich aus der Situation in Griechenland selbst, nicht aus den Hilfen der anderen Staaten. Deshalb könnte auch ein Schuldenerlass die notwendigen Reformen nicht ersetzen. Aus dem gleichen Grund haben wir immer betont, dass Erfolge im Reformprozess eine zentrale Gegenleistung für die gewährte Hilfen leisten müssen. Die Hilfsprogramme sind nur dann sinnvoll, wenn es um Hilfe zur Selbsthilfe geht. Und gemeinsames Ziel war und ist die Rückgewinnung von Handlungsfähigkeit in Griechenland selbst.

Entscheidend für die Fortsetzung des gemeinsamen Weges ist, dass die bisher schon als notwendig erkannten Reformen endlich vorangebracht werden. Dazu bedarf es eines belastbaren Rückhalts im Parlament. Deswegen hat das griechische Parlament den von den Staats- und Regierungschefs verabschiedeten Ansatz gestern in Gänze gebilligt. Darüber hinaus hat das griechische Parlament gestern erste konkrete Maßnahmen aus der Vereinbarung der Staats- und Regierungschefs gesetzgeberisch umgesetzt. Dazu zählen:

- Verbesserungen bei der Erhebung der Mehrwertsteuer,

- eine reduzierte Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze,

- Maßnahmen zur Verbesserung der finanziellen Nachhaltigkeit des Rentensystems,

- das Entlassen der griechischen Statistikbehörde in die Unabhängigkeit und

- die vollständige Umsetzung des europäischen Fiskalvertrages.
(....weitere Details zu weiteren Reformschritten und dem Privatisierungsfond...)

Die Schuldenlastfähigkeit ist nach Einschätzung der Institutionen durch die griechische Politik der vergangenen Monate wieder erheblich gefährdet worden. Über das Einbringen von Vermögen in Privatisierungsfonds, die konsequente Umsetzung der Haushaltsziele und die eingeräumte Möglichkeit, erforderlichenfalls zusätzliche Maßnahmen für die Erleichterung bei den Rückzahlmodalitäten der Hilfskredite zu gewähren, ließe sich die Schuldentragfähigkeit jedoch wiederherstellen. Zu beachten ist dabei, dass der überwiegende Anteil der griechischen Staatsschulden in gering verzinsten Krediten internationaler Institutionen besteht, sodass die Belastung für den griechischen Staatshaushalt weit geringer ist als bei einer entsprechenden Verschuldung am Markt.
(...)
Von zentraler Bedeutung für die Erfolgschancen eines möglichen dritten Hilfspakets sind die getroffenen Vereinbarungen zum Umgang zwischen Hileersuchenden und Hilfeleistenden:

- Die griechische Regierung und das griechische Parlament haben zugestimmt, künftig wieder vorbehaltlos mit den Institutionen zusammenzuarbeiten, was auch Programmüberprüfungen vor Ort einschließt.

- Der IWF mit seiner großen Expertise bei der Länder-Reformprogrammen bleibt weiterhin im Boot. Dies war uns ein wichtiges Anliegen. Ohne den IWF geht es nicht.

- Darüber hinaus kommen die Gesetze auf den Prüfstand, mit denen die neue griechische Regierung bereits umgesetzte Vereinbarungen aus dem zweiten Hilfsprogramm rückabgewickelt hat.

- (... Details zur Brückenfinanzierung...)

Die Vereinbarungen der Staats- und Regierungschefs vom 12/13. Juli eröffnen eine neue Chance auf Einigung mit Griechenland. (...) Unser Ziel bleibt die immer engere Einigung Europas. Dazu zählt auch eine stabile Währungsunion. Der Erfolg dieses Projekts liegt in unser aller Interesse."