Frage an Rainer Arnold bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Frage von Uwe M. •

Frage an Rainer Arnold von Uwe M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

http://www.tagesschau.de/inland/exit102.html
http://www.exit-deutschland.de/

Sehr geehrter Herr Arnold,

in Tagesschau ist zu erfahren, dass eine wichtige Organisation "exit" die Aussteigern aus der rechtsextremen Szene hilft, wieder unabhängig zu werden, und die international einen guten Ruf genießt, nicht mehr vom Bundesministerium für Arbeit unterstützt werden soll.

a) wer, wenn nicht Sie, kann hier öffentlich Stellung dazu nehmen?
b) warum antwortet Herr Scholz auf Fragen bei abgeordentenwatch nicht?
c) was unternehmen Sie, um hier Abhilfe zu schaffen?

mfG
Uwe Mannke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mannke,

gerne beantworte ich Ihre Fragen:

a) z.B. die Innenpolitiker, im konkreten Fall auch Vertreter des
Bundesarbeitsministeriums.

b) Auf die Beantwortung von Mails an Herrn Scholz habe ich keinen Einfluss und kann dazu auch nicht Stellung nehmen.

c) Hier brauche ich nichts zu unternehmen, da sich das Bundesarbeitsministerium (BMAS) darum kümmert. Diese Feststellung mag angesichts der Berichterstattung in der letzten Wochen zynisch klingen, ist sie aber nicht.

Die Hintergründe sind aber etwas komplexer als in der Presse dargestellt und eignen sich daher nicht für eine Schilderung in wenigen Sätzen. Hier nun aber der Sachstand soweit er mir bekannt ist:

Die Arbeit und Bedeutung von Organisationen wie "Exit" ist dem BMAS bekannt und wird dort auch als sehr wichtig eingeschätzt. In der Presse wurde dargestellt, dass die Organisation seit 2006 jährlich mit 90.000 Euro gefördert wurde. Das erweckt den Eindruck, als gäbe es hier eine fortlaufende institutionelle Förderung. Das ist nicht zutreffend. Richtig ist, dass das BMAS die Ausschreibungen zu konkreten, zeitlich begrenzten Projekten übernimmt (Projekte zur Gewaltvermeidung, Projekte zur Eingliederung von ehemals Rechtsextremen in den Arbeitsmarkt). Hier gibt es jeweils ganz konkrete Ziele und bestimmte Ausschreibungskriterien. Organisationen, die entsprechende Arbeit leisten, können sich frei bewerben. "Exit" wurde im Jahr 2007 im Rahmen eines Teilprojektes zur Gewaltvermeidung gefördert. Von Mitte 2008 bis September 2009 wurde "Exit" dann im Rahmen des Sonderprogramms "Beschäftigung, Bildung und Teilhabe vor Ort" gefördert. Bei diesem Programm ging es darum, den Aussteigern parallel zum Ausstiegsprozeß beim Einstieg in den Arbeitsmarkt zu helfen.

Für die neue Förderperiode wurde dann eine erneute Ausschreibung durchgeführt, die entsprechenden Initiativen konnten/mussten im Frühjahr 2008 ihr Interesse bekunden und ihre Arbeit/Ziele detailliert vorstellen. Es gab 830 Projektvorschläge, die von unabhängigen Gutachtern geprüft wurden. "Exit" wurde hier als nicht förderungswürdig befunden. Möglicherweise wurden hier Vorgaben der Antragstellung nicht eingehalten. Tatsache ist, dass sich alle Initiativen, die mit öffentlichen Geldern gefördert werden wollen, mit Ausschreibungsverfahren und Projektbeschreibungen herumschlagen müssen. Das fällt besonders den kleinen, hauptsächlich durch Ehrenamtliche getragenen Initiativen schwer, die genau wie "Exit" wertvolle Arbeit bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus leisten, aber in der Berichterstattung gar nicht vorkommen.

Natürlich könnte man jetzt argumentieren, die Ausschreibungsverfahren zu ändern. Fakt ist aber auch, dass es hier einheitliche Standards gibt, denen neben den Antragsstellern auch das BMAS unterworden ist und die u.a. vom Bundesrechnungshof überwacht werden. Angesichts der Tatsache, dass es sich hier um öffentliche Gelder handelt, geht das meiner Ansicht nach auch in Ordnung.

Somit war "Exit" mit seiner letzten Interessenbekundung nicht erfolgreich. Dies ist aber nicht die Entscheidung des BMAS, das ja die Förderkriterien frühzeitig veröffentlicht und außerdem Informationsveranstaltungen für die Interessenten durchführt.

Nun wird aber die Arbeit gegen den Rechtsextremismus - und dazu gehören Ausstiegshilfen (mit Schwerpunkt Arbeitsmarktaspekte) beim BMAS als so bedeutsam angesehen, dass für Ende 2008 ein weiteres Förderprogramm aufgelegt wurde. Das Fördervolumen beträgt rund sieben Millionen Euro. Fünf Millionen Euro stellt das Ministerium aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung. Knapp zwei Millionen werden vom BMAS im Rahmen nationaler Kofinanzierung bereitgestellt.
Die entsprechende Pressemitteilung des Ministeriums finden Sie unter
http://www.bmas.de/coremedia/generator/27520/2008__09__12__engagement__gegen__rechtsextremismus.html
Dafür können sich also "Exit" und auch weitere Initiativen erneut bewerben. Am politischen Willen, und das unterstütze ich voll, mangelt es jedenfalls nicht.

In diesem Sinne freundliche Grüße

Rainer Arnold