Frage an Rainer Arnold von Uwe M. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Arnold,
zur Zeit werden Bundeswehr-Offiziere festgehalten, weil sie aufgrund einer älteren OSZE-Vereinbarung zwar nur das Ukrainische Militär inspizieren wollten, zusammen mit ihren Gastgebern aber in "umkämpftes" ost-ukrainisches Gebiet geraten sind. Die offizielle Darstellung der Mission dieser deutschen Offiziere in den Medien wirkt auf mich unvollständig und unplausibel und gibt zu Spekulationen Anlass. Meistens werden sie fälschlicherweise nur als OSZE-Beobachter bezeichnet, so als ob sie in der kürzlich in Genf beschlossenen Mission unterwegs seien, die beide potenziellen Bürgerkriegsparteien beobachten und die Voraussetzung für Verständigung herbeiführen soll.
Fragen
Wir beurteilen Sie die Beauftragung dieser (jetzt gefangengenommenen) Bundeswehrangehörigen in der Ost-Ukraine, deren Tätigkeit eben gerade nicht zur aktuellen OSZE-Mission gerechnet werden darf?
Sehen Sie das Verhalten der Bundeswehrsoldaten als Konflikt-verschärfend an; und wenn ja, wer trägt hierfür die Verantwortung?
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Mannke
Sehr geehrter Herr Mannke,
vielen Dank für Ihre Frage vom 27. April 2014.
Bei aller Erschütterung darüber, wie sich die Fronten zwischen den Parteien in der Ukraine in den letzten Wochen verhärtet haben, haben wir in Deutschland wenigstens in einem Punkt Anlass zur Erleichterung. Den OSZE-Militärbeobachtern, die acht Tage lang in Slawjansk festgehalten wurden, ist nichts Schlimmeres geschehen. Sie sind wieder frei. Dass es wenigstens bei ihnen gelungen ist, die Dynamik der Eskalation zu überwinden, ist ein Verdienst der Diplomatie als Methode und der OSZE als der Plattform, auf der Diplomatie ihre Wirkung entfalten konnte.
Ich bin deswegen auch sehr froh darüber, dass der Bundestag die Debatte über Lösungswege für die Ukraine in der vergangenen Woche ganz klar unter außenpolitischen Schwerpunkten geführt hat und dass wir sehr deutlich gemacht haben, dass eine militärische Option für niemanden in diesem Hause infrage kommt, dass wir dem Säbelrasseln auf der einen Seite den Willen zum Dialog und europäische Geschlossenheit auf der anderen Seite entgegensetzen. Dafür ist eine Stärkung der OSZE weiterhin notwendig.
Die bei Slawjansk durchgeführte internationale Beobachtermission stand fest auf dem Boden des internationalen Rechts und der innerhalb der OSZE gültigen Absprachen und Verträge. Ihre Grundlage war das Wiener Dokument von 1990, eine Vereinbarung, die es Mitgliedstaaten der OSZE ermöglicht, Militärbeobachter aus anderen OSZE-Ländern einzuladen, um als vertrauensbildende Maßnahme Transparenz über Rüstung und Militärbewegung im eigenen Land herzustellen. Diesen Vorgang nennen wir Verifizierung. Wenn eine solche Mission zustande kommt, dann werden alle anderen OSZE-Mitgliedstaaten darüber genau informiert. Im Falle der Entführten handelte es sich also um eine Verifikationsmission. Russland war von Anfang an darüber im Bilde.
Für die Entführung der Beobachter gibt es also keine wie auch immer rechtlich zu konstruierende oder gar moralische Rechtfertigung. Es war ganz einfach ein krimineller Akt, der im Detail aufgeklärt werden muss und für den die Täter zur Rechenschaft gezogen werden müssen, sobald es in der Region wieder eine staatliche Autorität gibt, die dazu in der Lage ist.
In der Hoffnung, Ihnen meine Position umfassend erläutert zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Rainer Arnold