Frage an Rainer Arnold von Hartmut H. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Arnold
in einer als ungerecht empfundenen Rechtslage wende ich mich erstmals an meinen Abgeordneten. Es geht um die Kapitalleistung aus einer Lebensversicherung die nun 10 Jahre lang anteilig meiner Rente zugerechnet wird um die mtl. Beiträge zur Krankenversicherung zu erhöhen. Darin sehe ich eine Ungleichbehandlung, weil
meine Beitragszahlung zur LV während der Einzahlungszeit aus Beträgen erfolgte, die nicht der Soz.vers. unterlagen. Denn ohne meine Altersvorsorge LV müsste ich
diese höheren Beträge nicht bezahlen. (Zu dieser Altersvorsorge hat mich unsere Regierung seinerzeit aufgefordert, ohne über die späteren negativen Folgen zu informieren.)
Auch rein rechnerisch handelt es sich damit nicht mehr um eine "Altersvorsorge", sondern um ein Minusgeschäft für Rentner.
Bitte nennen Sie mir nachvollziehbare Gründe für diese grundsätzliche Ungleichbehandlung, sowie die Ungleichheit der Höhe nach (Keine Beitragsbemessungsgrenze wie während der aktiven Arbeitszeit).
Gerne erwarte ich Ihre geschätzte Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Hänchen
Sehr geehrter Herr Hänchen,
vielen Dank für Ihre Nachricht zur Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen auf Direktversicherungsauszahlungen, die seit 2004 bestehen. (Da Ihre Krankenkasse Beiträge auf die Auszahlungen aus der Kapitallebensversicherung erhebt, vermute ich, dass Sie diese als Direktversicherung abgeschlossen haben.)
Bei dem entsprechenden, schon im Jahr 2000 verabschiedeten Gesetzes ging es ja darum, angesichts defizitärer Sozialkassen und Schulden in Milliardenhöhe alle Alterseinkünfte gleich zu behandeln und in die solidarische Krankenversicherung miteinzubeziehen. Dazu sei erwähnt, dass der ursprüngliche Gesetzentwurf der rot-grünen Regierung die oben genannte Regelung überhaupt nicht vorsah. Es war vielmehr der ausdrückliche Wunsch der CDU/CSU-Fraktion, mit dem Gesetz ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes umzusetzen. Das Gericht hatte den Gesetzgeber ja im März 2000 verpflichtet, freiwillig und gesetzlich versicherte Rentner bei der Beitragserhebung gleich zu behandeln. Das Gericht hatte dazu angeregt, dafür sämtliche Einnahmen der Versicherten miteinzubeziehen. Dazu gehört auch, dass regelmäßige Rentenzahlungen nicht stärker belastet werden als Einmalzahlungen. Das Gesetz wurden dann von einem breiten Bündnis der im Bundestag vertretenen Parteien entworfen und verabschiedet. Im Mai 2006 wurde diese Regelung durch das Bundessozialgericht bestätigt.
Das Bundesverfassungsgericht legte 2010 außerdem fest, dass nur solche Erträge aus Direktversicherungen nicht krankenversicherungspflichtig sind, bei denen erstens der Versicherte die Beitragszahlungen selbst übernommen hat, und zweitens der im Vertrag genannte Begünstigte nicht mehr der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer ist. Hierin besteht meines Erachtens der entscheidende Unterschied zwischen einer privaten Lebensversicherung und der betrieblichen Altersvorsorge, weshalb ein Vergleich der Verbeitragung beider Modelle nicht ohne weiteres möglich ist. Außerdem boten die abgeschlossenen Direktversicherungen zumeist bessere Versicherungskonditionen, weil viele Arbeitnehmer über den Arbeitgeber gemeinsam einen Vertrag mit dem Versicherer schlossen.
Im Zusammenhang mit dem skizzierten Vergleich wird oftmals auf eine Doppelverbeitragung der Direktversicherungsauszahlungen verwiesen. Diese findet jedoch in den meisten Fällen nicht statt: In eine Direktversicherung fließen in der Regel noch nicht verbeitragte Gelder aus dem entsprechenden Arbeitsverhältnis, und eben nicht, wie bei einer beitragsfreien privaten Lebensversicherung, bereits verbeitragte Gelder. Anstatt einer beitragspflichtigen Auszahlung an den Arbeitnehmer erfolgt die beitragsfreie Einzahlung in die Direktversicherung.
Wenn ich Ihren Unmut auch gut verstehen kann, ging und geht es dabei im Kern um die Finanzierbarkeit der sozialen Sicherungssysteme und die Sicherung der hohen Qualität in der Gesundheitsvorsorge in Deutschland. Von dieser profitiert jeder Bürger, insbesondere aber ältere Menschen. Mit dem medizinischen Fortschritt steigen allerdings auch die Kosten im Gesundheitswesen. Diese sind nur solidarisch finanzierbar, indem sich eben jede und jeder nach seinen Möglichkeiten daran beteiligt.
Das erklärte Ziel der SPD ist daher die Bürgerversicherung, die dieses Prinzip stärkt. Dafür setze ich mich seit vielen Jahren ein.
Die Bürgerversicherung - und eine dann solidarische Finanzierung - würde auch die Möglichkeit schaffen, die Verbeitragung von Direktversicherungen anders zu regeln. Meine Fraktion setzt sich deshalb dafür ein, mit Einführung der Bürgerversicherung die Auszahlungsnehmer von Direktversicherungen vom Arbeitgeberbetrag zu befreien. Dementsprechend würden sich die KV-Beiträge für diesen Personenkreis halbieren.
Für Betroffene wäre es sicherlich sinnvoll, bei Auszahlungsbeginn eine monatliche Beitragszahlung zu vereinbaren, um von der angestrebten Neuregelung in Zukunft profitieren zu können.
Mit freundlichen Grüßen nach LE
Rainer Arnold