Frage an Rainer Arnold von Jürgen S. bezüglich Familie
Ich arbeite ganztags,meine Frau halbtags und wir haben zwei Kinder!.
Es wird die ganze Zeit von Entlastung von Familien mit Kinderen geredet,aber ankommen tut hier unten nichts!.Ganz im Gegenteil wir müssen pro Jahr ca 1300€ Steuer nachzahlen!.
Wann ist geplant die Familien wirklich spürbar zu entlasten???.Man hat seit einiger Zeit das Gefühl das man sogar bestraft wenn man vorsorgt(Wohnung,Riester...)
MFG:Jürgen Schreiner
Sehr geehrter Herr Schreiner,
was die Situation vieler Arbeitnehmer/Familien anbetrifft, so war es schon mit den Gesetzen 1999/ 2000/ 2002 unser Anliegen, diese steuerlich zu entlasten. Dies gilt besonders für die kleinen und mittleren Einkommen, weshalb der Eingangssteuersatz von 25,9% auf 15% gesenkt wurde. Der Grundfreibetrag wurde zudem von 6.322 Euro (1998) auf 7.664 Euro angehoben. Ein verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern wird somit unter Berücksichtigung des Kindergeldes bis zu einem Bruttoeinkommen von rund 37.000 Euro jährlich nicht mit Einkommensteuer belastet. Den Spitzensteuersatz haben wir von 52% auf 45% gesenkt.
Soweit ein paar grundsätzliche Anmerkungen. Eine Beurteilung des individuellen Falles ist mir von dieser Stelle aus nicht möglich.
Was Politik für Familien anbetrifft, so ist das seit Jahren (nicht erst seit Bestehen der Großen Koalition) eines unserer wichtigsten Politikfelder.
Wir haben schon unter Rot/Grün gesagt, wir müssen weg von der konservativen, antiquierten Form der eindimensionalen Familienpolitik, die ausschließlich auf Geldtransfers ausgerichtet ist, hin zu einem vernünftigen und zukunftsweisenden Mix aus guter Infrastruktur und Geld.
Hierzu zählen das Elterngeld, der Ausbau von Ganztagsschulen, das Recht auf Teilzeit und die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten. Insgesamt haben wir derzeit mehr als 150 staatliche Familienleistungen.
Zwei wichtige und aktuelle Punkte möchte ich herausgreifen.
- Stichwort Kinderbetreuung: Ende September haben wir im Bundestag das Kinderförderungsgesetz verabschiedet. Auch wenn wir in der Großen Koalition nicht das Familienministerium besetzen, so war der Ausbau der Kinderbetreuung immer eines der wichtigsten sozialdemokratischen Anliegen.
Wie Sie sicherlich aus der Presse erfahren haben, wird 2013 ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab eins eingeführt. Damit wird es für Eltern möglich, und Familie besser miteinander zu vereinbaren. Damit tragen wir den Wünschen und der Realität vieler Familien Rechnung. (Das zeigt auch das Ergebnis einer im August 08 veröffentlichten Forsa-Studie: Bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Kindern ist die Situation aus Sicht der Eltern nach wie vor nicht zufriedenstellend ist. Für 62 Prozent ist das Doppelverdienerpaar die Idealform, doch nur für 29 Prozent ist dieses Modell auch Realität. 44 Prozent der Mütter und 30 Prozent der Väter sagen aus, dass es "schwierig" sei, Beruf und Erziehungsarbeit in Einklang zu bringen.)
Damit Kommunen und Länder den Ausbau der Kinderbetreuung bewältigen können, beteiligt sich der Bund dauerhaft an den Betriebskosten. Bis 2013 gibt es 1,85 Mrd. Euro aus dem Bundeshaushalt, ab 2014 fließen Jahr für Jahr 770 Millionen Euro vom Bund an die Länder. Möglich gemacht hat dies übrigens Finanzminister Peer Steinbrück. Der Rechtsanspruch so wie die dauerhafte Bundesbeteiligung kann man durchaus als kleine Revolution in der Kinder- und Familienpolitik hierzulande bezeichnen.
In diesem Zusammenhang haben wir uns vehement dafür eingesetzt, dass es keine Gleichstellung von privat-gewerblichen mit gemeinnützigen Anbietern von Kindertagesbetreuung geben wird. Wir als Sozialdemokraten wollen, dass für frühkindliche Bildung und Betreuung weiterhin gute und verlässliche Finanzierungsstrukturen vorhanden sind. Marktwirtschaftliche Strukturen in diesem Bereich lehnen wir ab. Wir haben aus guten Gründen die öffentliche Daseinsvorsorge, zu der auch die Kinderbetreuung gehört, in die Hände von gemeinnützigen Trägern gelegt und fördern diese besonders. Sie verfolgen gemeinwohlorientierte Zwecke und müssen erwirtschaftete Gewinne wieder für diese Zwecke einsetzen.
Das von Ministerin von der Leyen geplante Vorhaben der Gleichstellung von gemeinnützigen mit gewinnorientierten Trägern hätte erhebliche Auswirkungen auf die Kinderbetreuung und die Kinder- und Jugendhilfe gehabt. Staatliche Mittel für Investitions- und Betriebskosten wären damit für alle Träger qua Bundesgesetz zugänglich gewesen. Dies kam für uns nicht in Frage.
- Stichwort finanzielle Hilfen für Familien: Neben einer guten Infrastruktur war uns auch immer die finanzielle Hilfe für Familien wichtig. Zur Erinnerung: Zwischen 1983 und 1995 hat es die damalige Regierung Kohl nur geschafft, das Kindergeld für das erste Kind von 50 DM auf 70 DM monatlich zur erhöhen. Wir haben seit unserer Regierungsübernahme 1998 das Kindergeld um gut 37 Prozent erhöht, d.h. von 112 auf 154 Euro. Ganz aktuell hat der Koalitionsausschuss am Sonntag beschlossen, den Kinderfreibetrag zum 1.1.2009 um rund 200 Euro auf 6.000 Euro zu erhöhen. Das Kindergeld wird um 10 Euro pro Monat pro Kind und 16 Euro ab dem dritten Kind erhöht.
Grundsätzlich sollen einkommensschwache Familien sollen in Zukunft besser unterstützt werden. Ab dem 1. Oktober 2008 haben Alleinerziehende mit einem Einkommen von mindestens 600 Euro und Paare mit mindestens 900 Euro Anspruch auf den neuen Kinderzuschlag. Damit wird der Kreis der Anspruchsberechtigten mehr als verdoppelt. Etwa 205.000 Kinder werden davon profitieren, 150.000 mehr als bisher. Damit soll verhindert werden, dass arbeitende Eltern nur wegen der Kinder auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind.
Ich hoffe, diese Aufzählung macht deutlich, dass wir es sehr ernst meinen mit der Verbesserung der Situation von Familien. Trotzdem bleibt auch noch viel zu tun, Stichworte sind hier die kinderfreundliche Gesellschaft, bessere Akzeptanz von Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Trotz der genannten Erfolge wird dies daher für uns auch weiter auf der Tagesordnung bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Arnold